Zweite Kiel Munition Clearance Week ist eröffnet
Meeresschutzminister Tobias Goldschmidt:
„Schleswig-Holstein treibt seit langem die Bergung der Munitionsaltlasten voran. Wissenschaft, Umweltverbände und Wirtschaft arbeiten eng und gut zusammen. Es ist kein Zufall, dass die Kiel Munition Clearance Week hier entstanden ist.“
KIEL. Heute Morgen haben Umweltminister Tobias Goldschmidt und Initiator Jann Wendt (north.io) die zweite Kiel Munition Clearance Week eröffnet. Im Mittelpunkt der Fachkonferenz stehen die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten zur Beseitigung von Unterwassermunition sowie zum Schutz kritischer Infrastrukturen in Nord- und Ostsee. Über 250 Expertinnen und Experten aus 16 Ländern sind angereist – darunter Vertreterinnen und Vertreter der EU-Kommission, zahlreicher Bundes- und Landesbehörden, der NATO, der Deutschen Marine und internationaler Marinen, aus Industrie, Wissenschaft und dem Umweltbereich.
Führungsrolle Schleswig-Holsteins und Forderung nach Bundesbeteiligung
Meeresschutzminister Tobias Goldschmidt betonte zur Eröffnung:
„Wir haben zehn Jahre lang dafür gekämpft, dass das Thema Munitionsaltlasten endlich ernst genommen wird. Ich freue mich sehr darüber, dass nun sogar auf internationaler Bühne, wie zuletzt bei der UN-Ozeankonferenz in Nizza, mit der notwendigen Dringlichkeit über die Generationenaufgabe der Bergung gesprochen wird. Und auch die ersten Äußerungen der neuen Bundesregierung machen Hoffnung, dass der bisherige Weg weiter fortgesetzt wird.“

Eröffnung KCMW25 durch Jan Wendt, north.io. Foto: hum
Goldschmidt unterstrich in diesem Zusammenhang:
„Schleswig-Holstein hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass wir Verantwortung übernehmen und Lösungen entwickeln können. Deshalb ist für mich klar: Wesentliche Teile des geplanten Bundeskompetenzzentrums müssen in Schleswig-Holstein angesiedelt werden. Hier ist die Expertise vorhanden. Ich erwarte, dass der Bund jetzt zügig verbindliche Zusagen macht – das schulden wir den Menschen an unseren Küsten.“
Technologischer Fortschritt und internationale Aufmerksamkeit
Die KMCW25 zeigt eindrucksvoll, wie norddeutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen weltweit Beachtung finden. Neue KI-gestützte Kartierungssysteme, autonome Unterwasserfahrzeuge und datenorientierte Analyseplattformen wurden vorgestellt – Entwicklungen, die auch bei Partnern aus NATO-Staaten auf großes Interesse stoßen.
„Wir brauchen diese technologischen Sprünge, um mit dem Bergungstempo Schritt zu halten. Schleswig-Holstein ist hier Vorreiter“, so Goldschmidt.

Pressekonferenz zur Eröffnung der KMCW 25. Foto: hum
Munitionsaltlasten als europäische Herausforderung
Auch die EU-Kommission betrachtet das Thema zunehmend als europäische Querschnittsaufgabe, insbesondere im Kontext des Green Deal und der Resilienz kritischer maritimer Infrastruktur. Die KMCW wird als Modell für erfolgreiche transnationale Kooperation bewertet.
„Die Entmunitionierung unserer Meere ist eine Aufgabe, die Europa gemeinsam lösen muss. Veranstaltungen wie die Kiel Munition Clearance Week zeigen, wie es gehen kann“, sagte ein EU-Vertreter am Rande der Konferenz.
Wettlauf mit der Korrosion
Zur Bedeutung der Munitionsaltlasten in deutschen Gewässern erklärt Goldschmidt:
„Es müssen ca. 1,6 Millionen Tonnen alter Kriegsmunition aus unseren Meeren geborgen werden. Je länger das dauert, umso größer die Schäden. Wir befinden uns in einem Wettlauf mit der Korrosion. Die enthaltenen Sprengstoffe sind ein wachsendes Risiko für Mensch und Umwelt. Deshalb ist dieses Thema auch fester Bestandteil des Aktionsplans Ostseeschutz 2030.“
Politischer Wille, die Realität der Finanzierung – und noch 900 Jahre
Zwar gibt es Bekenntnisse im Koalitionsvertrag – aber noch keine konkrete Budgetierung. Das gestand Minister Goldschmidt ein. Dazu die Beobachtung: Bei einem möglichen Ansatz von 100 Millionen Euro kann man nicht von politischem Willen sprechen! An dieser Stelle sei verwiesen auf das gescheiterte Mautprojekt, für das letztlich über 243 Mio. Euro Schadenersatz gezahlt – und rund 776 Mio. Euro kalkuliert worden waren. Ein ähnliches Symbol für politischen Willen bezüglich der Sicherheit maritimer Räume wird bislang vermisst.
Insofern ist die Kiel Munition Clearance Week 2025 ein guter Impulsgeber. Darüber hinaus festigt sie Kiels Rolle als internationales Kompetenzzentrum für die maritime Kampfmittelräumung und den Schutz kritischer Unterwasserinfrastrukturen, ein Thema, das angesichts aktueller geopolitischer Spannungen und der zunehmenden Industrialisierung der Meere an Bedeutung gewinnt. Selbst wenn wir unter Beibehaltung der jetzigen Bergerate noch 900 Jahre brauchen werden, bis die letzte Granate von deutschem Seeboden geborgen sein wird.
Geringe Bundespräsenz und fehlende Ländervertretung
Viele Gesprächsteilnehmer zeigten sich enttäuscht über das geringe Interesse auf Bundesebene. Vertreter mehrerer Schlüsselressorts blieben fern. Von der Deutschen Marine wäre eine stärkere Sichtbarkeit zu erwarten gewesen, so ein Konferenzteilnehmer. Auch nicht alle deutschen Küstenländer, obwohl ebenso wie Schleswig-Holstein verantwortlich für Altlastenbeseitigung, waren vertreten. Eine koordinierte gesamtstaatliche Linie lässt bislang auf sich warten – sie wäre jetzt ein entscheidendes und richtungsweisendes Signal.
Öffentliches Side-Event: MUNIMAR im Dialog
Bereits im letzten Jahr wurde schleswig-holsteinische Expertise aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung im Projekt MUNIMAR gebündelt. Im Rahmen der Kiel Munition Clearance Week findet dazu eine öffentliche Veranstaltung statt:
Donnerstag, 19.6.2025 / 19–21 Uhr
Business Lounge, Wunderino Arena, Ziegelteich 30a, 24103 Kiel
Thema:
Kommunikation über Altmunition im Meer – Herausforderungen und Chancen
Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, sich zu informieren und mitzudiskutieren.
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