Kraftfahrzeuge werden weltweit über die See zu ihren erwartungsfreudigen Kunden verschifft. Das Feuer auf der „Fremantle Highway“ zeigt jetzt allerdings deutlich, dass Reedereien und Schiffseigner unzureichend auf die derzeitige Batterietechnologie - insbesondere von E-Autos - vorbereitet sind, und das Risiko schwer kontrollierbarer Brände nicht beherrschen.
Brandursache
Die Schwierigkeit, einen Batteriebrand unter Kontrolle zu bringen, wurde durch den havarierten Autotransporter vor der niederländischen Küste ins Rampenlicht gerückt. Die niederländische Küstenwache teilte zwar mit, dass die Brandursache nicht bekannt sei. Der niederländische Fernsehsender RTL veröffentlichte jedoch die Aussage eines Nothelfers, dass das Feuer in der Batterie eines Elektroautos ausgebrochen sei.
Batterietechnik
Lithium-Ionen-Akkumulatoren sind wiederaufladbare Batterien und in der Lage, große Mengen elektrischer Energie auf kleinstem Raum zu speichern. Sie sind als unsichtbarer Bestandteil unseres täglichen Lebens das Herzstück vieler Elektrogeräte. Ob Smartphone, Tablet, E-Bike oder E-Auto, erst die Lithium-Batterie-Technologie macht moderne Elektromobilität und die Nutzung mobiler Geräte möglich.

Wärmebild der brennenden "Fremantle Highway". Foto: Küstenwache NDL
Gefahrenpotenzial Li+Akku
Bei modernen Batterien gibt es verschiedene Ursachen, die zum Ausbruch eines Feuers führen können. Die Brandgefahr steigt, wenn ein Lithium-Ionen-Akku äußerlich beschädigt wird. Zellen können auch innerlich beschädigt werden, wenn sie z.B. eine Tiefentladung erfahren, was regelmäßig zum Kurzschluss und damit zur Selbstentzündung führt. Thermische Belastungen, etwa wenn der Akku bei zu niedrigen oder zu hohen Temperaturen gelagert oder geladen wird, ist ebenfalls eine wesentliche Brandursache. Bei Überladung, Beschädigung oder Überhitzung kann es zu einer unkontrollierten (explosionsartigen) Freisetzung der gespeicherten Energie kommen, „thermisches Durchgehen“ genannt. Und die dabei entstehenden Gase sind stets giftig.
Studienlage
Eine Studie der Schweizerischen Eidgenössischen Material- und Prüfanstalt zeigte, dass E-Autos im Vergleich zu Verbrennerfahrzeugen nicht heftiger brennen. Die schweizer Prüfer hatten in einem Tunnel einen Tesla und ein Benzinfahrzeug in Brand gesetzt. Dabei seien die Brände in ihrer Intensität ähnlich verlaufen. Der Grund: Die Brandlast werde heutzutage dominiert durch den hohen Kunststoffanteil moderner Karosserien - und weniger durch die Frage, ob sie einen Benzintank oder eine Batterie an Bord haben. Der Hauptunterschied sei im Löschwasser zu finden. Dieses sei bei Elektroautos stärker mit Schadstoffen kontaminiert als bei Autos mit Verbrennungsmotor.
Auch auf die Frage, ob E-Autos häufiger Feuer fangen, als herkömmliche Verbrenner, gibt es eine eindeutige Antwort: E-Autos brennen sogar seltener als Verbrennerfahrzeuge. Daten der US-Verkehrswacht und schwedischer Aufsichtsbehörden zeigen, dass E-Autos 25-mal seltener Feuer fangen! Das bestätigen auch ADAC-Crashtests: Das Risiko eines Fahrzeugbrands bei E-Autos ist nicht höher, als bei herkömmlichen Fahrzeugen. Und auch aus den Schadenstatistiken der Versicherer lassen sich keine anderslautenden Erkenntnisse ableiten. Sie halten deshalb das Vorgehen einiger Kommunen, aus Sorge vor einer größeren Brandgefahr Autos mit Elektroantrieb aus Tiefgaragen zu verbannen, für unbegründet.
Hintergrund der insgesamt höheren Brandgefährlichkeit von Verbrennungsmotoren im Betrieb ist natürlich auch das ganz anders gelagerte Temperatur- und Druck-Gefahrenpotenzial gegenüber Elektromotoren: Der Benzinmotor erreicht bei 40-60 bar eine Verbrennungstemperatur von etwa 2.000°C mit Abgastemperaturen von 800 bis 900°C (Leerlauf/Volllast) - der Dieselmotor erreicht bei 60-90 bar Verbrennungsdruck ebenfalls 2.000°C im Verbrennungsmoment, allerdings "nur" Abgastemperaturen von 250 bis 500°C. Ein Elektromotor ist für druckfreie 100°C bis 120°C ausgelegt - meist liegt er deutlich darunter!

