Autonomous Ocean Core von Saab, Grafik: Saab

Autonomous Ocean Core von Saab, Grafik: Saab

Autonome Einsatzboote Marine: Die Selbstständigen

Viele Firmen entwickeln neue Kampfboote oder rüsten bewährte mit moderner Technik für einen autonomen Einsatz aus. Zu den Vorreitern gehört das Team Deutschland mit Tamsen, Hagenuk und Hensoldt.

Im Zuge veränderter sicherheitspolitischer Herausforderungen und der sich wandelnden Anforderungen an moderne maritime Einsatzkonzepte gewinnt die Weiterentwicklung von Kampf- und Einsatzbooten zunehmend an strategischer Bedeutung. Parallel dazu schreitet die Entwicklung autonomer maritimer Systeme rasant voran. Modernste Sensortechnik, KI-gestützte Datenverarbeitung und autonome Steuerungssysteme revolutionieren den militärischen und sicherheitsrelevanten Schiffsbetrieb. Insbesondere in den Bereichen Grenzschutz, Aufklärung und taktische Einsätze setzen viele Nationen zunehmend auf unbemannte Systeme. Autonome Einsatzboote spielen eine Schlüsselrolle, um Reaktionsgeschwindigkeit, Einsatzreichweite und Sicherheit der Einheiten zu erhöhen.

Ein wichtiger Orientierungspunkt für die zukünftige Gestaltung der Deutschen Marine ist das Zielbild Marine 2035+, das eine verstärkte Integration von Einsatz- und Kampfbooten in moderne maritime Operationskonzepte vorsieht. Diese Boote sollen eine höhere Flexibilität, modulare Ausstattungen und eine stärkere Vernetzung mit unbemannten Systemen bieten. Besonders die Fähigkeit zur autonomen oder ferngesteuerten Operationsführung wird als essenziell für die Anpassungsfähigkeit an zukünftige Konfliktszenarien angesehen.

Europäische und deutsche Entwicklungen

International sind das Watercat der finnischen Firma Marine Alutech sowie das Combat Boat CB 90 von Saab Beispiele für moderne Einsatz- oder Kampfboote. Das Watercat 1250, bereits in der Schweizer Armee eingeführt, überzeugt ebenso wie das Watercat M 18 Jehu der finnischen Marine durch seine modulare Bauweise und flexible Einsatzfähigkeit, was schnelle Truppentransporte und vielseitige Aufklärungseinsätze ermöglicht. Boote der Watercat-Reihe sind luftverladbar. Gerade das Combat Boat CB 90 hat sich als vielseitiges, schnelles und robustes Einsatzboot etabliert. Mit über 250 Einheiten weltweit im Einsatz – unter anderem bei der schwedischen, norwegischen, amerikanischen und ukrainischen Marine – bildet es eine bewährte Basis für maritime Operationen. Die neueste Generation, das CB 90 NG, verfügt über verbesserte Steuerung, leistungsfähigere Wasserdüsen und ein modernes Kampfmanagementsystem. Das Team Deutschland, bestehend aus Hagenuk Marinekommunikation, Hensoldt Sensors und Tamsen Maritim, entwickelt gemeinsam moderne Lösungen für den Transport maritimer Systeme in Luftfrachtträgern wie dem A 400M. Diese Zusammenarbeit verdeutlicht die strategische Ausrichtung auf eine vernetzte und flexible maritime Einsatzlandschaft.

Auch deutsche Schiffbauer setzen sich mit Einsatzbooten auseinander. Noch sind die Designs von Lürssen, Fassmer und dem Team Deutschland nicht autonom. Doch setzen sie Standards in Bezug auf Geschwindigkeit, Modularität und Flexibilität. Lürssen bietet mit der Klasse FIB 25 und dem Design HSI 1700 flexible Bootstypen an, die für amphibische Einsätze und Küstenoperationen optimiert sind. Diese Boote sind bereits international im Einsatz und zeichnen sich durch hohe Modularität und Anpassungsfähigkeit aus. Fassmer hat mit dem FCC 17 Alligator ein schnelles und wendiges Kampfboot entwickelt, das luftverladbar ist und sich für Spezialeinsätze eignet. Mit Platz für bis zu 24 Einsatzkräfte und einer Minimalbesatzung von lediglich zwei Personen ermöglicht es schnelle taktische Reaktionen.

