Zuwachs für die "Rüstungsflotte": Die neue "Stollergrund"

Zuwachs für die "Rüstungsflotte": Die neue "Stollergrund"

"Stollergrund" getauft

In Rekordzeit von Vertrag bis Auslieferung

Wir berichteten am 04. Juli über die Erneuerung des Fuhrparks der Wehrtechnischen Dienststelle der Marine, der WTD 71. Am Freitag, dem 30. Juni 2023, wurde der erste von zwei Neubauten der „Messboote Seeversuche Küste“ auf den Namen „Kalkgrund“ getauft. Nun ist auch das zweite Boot dieser Klasse bei der Fassmer Werft in Berne von Frau Maren Jonas, Ehefrau des Bürgermeisters vder Gemeinde Schwedeneck, auf den Namen "Stollergrund" getauft worden. Die beiden Boote komplettieren vorerst die Planung der WTD 71.

Der Wetterlage entsprechend hatte die Fassmer Werft zum Zeremoniell vorsorglich den ersten Glühpunsch der Saison bereitet. Prompt zeigte sich kurz vor dem feierlichen Zerschellen der Flasche am Rumpf denn auch ein Regenbogen am wolkenverhangenen Himmel über der Weser.

Die „Fassmer-Geschwindigkeit“

Holger Fassmer betonte in seiner Ansprache die Geschwindigkeit, mit der man den öffentlichen Auftraggeber zufriedengestellt hatte. Für die Fassmer Werft, bekannt für die Einheiten der DGzRS (Seenotretter) und in den letzten Jahren auch für die Neubauten der Bundespolizei, war dies der erste große Neubau für die Bundeswehr.

Taufe SVK Stollergrund bei Fassmer

Taufpatin und Geschäftsführer

Das Mehrzweckboot wurde nach zivilem Standard gebaut und war quasi „marktverfügbar“, was dem Konzept von Verteidigungsminister Boris Pistorius entspricht. Allerdings stand der Bauplan schon, bevor das Wort zum Prinzip wurde. Der Rumpf wurde übrigens bei der „Western Baltija Shipbuilding“ im litauischen Klajpeda gebaut.

Die zweite Einheit der sogenannten „Messboote Seeversuche Küste“ wurde am 22. Juli 2021 durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) beauftragt. Die Übergabe der Baunummer 2 an die WTD 71 soll noch im November stattfinden.

Holger Fassmer

Kostengünstig trotz Inflation

Für diese Leistung fand Holger Fassmer denn auch dankbare Worte an die Zulieferer, den DNV, den Auftraggeber und insbesondere an seine Mitarbeiter. Die Corona Krise hatte allen reichlich zugesetzt und die Arbeiten zu einer echten Herausforderung werden lassen. Man habe, so Fassmer, in diesen Zeiten erhebliche Einschränkungen in der Planung hinnehmen müssen: Schon die Organisation einer einfachen Probefahrt sei mit gravierenden Schwierigkeiten behaftet gewesen. Krisenbedingt seien auch die Kosten erheblich gestiegen, sowohl für den Materialeinkauf als auch für die Arbeitsleistung. Diese Verteuerung könne der Auftragnehmer nun nicht unmittelbar an den Kunden weitergeben, so die von Fassmer beschriebene nachteilige Situation der Werft. Die Kosten des Neubauauftrages wurden vom Bundesverteidigungsministerium im April 2020 mit 46 Millionen Euro angegeben. Beide Boote zusammen haben also rund 100 Millionen Euro gekostet. Ein vergleichsweise kostengünstiger Erwerb, wenn auch die Werft aufgrund der Kostensteigerungen durch Inflation, Materialengpässen und Pandemie erhebliche Kostensteigerungen verkraften musste. Wie hoch die Einbuße der Werft tatsächlich sind, blieb ungenannt.

Taufe SVK Stollergrund bei Fassmer

Frank Menning, Leiter WTD 71

Erprobung auch unbemannter Systeme

Frank Menning, Leiter der WTD 71, bedankte sich bei der Werft und betonte die große Bedeutung des Bootes für die Zukunft seiner Dienststelle. „Die Zeiten sind dramatisch“ sagte er und verwies auf die Unterstützungsleistung der WTD 71 für die Flotte. Auch diese Einheiten seien für die Landes- und Bündnisverteidigung unabdingbar, weil sie „Service Provider“ seien für die Erprobung und Entwicklung des Materials. Mit Blick auf die Konzeption „Kurs 2035+“ des Inspekteurs der Marine sagte er voraus, dass diese Boote für die Erprobung unbemannter Systeme eine große Rolle spielen werden. Dazu habe man in Eckernförde ein „Zentrum unbemannte Systeme“ gegründet. Auch Menning lobte den „Super“-Zeitablauf bei der Fassmer-Werft und bedankte sich bei allen Beteiligten.

Taufe SVK Stollergrund bei Fassmer

Taufe SVK Stollergrund bei Fassmer

Technische Daten

„Kalkgrund“ und „Stollergrund“ ersetzen die Mehrzweckboote der Klasse 745 „Breitgrund“ (Y866) und „Mittelgrund“ (Y864) sowie das Sperrwaffenversuchsboot „Wilhelm Pullwer“ (A1406), Klasse 741. Die Neubauten übernehmen das Absichern und Bergen von Torpedos im Rahmen von Waffenerprobungen, die Begleitung von U-Booten bei der Flachwassererprobung, den Einsatz autonomer Unterwasserfahrzeuge und auch die Tauchereinsätze bei wehrtechnischen Untersuchungen von Tauchgeräten und Ausstattungen. Die Boote mit einer Länge von 51,70 Metern und einem Tiefgang von 3,65 Metern werden dieselelektrisch angetrieben (Schottel, Värtsila). Mit 2 x 1580 KW erreichen sie eine Geschwindigkeit von 13 Knoten. Die Stammbesatzung besteht aus 15 Personen, für eingeschiffte Techniker und Wissenschaftler sind weitere 8 Kammern eingerichtet.

Text/Fotos: hsc

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