Karsten Schneider, Foto: privat

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Auf geht’s, 2025!

Das Jahr 2025 hat begonnen, und wir warten gebannt auf große Veränderungen. In Amerika wird Donald Trump zum zweiten Mal Präsident, bei uns gibt es Neuwahlen und im Nahen Osten muss sich die Lage nach den großen Erschütterungen der letzten Monate neu stabilisieren. Das alles ist Anlass für Sorge und Hoffnung zugleich.

Hier gilt ein altes Sprichwort: Jeder ist seines Glückes Schmied. Sind wir bereit, mit kräftigen Armen zum Schmiedehammer zu greifen? Wollen wir unser Glück selber gestalten, oder wollen wir tun, was uns andere vorgeben?

Um unseren Kurs selbst zu bestimmen, müssen wir wissen, wo wir stehen. Wie also ist die Lage? Die europäische Ordnung, die mit der Charta von Paris 1990 geschaffen wurde, ist Geschichte. Eine neue Ordnung ist nicht erkennbar.

Es gibt wieder eine Macht in Europa, die bereit ist, Grenzen mit militärischer Gewalt zu verändern. Europas große Schutzmacht, die USA, ist in anderen Teilen der Welt gefordert und weder willens noch in der Lage, uns so zu schützen wie gewohnt. Der Charakter kriegerischer Konflikte hat sich vollkommen verändert. Der Einsatz von Drohnen und die verschiedensten Formen hybrider Kriegsführung wie Desinformation oder verdeckte Angriffe auf die Infrastruktur sind täglich in den Schlagzeilen.

Es ist offenkundig, dass wir eine grundlegende Reform nicht nur der Bundeswehr, sondern unseres gesamten Sicherheitsdenkens brauchen, um mit dieser Lage fertig zu werden.

Zwei Jahre nach den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines ist noch immer ungeklärt, wer für die Bewachung unserer Unterwasserinfrastruktur zuständig ist. Das zeigt, dass die alten Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit angesichts heutiger Bedrohungen neu definiert werden müssen – und zwar unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze. Eine Riesenherausforderung!

Die Zeiten, in denen die existentiellen Strategiefragen unseres Landes Königsdisziplin der Politik waren, sind lange vorbei. Wo sind die strategischen Denker vom Schlage eines Helmut Schmidt oder auch eines Wolfgang Schäuble?

Gleiches gilt für die sicherheitspolitischen Thinktanks und Medien. Wir vermissen die Edelfedern mit der Wortgewalt des langjährigen „Zeit“-Herausgebers Theo Sommer und scharfe Analytiker vom Kaliber des ersten Präsidenten der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Admiral Dieter Wellershoff.
Das zum Teil erschütternde intellektuelle Niveau der sicherheitspolitischen Debatte ist mehr als nur ein politisches Problem, es ist eine Kompetenzlücke unserer gesamten Gesellschaft. Vielleicht wäre eine vom Bundestag eingesetzte Enquetekommission zur Sicherheit Deutschlands ein Neueinstieg in das strategische Denken – im Lande von Clausewitz und Moltke!

Der mal wieder vorgeschlagene Nationale Sicherheitsrat wird das Problem jedenfalls nicht lösen. Wofür brauchen wir ein neues Gremium, wenn der bestehende Bundessicherheitsrat all die vorgesehenen Aufgaben in seiner Geschäftsordnung stehen hat? Wenn man sie nicht wahrnehmen will, hilft ein neuer Name auch nicht.

Hilfreich kann hingegen ein Arbeitsstab im Kanzleramt sein, der dieses Gremium in seiner Arbeit unterstützt, indem er Fragen der Verteidigung, der inneren Sicherheit und der Resilienz von Wirtschaft, Verkehr und kritischer Infrastruktur ganzheitlich aufarbeitet. Er sollte nicht nur Risiken frühzeitig erkennen, sondern auch neue Chancen identifizieren, die sich für Deutschland auftun. Das könnte unserem Land die Initiative zurückgeben, an der es uns schon seit Langem mangelt.

Und damit zur guten Nachricht: Wir können, wenn wir wollen. Wir sind doch von unserer rechtsstaatlichen, liberalen und marktwirtschaftlichen Gesellschaftsordnung unter anderem deshalb so überzeugt, weil wir sie für die leistungsfähigste Form eines Staatswesens halten. Wir sollten viel fester daran glauben.

So wie es in den 1980er-Jahren möglich war, der Sowjetunion zu zeigen, dass sie ihre militärischen Grenzen erreicht hatte, so muss das heute auch mit Russland gehen. Was die Ukraine kann, können wir, Deutschland, die EU und die NATO, erst recht. Die Ukraine beweist, dass man sich mit Entschlossenheit erfolgreich gegen aggressive Mächte vom Schlage Russlands wehren kann.

Diesen Mut möchte ich uns machen, damit wir mit Zuversicht in das Jahr 2025 starten können. Dazu wünsche ich Ihnen Gesundheit, Glück und Erfolg in den kommenden zwölf Monaten.

Karsten Schneider

15. Jan. 2025 | 0 Kommentare

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