Besatzung bleibt zukünftig an Land

Ein entscheidender Fortschritt ist das Steuerungssystem Autonomous Ocean Core von Saab, das die unbemannte Nutzung des CB 90 ermöglicht. Das System, das im vergangenen Jahr auf der Verteidigungsmesse Euronaval der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, integriert eine offene Architektur, die sich mit bestehenden Schiffsautomationssystemen und Sensortechnik kombinieren lässt. Es verbessert die betriebliche Effizienz und reduziert Risiken für Besatzungen in gefährlichen Einsätzen. Mit dem CB 90 Ocean Core demonstriert Saab, wie bestehende Plattformen durch moderne Steuerungssysteme in autonome Einsatzfahrzeuge transformiert werden können.

Internationaler Trend

Seine Entwicklung steht in engem Zusammenhang mit globalen Trends im Bereich der unbemannten maritimen Systeme. Hier ein kurzer Überblick:

Kongsberg Maritime aus Norwegen hat unbemannte Überwasserfahrzeuge entwickelt, die für Sicherheits- und Überwachungsaufgaben genutzt werden. Die flexible Plattform erlaubt den Einsatz in einer Vielzahl von Einsatzszenarien, darunter Hafenüberwachung und maritime Grenzkontrolle.

Die US-Firma Sea Machines Technologies ist bekannt für ihre autonom gesteuerten Kontrollsysteme, die kommerziell und militärisch eingesetzt werden. Besonders für Patrouillen- und Rettungsmissionen sind diese Systeme von großer Bedeutung.

In den Niederlanden bietet Damen Shipyards mit autonomen Patrouillenbooten innovative Ansätze für Grenz- und Küstenschutz an. Durch den Einsatz intelligenter Navigations- und Steuerungssysteme können Boote ohne menschliches Eingreifen operieren. Das von Damen für industrielle Offshore-Einsätze entwickelte FCS 4008 diente als Vorlage für das Innovationsprojekt NavyX der Royal Navy. Die dort erprobte Versuchsplattform als Prototyp "XV Patrick Blacket" wird im Zielbild der Deutschen Marine 2035+ beispielhaft genannt.

DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) und Leidos haben in den Vereinigten Staaten mit dem Sea Hunter ein autonomes Langstreckenfahrzeug geschaffen, das in offenen Gewässern über lange Zeiträume hinweg ohne Besatzung operieren kann. Dieses Konzept revolutioniert maritime Überwachungsmissionen. DARPA und Serco ließen im Februar 2025 das unbemannte Schiff USX-1 Defiant zu Wasser.

QinetiQ aus Großbritannien entwickelt agile, ferngesteuerte Plattformen, die sich für verschiedene Einsätze eignen, darunter Aufklärung, Patrouillen und offensive Operationen.

Naval Group (Frankreich) bietet Multi-Missions-Lösungen, autonom oder ferngesteuert, in vier Produktlinien an. Seaquest, eine Überwasserdrohne, wurde zur Euronaval im November 2024 vorgestellt. Sie kommt in mehreren Formaten daher und wurde bereits an Bord der französischen FREMM-Fregatten erprobt.

Perspektiven und Herausforderungen

Die fortschreitende Entwicklung autonomer Systeme im maritimen Bereich bringt zahlreiche Vorteile, darunter erhöhte Reichweite, reduzierte Betriebskosten und geringere Risiken für menschliche Besatzungen. Gleichzeitig stellt die Integration autonomer Schiffe in bestehende Flotten neue Herausforderungen dar. Insbesondere rechtliche und ethische Fragen, etwa zur Verantwortung und Entscheidungsfindung bei unbemannten Einsätzen, müssen geklärt werden.

Dennoch ist absehbar, dass autonome Einsatzboote eine zunehmend größere Rolle in modernen Marinen und Sicherheitskräften spielen können. Die technologische Entwicklung wird weiterhin rasant voranschreiten, um höhere Autonomiegrade, bessere Vernetzung und effizientere Einsatzszenarien zu ermöglichen.

Hans Uwe Mergener

Anzeigen

2 Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Der Zeitraum für die reCAPTCHA-Überprüfung ist abgelaufen. Bitte laden Sie die Seite neu.

de_DEGerman