Eine am 23. Juni abgelaufene Ausschreibung des BAAINBw sieht bis 2026 die Ausrüstung aller drei Fregatten der Sachsen-Klasse mit externen Gateways vor. Ziel ist es, als eine Übergangslösung den NATO-Datenlink Link 22 sowie das Joint Range Extension Applications Protocol C, das für weiträumige satellitengestützte Kommunikation steht, zu integrieren. Diese Maßnahme ist Teil eines umfassenderen Modernisierungskonzepts der Marine bis zum Zulauf der F127 – und steht exemplarisch für den Ansatz von „Kurs Marine 2025“.

Der Ausschreibung nach soll bis August 2026 auf jeder der drei Fregatten der Klasse F124 ein Ship-Shore-Ship Buffer on Ship (SSSB) installiert werden, damit die Einheiten künftig den modernen NATO-Datenlink Link 22 sowie JREAP-C nutzen können. Im beschleunigten Ausschreibeverfahren wird ein Anbieter gesucht. Die Maßnahme wurde mit Beginn 12. September 2025 und einer Laufzeit bis zum 31. August 2026 datiert.

Schematische Darstellung eines taktischen Datenlink-Netzwerks. Illustration: Thales

Vom Großvorhaben zur pragmatischen Ertüchtigung

Im Rahmen der anfänglich geplanten „Obsoleszenzbeseitigung und Fähigkeitsanpassung Fregatte F124“ sollten altersbedingte Defizite beseitigt und eine Fähigkeitserweiterung insbesondere im Hinblick auf die Luftverteidigung und einen Beitrag zur ballistischen Flugkörperabwehr (BMD) implementiert werden. Noch im Jahr 2021 hatte das BAAINBw mit Hensoldt einen Vertrag über vier neue AESA-Weitbereichsradare TRS-4D/LR ROT geschlossen, die eine Luftzielerfassung bis auf 400+ Kilometer und sogar die Detektion ballistischer Flugkörper ermöglichen sollten. Der Ersatz der SMART-L-Anlagen auf allen F124 sollte 2024 beginnen und bis 2028 abgeschlossen sein. Der vierte Sensor war als Test-und Referenzanlage in Parow geplant.

Aufgrund massiver Integrationsrisiken, steigender Kosten und drohender Einschränkungen der Einsatzverfügbarkeit wurde diese Obsoleszenzbeseitigung im Herbst 2024 durch den Inspekteur Marine gestoppt – die Fregatten werden in See gebraucht. "F124 soll bis zur Ablösung Mitte der kommenden Dekade mit Priorität „Verfügbarkeit in See“ betrieben werden, statt jahrelang in den Werften zu verschwinden." Die jetzt ausgeschriebene Link-22-Integration ist eine Folge des Kurswechsels: Durch mehrere kleine Eingriffe sollen sukzessive Fähigkeiten erweitert werden ohne die Verfügbarkeit der Einheiten in See zu beeinträchtigen.

Anstelle tiefgreifender Eingriffe in das Führungs- und Waffeneinsatzsystem der F124 wird ein externes Gateway eingerüstet. Damit lässt sich die veraltete und zwischenzeitlich eingestellte Link-11-Kommunikation zügig durch das robustere Link-22-Netz ersetzen, ohne lange Entwicklungszyklen für Systemsoftware abzuwarten. Link 22 ermöglicht HF- und UHF-Kommunikation über Distanzen jenseits der Sichtlinie (bis über 1.000 Seemeilen bei HF) und kann mit JREAP-C auch über SATCOM getunnelt werden – ein entscheidender Vorteil bei gestörten direkten Kommunikationsverbindungen.

Ein Gesamtpaket an Modernisierungen

Im Einklang mit der Marine wird nun ein anderer Weg verfolgt: punktuelle Modernisierungen, eingebettet in reguläre Werftliegezeiten. Neben dem Datenlink zählen dazu:

