#meerverstehen: Sound of Silence - Nachschlag zu australischen U-Booten

Am Freitag den 13. Mai trafen sich fünf Vertreter des australischen Verteidigungsministeriums sowie 11 deutsche Vertreter von TKMS, dem Verteidigungsministerium, dem Wirtschaftsministerium sowie dem Auswärtigen Amt zu einer Nachbesprechung betreffend den Ausgang des australischen U-Boot Deals in Kiel.

Auf der Nachbesprechung wollte die australische Delegation den den Vertretern des deutschen Angebots die Entscheidungsfindung der Australier darlegen. Im April wurde bekannt, daß die französische Staatswerft DCNS den Auftrag im Wert von rund 35 Milliarden Euro erhalten würde, das Angebot. Das japanische Angebot war bereits zu Beginn des Jahres ausgeschieden.

Die Tageszeitung The Australian berichtet unter Berufung auf Quellen, dass das Treffen eher frostig abgelaufen sei und die australische Delegation in ihrer Begründungsführung nicht besonders überzeugend auftrat:

  • The Germans were told that the “critical issue’’ was that their submarine was too noisy. Specific­ally they were told, with deliberate vagueness, that the boat would be too noisy at a particular frequency that was very important to the Royal Australian Navy — an ­apparent reference to the submarine’s ability to collect close-to-shore intelligence without detection. The Germans countered by asking what the frequency was and why it was not emphasised in the bidding process. The Australians responded that this information was classi­fied, but that they were not ­convinced TKMS understood the significance of this issue for ­Australia. They said the problems with stealth meant that the German proposal could never have deliv­ered a regionally superior submarine for Australia. The Germans persisted, asking where the excess noise was coming from - internal machinery, the propellers, the hull? Again the Australian offic­ials declined to comment.
  • The successful French bidder, DCNS, worked hard ­behind the scenes last year to cast doubt in the minds of Australian officials about the noise level of the TKMS ­submarine. DCNS modelled its estimate of the noise projection of the proposed German boat using the noise signature of its own, smaller, Scorpene-class submarine. It then compared this estimate with the noise signature for the quieter new French Barracuda submar­ines upon which the French-­Australian submarine will be substantially based. The French also loudly touted their revolutionary pump jet propulsion system, which will replace propellers on the Australian boat, the Shortfin Barracuda. Paris claimed this would give its submarine a higher tactical ­silent speed than the German Type 216 submarine and Japan’s evolved Soryu-class submarine, both of which would have propellers. Australian officials were said to have been highly impressed by the fact that when the Barracuda submarine accelerated, the French design was significantly quieter than either the German or the Japanese alternatives.
  • They said they had reser­vations about the safety of the proposed lithium ion batteries that were to be installed on both the German and the Japanese sub­marines. Both those nations maintain that lithium ion batteries, which are four times more efficient than trad­itional lead acid batteries, are safe, despite small fires that have occurred in those batteries in hobby equipment, cars and ­airlines. In March, France publicly warned about the dangers lithium ion batteries might pose in a submarine. The Australian delegation made it clear in Kiel that it too had reservations.
  •  The Australians also expressed scepticism about the ability of TKMS to upscale the size of both its Siemens motors and its ­submarine hulls to build a 4000-plus tonne submarine - almost double the size of previous sub­marines built by the company.
  •  In addition, the Germans were told that their cost projections were overly optimistic, including their claim that there would be only a negligible premium for building all of the submarines in Australia. Germany’s bid claimed that the price of building eight submarines (not including the combat system) would be just less than $12bn, while 12 ­submarines including the combat system would cost $20bn.

The sound of silence - why Germany lost its subs bid, in: The Australian online, 30 Mai 2016 (PDF-Version, Original-Artikel nur für Abonnenten einsehbar).

