Minentaucher gehören zu den Spezialisten der Marine, Foto: Bw/Kempl

Minentaucher gehören zu den Spezialisten der Marine, Foto: Bw/Kempl

Marinetaucher: Verantwortung unter Druck

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Marinetaucher kombinieren tiefgehende Fachkenntnis mit kreativer Anpassungsfähigkeit, um auch bei unvorhersehbaren Situationen in der Tiefe effektiv zu handeln. Die Marine wird der hohen Verantwortung für diese Menschen und ihr Material mit dem wenig bekannten Beauftragten für den Taucherdienst der Marine gerecht.

Am 27. Juni 2006 ereignete sich ein tragischer Tauchunfall, der eine umfassende Überprüfung des Taucherwesens der Bundeswehr nach sich zog. Der Taucherunfalluntersuchungsausschuss unter der Leitung von Kapitän zur See Michael Brühn (damaliger Beauftragter für Havarieuntersuchungen der Marine) führte eine detaillierte Untersuchung durch, um die Ursachen sowie Risiken zu identifizieren und Maßnahmen zur Verbesserung der Tauchsicherheit zu entwickeln. Diese Analyse führte zu einer ganzheitlichen Risikoabschätzung des Tauchens in der Bundeswehr. Die Risikoabschätzung zeigte, dass unterschiedliche Tauchbereiche spezifische Anpassungen benötigten, um Schwachstellen zu beheben.

Schwimmtaucher an einer Schiffswelle, Foto: Bw
Schwimmtaucher an einer Schiffswelle, Foto: Bw

Im November 2007 empfahl die mit der Ermittlung betraute und sogenannte „Crash Crew“ die Einrichtung einer speziellen Fachaufsicht für das gesamte Taucherwesen. Sie sollte die Umsetzung der „Lessons Learned“ als Ergebnis der Risikoabschätzung sicherstellen und die Verantwortung für die damals über 500 Taucher zentralisieren. Vizeadmiral Wolfgang Edgar Nolting, der damalige Inspekteur der Marine, ließ daraufhin den Dienstposten Beauftragter Taucherdienst der Marine (BeaTD) einrichten, um die Tauchsicherheit innerhalb der Marine nachhaltig zu gewährleisten. Der erste BeaTD, Fregattenkapitän Ulrich Tschauder, erhielt den Auftrag, alle Aspekte des Taucherdienstes zu überwachen, Mängel zu beseitigen und die Einhaltung von Mindeststandards in der Ausbildung sicherzustellen. Diese zentrale Rolle des BeaTD wird durch die enge Zusammenarbeit mit verschiedenen militärischen und zivilen Institutionen gestärkt.

Minentaucher mit neuer Ausrüstung, Foto: Bw/PWT
Minentaucher mit neuer Ausrüstung, Foto: Bw/PWT

Der BeaTD ist aufbauorganisatorisch Teil des Schifffahrtmedizinischen Instituts der Marine (SchiffMedInstM) in Kronshagen, meldet aber direkt dem Inspekteur der Marine. Seit 9/2022 wird diese Tätigkeit von FKpt Enghuber wahrgenommen. Das SchiffMedInstM ist verantwortlich für die Tauchmedizin der gesamten Bundeswehr und bietet Notfallbereitschaft rund um die Uhr an. Grundsätzlich fungiert das Institut als Ausbildungs- und Fachstelle für medizinische Belange im maritimen Bereich und unterstützt so auch den BeaTD bei der Taucherunfallprävention und Taucherunfalluntersuchung.

Die medizinische Auswahl der Taucher erfolgt am SchiffMedInstM entlang von Verwendungsfähigkeitsstufen mit umfangreichen Untersuchungen und psychologischen Tests, um sicherzustellen, dass nur geeignetes Personal im Taucherdienst eingesetzt wird. Dadurch wird jeder Taucher zu besonders ausgesuchtem Personal; vergleichbar dem fliegenden Personal der Luftwaffe. Durchschnittlich werden ca. 1.500 Tauchuntersuchungen jährlich durch das SchiffMedInstM durchgeführt.

In der Schwimmhallte startet die fordernde Ausbildung der Schwimmtaucher, Foto: Bw
In der Schwimmhallte startet die fordernde Ausbildung der Schwimmtaucher, Foto: Bw

Für den Schwimmtaucher, den Einstieg in das Taucherwesen der Marine, ist das Einsatzausbildungszentrum Schadensabwehr Marine (EAZS M) in Neustadt (Holstein) das Mutterhaus der Taucher. Hierher kehren die Taucher auch zur Inübunghaltung oder zur weiterführenden Ausbildung zurück. Mit bis zu 144 Schwimmtauchern jährlich wird am EAZS M somit auch den Grundstein für die weiterführende Ausbildung zu Kampfschwimmer, Minentaucher und Schiffstaucher in den jeweiligen Verbänden, gelegt.

