Im Dienst als Private Yacht der US Navy: USS Cythera (PY-31) Santa Maria Del Mare - Fähre im Golf von Neapel Foto: GL Watson Foto: Naviazione Libera di Golfo 42 marineforum, Foto: Naviazione Libera di Golfo

Im Dienst als Private Yacht der US Navy: USS Cythera (PY-31) Santa Maria Del Mare - Fähre im Golf von Neapel Foto: GL Watson Foto: Naviazione Libera di Golfo 42 marineforum, Foto: Naviazione Libera di Golfo

Sieben Leben, sieben Abenteuer

Selten hatte eine Yacht der Kruppschen Gemaniawerft in Kiel ein so abenteuerliches Leben geführt wie die Luxusyacht ARGOSY. Es begann als Luxusyacht, zog sich über vier Kriege und endete so, wie es viele Jahre zuvor begonnen hatte.

Mitten in der weltweiten Finanzkrise der DreißigerJahre lieferte 1931 die Germaniawerft die ARGOSY ab. Während die New Yorker Börse 1929 zusammenbrach, riesige Vermögen verdampften und Staaten bankrottgingen, konnten sich immer noch Betuchte eine nagelneue Luxusyacht leisten. So Charles A. Stone von der New Yorker Bank und Broker-Firma Hayden-Stone.

1935 kaufte einer der größten Namen in Yachtwelt und Industrie das von Cox & Stevens entworfene Schiff. Als Sir Thomas Sopwith eine große Yacht als Tender für die ENDEAVOUR brauchte, seinen Americas-Cup-Herausforderer der J-Klasse, kaufte er kurzerhand die ARGOSY und taufte das Schiff in VITA um. Sie begleitete die ENDEAVOUR auf dem Trip über den Atlantik und diente als Mutterschiff während des Cups vor Newport, Rhode Island. Sopwith behielt die VITA bis 1937, als er die noch größere Motoryacht PHILANTE – heute die norwegische Königsyacht NORGE – für sich bauen ließ.

Spanisches Gold
Jetzt wurde es atemberaubend: Der neue Eigner der VITA, Marino Gamboa, war in Wirklichkeit ein Strohmann von Juan Negrin, dem republikanischen Premierminister Spaniens während des spanischen Bürgerkriegs. Der nutzte das Schiff erst einmal zu seinem Vergnügen. Dann aber räumten die Republikaner den spanischen Staatsschatz und die spanischen Banken ab und verluden die enorme Menge an Gold und Preziosen in 120 Kisten im Wert von 300 Millionen Dollar auf die VITA. Unter US-Flagge dampften sie so nach Vera Cruz in Mexiko – nur um sich dann über das Geld zu streiten. Daneben kursieren Gerüchte, dass die VITA auch zum Waffenschmuggel genutzt wurde.

Schwer bewaffnet bei der US Navy:USS Cythera (PY-31), Foto: Foto: Naval History and Heritage Command

Schwer bewaffnet bei der US Navy:
USS Cythera (PY-31), Foto: Foto: Naval History and Heritage Command

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und dem Eintritt der USA in den Krieg kaufte die US Navy das Schiff und stellte es 1942 als USS CYTHERA (PY-31) in Dienst. Bestimmt für den Dienst im Golf von Mexiko und an der amerikanischen Ostküste, geleitete sie dort bis 1943 Konvois. Anschließend nutzte die Navy sie für U-Bootjagd-Übungen und Sonarversuche mit U-Booten. Am Ende des Kriegs schipperte sie nach New York und wurde dort 1946 außer Dienst gestellt.

Mit der BEN HECHT nach Israel
Und damit begann ein neues Abenteuer: Die heimliche Immigration von Juden nach Israel. Die American League for a Free Palestine sammelte – im Hintergrund unterstützt von Eleanore Roosevelt – Geld, um eines der Schiffe zu kaufen, das Juden nach Palästina bringen sollte. Das aber wollte die britische Mandatsmacht mit aller Macht verhindern. Mit dem eingesammelten Geld kaufte die Tyre Shipping Company – in Wahrheit im Besitz der Zionisten – die CYTHERA und taufte sie erst in ABRIL, dann in SATIRA und schließlich wieder in ABRIL um. Der Umbau für den neuen Zweck fand im Brooklyner Gowanus Kanal statt, denn sie sollte erheblich mehr als die 15 Passagiere beherbergen, für die sie ursprünglich gedacht war.

Am 27. Dezember 1946 verließ die ABRIL New York. Noch am Abend zuvor hatten FBI-Agenten das Schiff gefilzt, weil sie an Bord Waffen vermuteten, die nach Palästina geschmuggelt werden sollten. Stattdessen fanden sie nur Hunderte Schwimmwesten. Unter Kapitän Robert Levitan dampfte die 21-köpfige Crew aus amerikanischen Freiwilligen weiter nach Südfrankreich. Sie verließ im März 1947 Port-de-Bouc, die Decks vollgestopft mit etwa 600 Holocaust-Überlebenden – 284 Männer, 193 Frauen, 29 Kinder und drei Journalisten. Die Bedingungen an Bord waren zwar schwierig, aber es gab genug zu essen, weil ein Unterstützer der Aktion 2000 Pfund koschere Salami gespendet hatte. Auf See erhielt das Schiff einen neuen Namen: BEN HECHT. Getauft zum Dank an den gleichnamigen Song- und Filmtextschreiber, einen der besten Amerikas, der mit dem Theaterstück „A Flag is Born“ eine Million Dollar für das Schiff zusammenbrachte. Die Fahrt nach Haifa nahm ein abruptes Ende, als zwei britische Zerstörer die BEN HECHT abfingen, Soldaten das Schiff enterten und nach Haifa bugsierten.