Halten wir fest:

Die Australier hatten eine konkrete technische Forderung (Geräuschreduktion in einem bestimmten Bereich), aber wollten diese dem Anbieter gegenüber nicht spezifizieren. Australische Bedenken an der Fähigkeit von TKMS, die bestehenden Designs der 212/214 Klassen auf das vorgeschlagene 4.000 Tonnen Design Type 216 hoch zu skalieren, konnten ebenfalls nicht ausgeräumt werden. Dabei war der Vorwurf nicht bloß technischer Natur, da man den Deutschen nicht zutraute ein U-Boot für strategische Aufgaben zu bauen.

Frankreich spielt auf der Lobby-Flöte deutlich virtuoser als Deutschland - keine Neuigkeit, aber immer wieder "schön" zu beobachten. Dazu gehört neben dem Anheuern des ehemaligen Chef des Stabes im australischen Verteidigungsministerium Sean Costello als strategischen Berater und CEO von DCNS Australia auch die öffentliche Kritik an Kerntechnologien, wie den in deutschen und japanischen U-Booten verbauten Lithium-Ionen-Akkumulatoren.

Daß das TKMS U-Boot grundsätzlich zu Laut sei kann als Argument nicht überzeugen: Einerseits da der Boots-Typ noch gar nicht existiert und somit keine Werte vorliegen und die Kritik an den existierenden Typen 212/214 angelehnt war - spezifische technische Bedenken hätte man allerdings bei der Produktion berücksichtigen können. Andererseits weil sich mit Singapur ein notorisch anspruchsvoller Nutzer in der Region bereits 2013 für eine Variante (218SG) von TKMS entschieden hatte.

Ernst zu nehmen ist die australische Entscheidung in jedem Fall - sie könnte und sollte Anlass für eine kritische Bestandsaufnahme auf deutscher Seite sein. Ist unsere Unterwassertechnologie wirklich so gut wie wir glauben? Haben uns andere (Stichwort "Pump Jet Propulsion" Antrieb der Franzosen) überholt? Und wie geht Berlin mit dem französischen Verhalten im Kontext einer möglichen Konsolidierung der europäischen maritimen Industrie um?

10 Kommentare

  1. A note to a friend in the Royal Australian Navy (RAN):
    Greeting from Germany where my former comrades in Kiel still seem baffled as to why they have lost the submarine contest against the French. They do not accept my – in their eyes too simplistic – reasoning, i.e. you guys have failed not because of technical incompetence, not because your boat has a perceived higher signature at a certain speed, and not because the unproven Barracuda jet-pump is perceived to be more efficient, and certainly not because the RAN wishes to proceed to the real Barracuda with its 150 MW power-plant; no, tkMS, you have missed to boat because you did not listen nor understand your prospective client, the RAN and the key players in the Australian Defence Material Organisation.
    Once the Japanese were no longer in play, you only had to get off your high horse and stop berating everybody in earshot that you are the world’s most prolific exporter of naval submarines, and not to tell the RAN that you could improve on Kiel’s performance to the extent that building tkMS submarines in Australia could be done at a fixed lump sum price cheaper – or at least no more expensive – and quicker than in Germany. Sad; a little more understanding of the Australian psyche and more finesse would have brought you home the first price.

    Antworten
    • Moment mal – Sie sind doch der Herr Ohff, der im Maiheft des MF zum Australienprojekt berichtete. Der Autorenbeschreibung gemäß Deutschaustralier, der den Aussies als Werftchef die Collins-Klasse gebaut hat. Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie Deutsch verstehen.
      Wenn mein mageres Englisch das richtig vor die Reihe kriegt, dann sagen Sie: Geräuschargument und sonstige Unzulänglichkeiten, mit denen die tkMSlern „debrieft“ wurden – alles vorgeschoben, nichts davon wirklich wahr? Verloren ging das Geschäft, weil die Teutonen und ihre Leute vor Ort auf einem zu hohen Ross gesessen, den Australiern von ihren dollen Exporterfolgen, einem Billig-Festpreis und einer sagenhaften Baurate vorgeprahlt haben und im Übrigen nicht kapierten, wie die Aussies im Allgemeinen und die RAN im Besonderen ticken? Da Sie ohnehin nicht unter Pseudonym, sondern „mit offenem Visier“ posten, wird es Ihnen sicher nichts ausmachen, hier noch einmal ein paar Zeilen auf Deutsch zur Bestätigung loszuwerden…