Grundsätzlich zeigt sich eine hohe Attraktivität im Taucherdienstes der Marine, die stabile Bewerberzahlen aufweist und mit einer attraktiven zusätzlichen Vergütung sowie der vertrauensvollen “kleinen Kampfgemeinschaft“ außerordentlich gefördert wird. Um weiterhin den Bedarf an qualifiziertem Personal zu decken, werden aber auch innovative Ansätze verfolgt. Dazu gehören direkte Einstiegsmöglichkeiten in die Kampfschwimmer- und Minentaucherausbildung sowie Praktika in der Truppe. Ein herausragendes Beispiel für unkonventionelle Ausbildungsansätze ist der Einsatz von Anna von Boetticher, Deutschlands erfolgreichster Apnoetaucherin, die die Ausbildung in der Marine bereichert hat. Als zukunftsorientierter Handlungsstrang und kontinuierliche Verbesserung der Personaldeckung, werden momentan die Voraussetzung für eine eigene Verwendungsreihe Tauchen (aus der die Spezialisten wie Schiffstaucher, Minentaucher und Kampfschwimmer hervorgehen) geprüft. Dadurch könnte zusätzlich die Attraktivität für die Marine gesteigert und den aktuellen Herausforderungen der Personalgewinnung besser entsprochen werden.

Mühevolles Unterwasserschweißen, Foto: Bw/Schachta
Mühevolles Unterwasserschweißen, Foto: Bw/Schachta

Mit der Verschiebung des Fokus auf Landes- und Bündnisverteidigung ergeben sich für den Taucherdienst der Deutschen Marine im Hinblick auf die Vielfalt der kritischen Infrastruktur in der territorialen See und Anschlusszone, große Herausforderungen. Der BeaTD fungiert hier als Force Enabler, indem er die Tauchsicherheit gewährleistet und die seegehenden Einheiten in der Überwachung zum Schutz von unterseeischen Infrastrukturen unterstützt. Sein ständiges Arbeitsfeld sind geplante Regenerationsmaßnahmen von Material und Ausrüstung wie z.B. Druckkammern, um die Notfallbereitschaft der Taucher zu gewährleisten. Von der Bedrohungslage beeinflusst rückt momentan aber eine effiziente sowie beschleunigte Beschaffung von Ausrüstung in den Fokus. Hierbei steht der BeaTD in Verantwortung der Tauchsicherheit, als Bevollmächtigter (BV) und Betriebs- und Versorgungsverantwortlicher (BVV) mit elf in der Bundeswehr für die Weiterentwicklung, Erprobung, Prüfung sowie Beschaffung/Bewirtschaftung verantwortlichen Stellen, in Verbindung. Aufgabe ist es, tauchsicheres modernes Gerät für jeden spezifischen fähigkeitsbezogenen, voneinander unabhängigen Tauchbereich zu beschaffen und zu bewirtschaften. Im Jahr 2024 konnten hier neue Meilensteine im Bereich Tauchgeräte, Anzüge und Ausrüstung gesetzt werden, um beispielsweise in größere Tiefen mit Mischgasen vorzudringen. Darüber hinaus werden zukünftig moderne Technologien wie Remotely Operated Vehicles (ROV) und Autonomous Underwater Vehicles (AUV) in den Taucheinsatz integriert. Diese Systeme bieten neue Möglichkeiten und umfassende Unterstützung in den Tätigkeiten. Jedoch bergen sie auch Risiken für die Taucher, die sorgfältig abgewogen werden müssen. Eine weitere Herausforderung, der sich die Marine mit dem BeaTD auch zukünftig stellt.

Kampfschwimmer mit Verbringungsmittel Scooter im Freiwasser, Foto: Bw/PWT
Kampfschwimmer mit Verbringungsmittel
Scooter im Freiwasser, Foto: Bw/PWT

Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einrichtung einer speziellen Fachaufsicht für das Taucherwesen der Deutschen Marine, den Beauftragten Taucherdienst der Marine (BeaTD), in den letzten Jahren nicht nur die Sicherheit, Ausbildung und das Material der Taucher verbessert, sondern darüber hinaus die Marine als Arbeitgeber durch die Attraktivität des Tauchens im Wettbewerb um junge Talente gestärkt hat.

Fregattenkapitän Ingo Mathe ist Angehöriger der Crew 7/99, Diplom-Psychologe und Kampfschwimmer. Er leistet aktuell Dienst in der Abteilung Beauftragter für den Taucherdienst am Schifffahrtsmedizinischen Institut der Marine in Kronshagen.

Autor: Ingo Mathe

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