Fremantle Highway vor der niederländischen Küste. Foto: NDL Küstenwache
Ladungsmaxime
Verschärft werden die Risiken durch das traditionelle Geschäftsmodell der Reedereien, den Stauraum an Bord maximal zu nutzen, die Schiffe also eng zu packen. Autotransporter sind üblicherweise als RoRo gebaut, was für Roll-on/Roll-off steht - die Art und Weise, wie Autos ge- und entladen werden. RoRo-Schiffe sind schwimmende Parkhäuser und können über ein Dutzend oder mehr Decks verfügen, auf denen Tausende von Fahrzeugen untergebracht sind. Im Gegensatz zu Parkplätzen werden die Autos jedoch Stoßstange an Stoßstange geparkt und haben nur einen oder zwei Meter Raum über dem Dach.
Brandbekämpfung
Bei Temperaturen von mehreren 100° Celsius ist ein Löschen schon an Land schwierig. Die Feuerwehr bekämpft Brände von E-Autos am Straßenrand, indem sie den Bereich um das brennende Fahrzeug frei räumt und die Fahrzeugwanne mit Wasser kühlt. Ein brennendes E-Auto müsste, bei genügend Platz, in einen mit Wasser gefüllten Container gesetzt und dadurch gekühlt und der Brand gelöscht werden. Dabei entsteht allerdings extrem dichter und besonders gesundheitsschädlicher Rauch, der einen Atemschutz nicht nur für die Retter voraussetzt. Diese Art der Brandbekämpfung ist auf einem RoRo-Schiff nur schwer bzw. gar nicht möglich. Bei den oben genannten Ladungsverfahren gibt es auf einem solchen Schiff für einen Feuerwehrmann in Schutzkleidung keine Möglichkeit, zum Brandherd zu gelangen. Die beengten Verhältnisse an Bord erhöhen eher die Gefahr des Einklemmens und des Beschädigens des Schutzanzuges.
Stabilität
Auf der „Fremantle Highway“ (ca. 60.000 Tonnen) befanden sich laut japanischer Betreibergesellschaft "K-Line“ 3.783 Neuwagen, darunter 498 batteriebetriebene Elektrofahrzeuge, die dicht an dicht auf der gesamten, nur geringfügig unterteilten Fläche der Ladedecks standen - mehrere Stockwerke übereinander! Beim Löschversuch mit Flüssigkeiten baut dann das eingebrachte Löschwasser ein neues Risiko auf, weil es auf den breiten Ladedecks von einer Schiffsseite zur anderen frei fluten und das Schiff damit zum Kentern bringen kann.

"Fremantle Highway" vor Beginn des Schleppmanövers. Foto Deutsche Küstenwache
Reedereien
Während alle Logistikunternehmen mit dem Risiko konfrontiert sind, dass Lithium-Batterien mit hoher Energiefreisetzung brennen können, hat die Schifffahrtsindustrie laut Aussagen von Vertretern der Schifffahrtsbranche und der Versicherer offensichtlich nicht mit der Batterie-Technologie Schritt gehalten.
Statistik
Im Jahr 2022 wurden durch die Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS, München) insgesamt über 200 Schiffsbrände gemeldet, die höchste Zahl seit zehn Jahren und 17 % mehr als in 2021. Von diesen 209 Bränden ereigneten sich 13 auf Autotransportern, aber wie viele E-Autos daran beteiligt oder ursächlich waren, ist nicht bekannt. Allerdings erklärte die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA, Lissabon) in einem Bericht vom März, dass Lithium-Ionen-Batterien für einen großen Anteil der Unfälle mit Ladungsbränden verantwortlich seien.
Fragestellungen
Die Brandursache auf der „Fremantle Highway“ ist zwar offiziell noch nicht geklärt, wirft aber Fragen darüber auf, welche "blinden Flecken" es beim Transport von Elektroautos gibt. Die derzeitigen Löschkonzepte reichen jedenfalls nicht aus, der Gefahr des "thermischen Durchgehens" bei Lithium-Ionen-Batterien zu begegnen. Dieser schnelle und unaufhaltsame Temperaturanstieg, der unweigerlich zu Bränden in Elektrofahrzeugen führt, ist das eine Problem. Das andere besteht darin, dass diese Brände an Bord derzeit nur schwer zu löschen sind und sich spontan wieder entzünden können.
Bekannte Schwachstellen
Dementsprechend stellte der Königliche Verband der Niederländischen Reeder (KVNR) auch umgehend das derzeitige Regelwerk in Frage, das dem Risikoprofil dieser Art von Gütern nicht gerecht werde. Die Feuerlöschsysteme auf den großen Autotransportern sind zurzeit für derartige Brände nicht ausgelegt. Schifffahrtsunternehmen und Aufsichtsbehörden bemühten sich allerdings, dies abzustellen, so die Tri-State Maritime Safety Association (USA; Delaware, Pennsylvania, New Jersey).
Steigende Kosten
Der weltweite Versicherungsmakler MarshMcLennan erwartet, dass die jüngsten Brandschäden zu höheren Versicherungskosten für Autohersteller, Speditionen und Schiffseigner führen werden. Um ihre Verluste zu begrenzen, verfolgen Schiffseigner diejenigen Autohersteller rechtlich, deren Fahrzeuge sie als Brandverursacher ermitteln konnten - die wiederum kaufen sich zusätzlichen Haftungsschutz ein. Die Spirale dreht sich weiter!