      Antworten
      • Richtig, der Ohff bin ich, derjenige, der für den COLLINS Bau verantwortlich war, und der mit Schrecken zusah, wie das australische TKMS Verkaufsteam die 08/15 TKMS Mantra von Internationalen Erfolgen der australischen Marine vorsangen. Die Australier wollten kein Boot von der Stange – was der Type 216 wohl auch nicht war. Aber es war der TKMS leider nicht gelungen, der australischen Regierung klarzumachen, dass die T216 Klasse ein speziell für sie konzipiertes Boot sein würde. Stattdessen wurde auch diese Bootsklasse als zukünftiger Exportschlager u. a. auf dem Internet angepriesen. KzS (Ret’d) Raimund Wallner hat die (aus deutscher Sicht) australische Tragödie sehr ausführlich und korrekt in der Fachzeitschrift AUFTAUCHEN Nr. 263 „Niederlage in Australien“, verkürzt in der letzten MarineForum Ausgabe analysiert. Ob die Japaner, Franzosen oder Deutschen letztendlich ein effektiveres Boot angeboten haben, kann ich nicht beurteilen. Keiner der Anbieter hat ein Boot von dieser Klasse im Bau. Nur eines ist klar, ein Diesel-elektrisches U-Boot mit rund 5100t Unterwasser-Verdrängung wie es die Franzosen angeboten haben, ist weder Fisch noch Fleisch.
        HJO

        Antworten
  2. Im Nachhinein ist man immer schlauer…aber unter „lessons learnt“ sollte verbucht werden, wie falsch es von deutscher Industrieseite war, sich gegenüber Australien mit den eigenen Exporterfolgen (160 Boote in 20 Länder) zu brüsten, statt die Qualität des U-Bootes für die eigene Marine herauszustellen: U212!

    Gerade im akustischen Signaturbereich – und gerade im Vergleich mit französischen Nuklear-U-Booten:

    So berichtete der Kommandant von Uxx vor einigen Jahren zur Teilnahme an einer Ujagdübung mit einem französischen Atom-U-Boot im Rahmen eines internationalen Manövers, wie er über mehrere Stunden den Kontakt zu diesem Boot halten konnte („tracking“) und es mehrfach simuliert angriff, ohne selbst geortet worden zu sein.

    Daraus hätte man, frech deduktiv, wie die „frogs“ das auch mit U216 vs Shortfin gemacht haben, eine ebensolche akustische Dominanz deutscher Technologie vs französischer herleiten können:

    Hätte, hätte – ja ich weiß…

    Antworten
  3. In o.a. Artikel heisst es:
    „Dass das TKMS U-Boot grundsätzlich zu laut sei, kann als Argument
    nicht überzeugen: Einerseits, da der Boots-Typ noch gar
    nicht existiert und somit keine Werte vorliegen und die Kritik an
    den existierenden Typen 212/214 angelehnt war“

    Das ist insofern falsch, als die Franzosen den Geräuschvergleich nicht an „212/214 angelehnt“, sondern ihn mit ihrem eigenen SCORPENE-Boot modelliert haben. Sie haben ihr eigenes Boot – und nicht Typ 212/214 als zu laut diskreditiert! In dem „The Australian“ -Artikel heißt es wörtlich:

    „DCNS modelled its estimate of the noise projection of the proposed
    German boat using the noise signature of its own,
    smaller, Scorpene-class submarine. It then compared this estimate
    with the noise signature for the quieter new French
    Barracuda submarines upon which the French-Australian
    submarine will be substantially based.“