Es war dramatisch. Crew-Mitglied Jeno Berkovitz erinnerte sich: „Britische Soldaten mit rotem Barett – wir nannten sie „Rote Teufel“ – sprangen an Bord. Sie stießen mich beiseite und nahmen das Schiff schnell unter ihre Kontrolle. Ein Fotograf vom ‚Life‘-Magazin erhielt Prügel vom Enterkommando, während er Fotos machte, drei Briten starben und mehrere wurden verletzt als sie versuchten, Passagiere zu fangen, die über Bord gesprungen waren.“

Die Holocaust-Überlebenden landeten nach dem deutschen KZ gleich wieder hinter britischem Stacheldraht im Gefangenenlager auf Zypern. Dort schmorten sie über ein Jahr bis zur Gründung des Staates Israel. Die Crew der BEN HECHT wurde verhaftet und in das berüchtigte Gefängnis von Akkon gesteckt. Zu Londons Ärger wurde die Verhaftung der Crewmitglieder das Ziel heftiger Kritik von Abgeordneten des amerikanischen Kongresses, der amerikanischen Presse und der amerikanischen jüdischen Gemeinde. Nachdem die Briten die Seeleute einen Monat lang eingesperrt hatten, entschieden sie, dass sie mehr Ärger machten als sie wert waren und verfrachteten sie auf ein Schiff nach New York.

Ben Hecht auf der Fahrt durch das Mittelmeer mitder Flagge Israels auf der Brücke und der Flagge Honduras am Heck, Foto: palmach.org

Ben Hecht auf der Fahrt durch das Mittelmeer mit
der Flagge Israels auf der Brücke und der Flagge
Honduras am Heck, Foto: palmach.org

Nach dem Ende der britischen Herrschaft und der Unabhängigkeitserklärung musste Israel um seine Freiheit kämpfen. Die BEN HECHT wurde als INS MAOSZ-K 24 (Bollwerk) Teil der jungen israelischen Marine und war als Mitglied der israelischen shadow fleet eines der wenigen Rückgrate der Seekriegsführung. Unter anderem war die MAOSZ an der Versenkung des ägyptischen Flaggschiffs EMIR FAROUK beteiligt. 1956 musste sie im Sinai-Krieg noch einmal antreten.

Von der Fähre zur Luxusyacht
Danach aber kehrte sie in das Zivilleben zurück. Mit ihren nun 25 Jahren war sie eigentlich noch im besten Alter. So kaufte sie ein israelischer Geschäftsmann, der sie für kurze Zeit als Frachtschiff missbrauchte. Alsbald verkaufte er sie weiter an die italienische Fährgesellschaft Navigazione Libera del Golfo. Wieder einmal gab es einen neuen, sehr eindrucksvollen Namen: SANTA MARIA DEL MARE. Der gehörte nun einem Fährschiff, das vierzehn Jahre lang auf dem Golf von Neapel verkehrte, aber als ehemalige ARGOSY kaum noch zu erkennen war.

Das sollte sich ändern. 2008 fand sich ein italienischer Eigner, der die Fähre zur Luxusyacht zurückverwandeln und für 15 Millionen Dollar verkaufen wollte. Zuerst bekam das Schiff wieder einmal einen neuen Namen: ROSSY ONE. Dann begann die gründliche Restaurierung, bei der unter anderem das Unterwasserschiff zu 80 Prozent erneuert wurde. Die marode Elektrik, Pumpen und Ventile, alle Rohrleitungen, Motor, Welle und Propeller wurden ersetzt und die ROSSY ONE bekam ein neues Teakdeck. Für die Überarbeitung der Innenarchitektur zeichnete ein italienischer Star-Designer verantwortlich. Schließlich waren die Arbeiten zu 90 Prozent erledigt. Das kostete Unsummen, was dem Eigner zusammen mit den Folgen der Finanzkrise 2011 das Genick brach.

Erneut wechselte die Yacht den Eigentümer und wieder einmal gab es einen neuen Namen: WHITE LADY. Aber fürs Erste keine neue Zukunft. Zwar wurde sie für drei Millionen Euro als rare opportunity auf dem Chartermarkt angeboten, aber ohne Erfolg. So wurde die Lady 2014 aufgelegt und dümpelte im Hafen von Neapel weitere Jahre vor sich hin. Aber das Blatt wendete sich. Denn Anfang 2022 meldeten die Oldenburger „Nordwest Zeitung“ und danach die „SuperYacht Times“, dass die ARGOSY in Hafen von Brake gesichtet wurde. Jetzt liegt sie zum Refit in Lemwerder. Neuer Eigner ist angeblich ein ungenannter Europäer. Aus gegebenem Anlass kommentierte die “SuperYacht Times” die Geschichte des Schiffes: „This latest development and her arrival in Germany suggests that the completion of her restoration and the relaunch of this valuable piece of interwar maritime history may finally be concluded.” Hoffentlich.

Santa Maria Del Mare - Fähreim Golf von Neapel, Foto: GL Watson

Santa Maria Del Mare - Fähre
im Golf von Neapel, Foto: GL Watson

Jürgen Rohweder

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