Freude über die Rückkehr. Die HESSEN ist wohlbehalten in Wilhelmshaven

Freude über die Rückkehr. Die HESSEN ist wohlbehalten in Wilhelmshaven

Die "Hessen" ist wieder daheim

Der Kommandant Fregattenkapitän Volker Kübsch Foto: H.-U. Mergener

Der Kommandant Fregattenkapitän Volker Kübsch. Foto: H.-U. Mergener

Die Fregatte "Hessen" ist nach ihrem Einsatz im Roten Meer in der EU-Operation ASPIDES wieder im Heimathafen Wilhelmshaven.

Es war eigentlich wie immer beim Einlaufen: Angehörige auf der außergewöhnlich vollen Pier, winken, laute Rufe " da isser", Plakate und ganze Familien. Und dennoch mischte sich in die bewegende Stimmung ein Unterton, den man mit "Erleichterung" beschreiben kann. In zweierlei Hinsicht. Zum Einen ist die "Hessen" seit dem letzten Jahr fast ununterbrochen im Einsatz, denn nur zu Weihnachten war den Männern und Frauen eine kurze Pause gegönnt. Zum Anderen – und das ist neu – eine Erleichterung, dass alle Soldaten und Soldatinnen der Besatzung, der Eingeschifften weiterer beteiligten Einheiten vom Seebataillon bis hin zu den Marinefliegern wohlbehalten wieder zurück sind. Es ist das Ende eines Einsatzes, vor dem man Respekt haben musste. Es wurde applaudiert, auch das ist bemerkenswert.

Es ist Tag 142 der Krise am Roten Meer und einen Tag nach den Drohungen der Huthis, ihre Angriffe auch auf das Mittelmeer auszudehnen. Die "Hessen" befand sich gute 56 Tage in der EU-geführten Operation zum Schutz der zivilen Schifffahrt in dem durch Drohnen- und Flugkörperbeschuss bedrohten Seegebiet. Am frühen Morgen des 20. April beendete das erlösende „Air Warning White“ den „scharfen Waffengang“, wie Vizeadmiral Jan C. Kaack vor Auslaufen im Interview auf einem Bundeswehr-Portal formulierte.

Die Hessen läuft ein. Foto: Mergener

Bis dahin waren es 58 Tage (so die Parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller in der Pressekonferenz) unter dauerhafter Bedrohung, in permanenter Wachsamkeit, ständiger physischer und psychischer Belastung, ohne Nachlassen der Aufmerksamkeit. Nach offiziellen Angaben gab die „Hessen“ 27 Handelsschiffen Geleitschutz. Vier Angriffe konnten abgewehrt werden.

Für ein Resümee ist es an dieser Stelle zu früh – es wäre auch unangebracht. In der Marine hat die Aufarbeitung längst begonnen. Der Prozess des ‚lessons identified‘ vollzieht sich richtigerweise intern. Dazu braucht es Zeit. Uns wurde in Wilhelmshaven versichert, dass die Fregatte „Hamburg“, die ab August die deutsche Teilnehmerin in der Operation Aspides sein wird, schon mit den von ihrem Schwesterschiff gemachten Erfahrungen arbeitet.

Angesichts der mangelnden Präsenz politischer Vertreter – die Staatssekretärin Möller zählen wir als Vertreterin des Bundesministeriums der Verteidigung, also als Vorgesetzte – bei der Rückkehr eines Schiffes aus dem „ersten Kampfeinsatz der Deutschen Marine seit ihrer Gründung 1956“ (Zitat bundeswehr.de) stellt sich die Frage nach der sicherheitspolitischen Verarbeitung.

