Landung der ersten Marine P-8A Poseidon auf dem Fliegerhorst Nordholz

Touchdown um 16:35 Ortszeit Foto: hsc

Das in Seattle bei Boeing gebaute Flugzeug ist am 7. November aus den USA über Island in Richtung Berlin geflogen. Norwegen fliegt sie, Großbritannien fliegt sie, andere wollen sie. Die Überführungscrew landete das nunmehr größte Kampfflugzeug der Bundeswehr in Berlin Schönefeld. Minister Pistorius nahm sie höchstpersönlich in Empfang. Der Flug von Berlin nach Nordholz mit dem Kommandeur der Marineflieger, Kapitän zur See Broder Nielsen und dem Kommandeur Einsatzkräfte, Konteradmiral Jens Nemeyer an Bord, dauerte kaum 40 Minuten. Die P8 ist eben 150 Knoten schneller als die P3. Um 16:35 Uhr Ortszeit berührte das Fahrwerk der auf Basis einer Boeing 737 konstruierten Poseidon erstmals niedersächsischen Boden. Applaus brandete auf, die Flughafenfeuerwehr begrüßte das neue Flugzeug traditionell mit Fontänen aus den Feuerlöschkanonen.

 

Übernahme und Integration der neuen „MPA" 

Stolz und Zuversicht, das Wappen Foto: hsc

Insgesamt hat Deutschland acht Maschinen des Typs Boeing P-8A Poseidon bestellt. Das wurde 2021 beschlossen, 3,1 Milliarden Euro wird das den Steuerzahler kosten. Dafür bekommt er moderne und effektive Fähigkeiten für die Deutsche Marine. Wenn 2028 alle Maschinen des Typs in der neuen Heimat in Nordholz stationiert sind, werden auch viele Firmen angesiedelt sein, die das Flugzeug warten und instand setzen. Der Kreis Cuxhaven kann mit bis zu 400 neuen Arbeitsplätzen mehr rechnen, als der ohnehin größte Arbeitgeber am Ort, die Bundeswehr, bereits anbietet. Damit befördert sich der ehemals beschauliche Küstenflughafen in die Oberliga der NATO: Ausbildung, Wartung und Dateiintegration mit den Partnernationen, darunter USA, Vereinigtes Königreich, Norwegen und Australien, erhöhen nicht nur Effizienz und Einsatzbereitschaft der maritimen Luftstreitkräfte, sie werden auch Nordholz sicher internationaler machen. Die politische Vorbereitung für die Kooperation ist laut Minister bereits erfolgt - dafür sorgen die Marineflieger in ihrer Community schon. Die Maschinen sind fertig entwickelt, sie waren verfügbar: keine langatmige Planung, keine Goldrandlösungen, keine Sonderwünsche. Gut so.

Es war ein langer Weg.

Die Vorgängerin: Lockheed P 3 Foto: MFG 3

Vor fünf Jahren schien es das Ende für eine bedeutende Fähigkeit der Deutschen Marine zu sein: Seefernaufklärung, Frühwarnung, U-Boot-Jagd und U-Boot-Bekämpfung, mächtige Präsenz über See, Suche- und Rettung, Unterstützung von Überwasserseestreitkräften, Lagebilderstellung, streitkräftegemeinsame Interoperation – das alles im Zusammenwirken mit den Alliierten. Eine wichtige Mehrfach - Fähigkeit für die seewärtige Landes- und Bündnisverteidigung. Der Ersatz für altersbedingt obsolete Seefernaufklärer vom französischen Typ Breguet Atlantic war vor rund 20 Jahren eine bereits gealterte Lockheed P 3 Orion. Gekauft von der niederländischen Marine, erwies sich das ohnehin nicht preiswert zu habende Waffensystem als schwer zu warten und zu erhalten. Verzweiflung machte sich breit: es gab auf dem europäischen Markt nur Konzepte, keine kurzfristigen Lösungen. Es ging nicht nur um das Image, darum, im Konzert großer nordeuropäischer Marinen als Kämpfer auf Augenhöhe ernst genommen zu werden, es ging auch um die universellen Fähigkeiten, die sich nicht mehr alle Marinen leisten können. Sind diese einmal weg, Piloten und Operateure entlassen und im Ruhestand, ist es aus. Man kann von vorn anfangen.

Das muß jetzt zünden

Daumen hoch: Commodore Oliver Ottmüller nach der Landung in Nordholz Foto: hsc

Die Deutsche Marine kämpfte, ließ sich nicht auf vage Deals ein. Auch nicht auf faule Kompromisse wie reduzierte Fähigkeiten mit einer Drohne namens "Eurohawk". Vision und Idee waren da: wir wollen eine MPA (maritime Patrol Aircraft), wir wollen, nein wir müssen, unser Land in dieser Dimension verteidigen können. Das begann 2020. Das war weitsichtig. Man stelle sich vor, heute stünde die Deutsche Marine angesichts der Spannungen in der Ostsee ohne diese Fähigkeit dar. Nicht auszudenken, wäre der damalige Inspekteur der Marine Andreas Krause im Verteidigungsausschuß abgewiesen worden. Und nun ist sie da: die Boeing P3 Poseidon. Und sie wurde in Nordholz euphorisch empfangen. Vorbei die Zeit der Ersatzteilnotlagen, vorbei die Zeit des Improvisierens. Nein, die P 3 war nicht so ein schlechter Deal, wie uns manche weismachen wollen. Sie war kein Scheitern, sie hat in vielen Einsätzen im Mittelmeer und am Horn von Afrika gute Dienste geleistet. Sie hat die Fähigkeit erhalten. Ja, es war zum Haare raufen, es war immer knapp und sehr sehr aufwändig und teuer. Als die US-Navy die Maschine schon lange nicht mehr flog, konnte nur viel Geschick so etwas wie Einsatzfähigkeit hinüberretten. Unter ihren inzwischen maroden Flügeln haben die Menschen trainiert, die nun die P 8 einsatzreif machen werden. Das wird schwer, das wird nicht sogleich perfekt sein. Es wird wie immer Verzögerungen geben, es wird kritisiert werden und Menschen werden Fehler machen. Aber es hat nun endlich Zukunft. Die konnte man heute in strahlenden Gesichtern ablesen. Alle haben an einem Strang gezogen, sie werden es weiter tun. Beim Einflug waren alle Angehörigen der Staffel vor Ort, um Crew und Flugzeug zu begrüßen. Es wurde gelacht, umarmt und angestossen! Ob es bei den acht bleibt, ist offen: eine Option für insgesamt 12 ist möglich. Damit ist auch die ursprüngliche Absicht, die P 8 nur als Übergang zu kaufen, eigentlich vom Tisch. Und niemand spricht mehr davon. Und was heute keiner erwähnte, aber jedem Insider klar ist: moderne Waffensysteme sind attraktiv, denn hier kann man einen Beruf erlernen, eine Zukunft aufbauen. Auch das eine Erleichterung für die von Fachkräftemangel gebeutelte Deutsche Marine. „Das muss jetzt zünden“ sagte der Kommandeur der Marineflieger, Kapitän zur See Broder Nielsen.

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