"Fremantle Highway" auf dem vorläufigen Ankerplatz. Foto: Küstenwache NDL
Abhilfe
Es wird erwartet, dass die Versicherer bei der Verbesserung von Sicherheitssystemen an Bord von Schiffen eine treibende Rolle spielen werden. Zu den Optionen, an denen bereits gearbeitet wird, gehören neue Chemikalien zum Ersticken von Flammen, spezielle Feuerlöschdecken für die Ladung und Vorschläge zur Trennung von E-Autos in den Decks. Aber auch in den Fahrzeugen sind neue Technologien rund um die Batteriesicherheit gefragt. Eine schnelle Lösung wird jedoch nicht gesehen.
Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO), die die Vorschriften für die Sicherheit auf See festlegt, will im nächsten Jahr angesichts der wachsenden Zahl von Bränden auf Frachtschiffen verbindliche Maßnahmen für den Transport von E-Fahrzeugen prüfen. Dies könnte Spezifikationen für die Art der auf den Schiffen verfügbaren Löschsysteme und Beschränkungen für die Beladung beinhalten.

Was vom Porsche übrig blieb . . . Foto: unbekannt
Politik
Elektroautos sind aus der heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. Den zusätzlichen Sicherheitsrisiken von leistungsfähigen Batterien in diesen Fahrzeugen ist Rechnung zu tragen - bei der täglichen Nutzung sowie beim Transport an Land und auf See. Nach Angaben von „EV-Volumes.com“ wurden im vergangenen Jahr weltweit 81 Millionen Fahrzeuge verkauft, davon 9,5 % Elektroautos. China und Europa haben die Autohersteller am stärksten zur Umstellung auf E-Fahrzeuge gedrängt. Mittlerweile hat die US-Regierung sogar vorgeschlagen, dass bis 2032 zwei Drittel des Neuwagenmarktes durch E-Fahrzeuge gedeckt sein soll.
Fazit
Auch wenn die „Fremantle Highway“ inzwischen sicher nach Eemshaven/NDL geschleppt wurde und dieser Brand für das Wattenmeer glimpflich ausgegangen ist, er hat auch ein Menschenleben gekostet. Eine Inspektion auf der "Fremantle Highway" hat nun ergeben, dass die unteren vier der zwölf Decks weitgehend unbeschädigt sind. Nach ersten Erkenntnissen waren das die Ebenen, auf denen die Elektroautos standen. Ob damit die E-Autos als Brandursache ausgeschlossen werden können, ist aber weiterhin unklar.
Bei Lithium-Ionen-Batterien besteht insgesamt betrachtet keine höhere Brandgefahr als bei herkömmlichen Auto-Batterien oder Verbrennerfahrzeugen. Unterschiede gibt es jedoch in den Löschverfahren und diesen Erkenntnissen ist nun endlich Rechnung zu tragen. Dieser Vorfall macht sehr deutlich, dass die Entwicklung hin zu mehr Sicherheit im Seeverkehr und auf Autotransportern erheblich zu beschleunigen ist, vor allem, weil die Zahl der E-Autos weiter steigen wird.
Quellen: gCaptain, Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), Die Versicherer, GDV, ZDF, ADAC, buten un binnen
Warum macht man nicht extra Abteile für Elektroautos z.bsp jeweils fünfzig,die man separat
Fluten könnte.Dann sind nicht tausende von Autos Schrott plus Umwelt.
Mit schwäbischen Tüfteln Gruß Ewald Gerlach
Ich wüsste einen ersten Ansatz, der zur Minimierung von Schadensereignissen im Umgang mit Elektromobilität beiträgt. Wir Schulen Feuerwehren sowie interessierte im Umgang mit Elektromobilität. Schauen Sie gerne auf unsere Homepage: http://www.gms.training