Freude über die Rückkehr. Die HESSEN ist wohlbehalten in Wilhelmshaven

Freude über die Rückkehr. Die HESSEN ist wohlbehalten in Wilhelmshaven
Foto: Potthoff

An anderer Stelle haben wir bereits die Frage aufgeworfen, ob die bundesrepublikanische Öffentlichkeit den Einsatz überhaupt einordnen können wird. Die Gespräche während des Festmachens, die wir mit Angehörigen unterm Regenschirm geführt haben, bestärken uns in dieser Überlegung. Umso mehr hätte die Rückkehrerin die Anwesenheit von Volksvertretern, die die Bundeswehr gerne mit Parlamentsarmee attribuieren, verdient gehabt. Zumal die geopolitische Lage nicht einfacher wird. Nur mit Blick auf das Rote Meer: die dortige Krise hat zu Störungen der globalen Schifffahrt geführt. Das Umfahren Afrikas führt zu längeren Transitzeiten, logistischen Herausforderungen und höheren Umweltbelastungen. Eigenen Angaben zufolge wollen die Huthi über sechshundert Raketen und Drohnen gegen Schiffe abgefeuert haben. Das deckt sich grob mit der Vorfall-Statistik der Military Times (marineforum.online berichtete bereits an anderer Stelle), die auch die feindlichen Anflüge auf Handelsschiffe und die sie schützenden Einheiten der Operation Prosperity Guardian – vornehmlich US-Zerstörer der Arleigh Burke-Klasse – inklusive der durch US-/UK-Luftschläge vernichteten Bestände an Land, verzeichnet. Demgegenüber registriert die von der Mission EUNAVFOR Aspides erstellte Statistik lediglich 17 tatsächliche Angriffe auf ihre Einheiten.

In der wöchentlichen Kundgebung am 3. Mai riefen die Huthi eine vierte Eskalationsstufe aus und kündigten Angriffe in „jedem erreichbaren Gebiet“, also innerhalb der Reichweite der verfügbaren Waffen an. Was von Medien dahingehend ausgelegt wurde, dass sich die Angriffe nun auch gegen Schiffe im östlichen Mittelmeer richten könnten. Tatsächlich wurde am 30. April ein Angriff auf das Containerschiff „MSC Orion“ im Indischen Ozean verzeichnet, in etwa 300 bis 400 Seemeilen Entfernung von jemenitischen Rebellengebieten (Quelle: Reuters). Womit die Übergriffe der Milizgruppe eine neue Qualität erreicht haben.

Fregattenkapitän Volker Kübsch, Staatssekretärin Siemtje Möller und Vizeadmiral Frank Lenski, Befehlshaber der Flotte Foto: H.-U. Mergener

Fregattenkapitän Volker Kübsch, Staatssekretärin Siemtje Möller und Vizeadmiral Frank Lenski, Befehlshaber der Flotte Foto: H.-U. Mergener

In der medialen Öffentlichkeit wird der Abzug der deutschen Fregatte mit möglichen Engpässen beim Schutz von Handelsschiffen im Roten Meer in Verbindung gebracht. Dem Kommandeur der Operation, dem griechischen Konteradmiral Vasileos Gryparis, stünden in den kommenden Monaten nur drei Fregatten zur Verfügung, schrieb der Spiegel.

Nach Ausführungen des Kommandeurs der Operation, des griechischen Konteradmirals Vasileos Gryparis, stünden in den kommenden Monaten drei Fregatten zur Verfügung.

Gryparis hatte nach dem Abzug der deutschen Fregatte "Hessen" operative Engpässe angeprangert. Gleichwohl befinden sich zur Zeit das italienische Führungsschiff „Virginio Fasan“ (F 591), die griechische Fregatte „Hydra“ (F 452), eine nicht benannte französische Fregatte und seit dem 4. Mai die belgische Fregatte „Marie-Louise“ (F 931) bei Aspides. Die niederländische Marine wird das Mehrzweckversorgungsschiff „Karel Doorman“ (A 833) entsenden, die für die US-geführte Operation "Prosperity Guardian" zum Einsatz kommen soll. Bei einem täglichen Aufkommen von 35 bis 40 Handelsschiffen werden demnach höchstens vier Eskorten gleichzeitig durchgeführt werden können. Dies erscheint wenig. Doch es relativiert sich angesichts der Tatsache, dass die Huthi nicht jedes Ziel anvisieren.

Text: Mergener / Schlüter     Fotos: Mergener / Potthoff

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