    Mit anderen Worten, DCNS hat in Ermangelung von Daten des deutschen Konkurrenzentwurfs (U216) einfach das eigene propellergetriebene 1.700 t Export-U-Boot SCORPENE genommen, dessen Geräuschprofil hochgerechnet und zur Grundlage des Geräuschvergleichs U216/ SHORTFIN BARRACUDA gemacht. Der Skandal dabei: Das australische Auswerte-Team hat sich diesen üblen Trick zu eigen gemacht und die Frechheit besessen, den Kielern beim Debriefing am 13. Mai ins Gesicht zu sagen „that their submarine was too noisy“. Man kann es auch so ausdrücken: Der Beschluss zugunsten der Franzosen war aus multiplen und vmtl nie ganz öffentlich werdenden Gründen gefallen (ggf. auch „nuclear hiden agenda“). Jedes Propellerboot, auch das französische (bisher nur in Drittweltländer exportierte) SCORPENE kam da recht um es mit dem deutschen U216 einfach gleichzusetzen, so die Überlegenheit des Pumpstrahl-Antriebs „nachzuweisen“ und als ausschlaggebenden Grund für den Zuschlag an DCNS zu verkaufen.

    Antworten
    • Danke für diesen Hinweis. Damit wird die Entscheidung noch deutlicher in ihrer bisher hidden Agenda. Erinnert ein wenig an die Entscheidung gegen Airbus für das künftige Tankflugzeug für die US Airforce.

      Antworten
  4. Die vorherigen Kommentare stecken – ganz im Sinne unseres maritimen Blogs – den Rahmen ab: Seien wir uns selbst gegenüber ehrlich bezüglich der technologischen Fähigkeiten. Haben die Franzosen auf- und u.U. schon überholt? Welchen Druck wird Paris auf Berlin ausüben, den Marineschiffbau – nur Unterwasser? – zu konsolidieren? Welchen Wert misst das Kanzleramt dieser Technologiesparte zu angesichts der notwenigen dt.-frz. Achse (Euro, Flüchtlinge, Brexit)?
    fragt sich Fleet

    Antworten
  5. Der Argumentation von meer verstehen kann ich gut folgen. In der Tat stellt sich die Frage, wie überzeugend unsere deutsche Uboottechnik wirklich ist. Ausschlaggebend dürften jedoch politische und ggfs. nukleare Überlegungen gewesen sein. Letztere gibt es in Norwegen nicht, aber politisch wird man hier entschiedener auftreten müssen, wenn man den deutschen Ubootbau erhalten will.

    Natürlich kann man versuchen, mit Frankreich eine Arbeitssteilung zu verabreden, Frankreich groß und Deutschland klein. Fragt sich nur, wo heute und morgen die Grenze liegt und wie verlässlich Frankreich ist, denkt sich

    der Segler

    Antworten
  6. Der Sprung zu nuklearbetriebenen Ubooten ist durchaus ein realistisches Gedankenmodell. Sollten die Australier aber die französischen konventionellen Boote bekommen, erhalten sie mit Sicherheit kein leises Boot – insofern kann man die australische Marine schon mal bedauern. Vielleicht hat Frankreich auch Kompensationsgeschäfte angeboten; bei Unternehmern würde man da von Compliance reden müssen … In jedem Fall scheint für Frankreich die Gesamtrechnung aufzugehen: als nächstes wird DCNS den norwegischen Auftrag zum Ubootbau bekommen. Aufgrund der daraus resultierenden, ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten für HDW/TKMS wird DCNS diese Sparte übernehmen. Die Expertise im Bereich des konventionellen Ubootbaus (und auch die Arbeitsplätze) in Deutschland schwinden. Genau wie beim Zusammenschluss von KMW und Nexter werden so unliebsame Konkurrenten mit gleichem oder ähnlichem Produktportfolio „integriert“. Den Rest machen dann französische Gewerkschaften – aber das wäre schon wieder ein neues Thema.

    Antworten
  7. Es gibt auch Gerüchte, dass die australische Marine über möglichen Nuklearantrieb nachdenke, der über FRA natürlich realisierbar sei. Denkt man an die Entfernung zum Südchinesischen Meer, erscheint dies durchaus denkbar.

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

de_DEGerman