  • EloKa-System KORA 40 – ersetzt das über 40 Jahre alte FL 1800 S-II EloKa-System und verbessert Radaraufklärung wie elektronische Gegenmaßnahmen.
  • ESSM Block 2 zur Modernisierung der Mittelbereichs-Flugabwehr.
  • RAM Block 2B zur Ertüchtigung der Nächstbereichsverteidigung. Der Flugkörper RAM Block 2B verfügt über einen „imaging IR seeker“ und ist somit insbesondere gegen komplexe Flugkörperbedrohungen wie "supersonic sea-skimmers" ausgelegt.
  • NSM (Naval Strike Missile) als See- und Landzielwaffe.
  • Integration des NH90 Sea Tiger.
  • qFMLG. Die Querschnittliche Nachfolgelösung für das Marineleichtgeschütz als neue Waffenplattform Kaliber 30x173 mm soll in neue und bestehende Einheiten eingerüstet werden.
  • Software- und IT-Härtungsmaßnahmen zur Sicherung der Führungsfähigkeit.
  • Denkbar darüber hinaus: Ausstattung mit einer Laserwaffe – analog zum Versuch mit einem Laserwaffendemonstrator von Rheinmetall und MBDA von Juni bis September 2022. Die Einrüstung bleibt jedoch spekulativ – es liegen bislang keine konkreten Planungen für eine operationelle Integration auf F124 vor. Und mit qFMLG stünde ein Wirkmittel gegen Drohnen zur Verfügung.

Zusammengenommen ergibt sich ein „Modernisierungsmosaik“, das die Sachsen-Klasse zwar nicht tiefgreifend erneuert, dennoch kampfwertgesteigert in die 2030er Jahre tragen soll.

Bedeutung im Kontext von „Kurs Marine 2025“

"Kurs Marine 2025" verlangt, die Flotte schon vor 2029 abschreckungs- und verteidigungsbereit zu machen. Weil Neubauten wie die F127 erst in der nächsten Dekade zulaufen, setzt die Marine auf schnell wirksame Ertüchtigungen vorhandener Plattformen. Die Link-22-Ausschreibung erfüllt drei zentrale Vorgaben dieses Kurses:

  1. Einsatzbereitschaft – Ab Dezember 2025 stehen alle drei F124 für NATO-Verpflichtungen bereit. Ohne Link 22 fehlte ihnen jedoch die weitreichende Datenverbindung (over-the-horizon).
  2. Bündnisinteroperabilität – Frankreich, Kanada und die Niederlande setzen Link 22 bereits ein, bei der Royal Navy ist es im Zulauf.
  3. Resilienz – Link 22 im HF-Betrieb bietet eine Ausweichmöglichkeit, wenn SATCOM oder terrestrische Netze gestört sind, was die Durchhaltefähigkeit des gesamten Verbandes erhöht.
Link 22 – schematisch. Quelle: link22.org
Link 22 – schematisch. Quelle: link22.org

Ausblick

Mit der Ausschreibung für Link 22 und JREAP-C auf den Fregatten der Klasse 124 wird – verspätet – ein wichtiger Schritt unternommen. Er ist symbolträchtig, weil er zu verstehen gibt, dass Deutschland den Anschluss an den NATO-Standard der vernetzten Führungssysteme hält und die Interoperabilität der F124-Fregatten im Verbund mit Alliierten verbessert. Zugleich verdeutlicht er aber auch, dass Kernelemente der Einsatzfähigkeit – dazu zählt die Datenanbindung – erst jetzt mit Nachdruck angegangen werden. Insgesamt markiert die Link-22-Initiative somit keinen Schlusspunkt, sondern den Auftakt einer auf "Kurs Marine 2025" abgestimmten Aufholjagd, um die Fregatten der Klasse 124 zügig einsatzbereit und zukunftsfähig im NATO-Verbund zu halten.

Während die F127-Planung Fahrt aufnimmt, garantiert das Link-22-Upgrade sowohl Teilhabe am als auch Beitrag zum Echtzeitlagebild. Zusammen mit der EloKa-Modernisierung behält die Marine Anschluss an die NATO-Forderungen – mit pragmatischen Mitteln, schneller Wirkung und überschaubarem Risiko. Die Anpassung an NH90 ist eine logische Konsequenz des Umrüstens von Sea Lynx auf Sea Tiger. Mit den Anpassungen bleibt F124 nicht nur am Leben. Die einzigen Kampfschiffe der Marine, die für alle drei traditionellen Warfare Areas (Überwasser-, Unterwasserseekrieg, Flugabwehr) gerüstet sind, erfahren eine operative Aufwertung. Risiken im Zeitmanagement bleiben. Doch angesichts der überschaubaren Schritte erscheinen sie beherrschbar. Solange Kurs gehalten wird und man nicht durch Untiefen und Klippen des Rüstungsprozesses wieder zum Ausweichen gezwungen wird.

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