Golf von Guinea wird Seegebiet von europäischem Interesse

Gegen Piraterie im Golf von Guinea

Golf von Guinea wird Seegebiet von europäischem Interesse

Erstes Pilotprojekt des Konzepts einer koordinierten Präsenz zur See

Die EU-Außenminister haben heute (25.01.) beschlossen, ein Pilotprojekt für eine koordinierte maritime Präsenz (Coordinated Maritime Presence (CMP)) im Golf von Guinea aufzunehmen. Erstmalig reagiert die EU derartig auf eine akute Beeinträchtigung des freien Seeverkehrs. Das Pilotprojekt ist für ein Jahr angelegt – im Januar 2022 soll eine Überprüfung stattfinden.

Mit dem CMP-Mechanismus soll die internationale Zusammenarbeit auf See durch eine verstärkte Koordinierung der in dem betroffenen Seegebiet operierenden See- und Seeluftstreitkräfte gefördert werden. Anwendung findet er in jedem Seegebiet der Welt, das vom Rat der EU als maritimes Interessengebiet festgelegt wird. Als ein Koordinierungsinstrument soll so der Informationsaustausch und die Lageanalyse zwischen ohnehin vorhandenen Einheiten der EU-Mitgliedsstaaten und den Küstenanrainern ermöglicht werden. Anders als bei einer Operation (oder Mission) erfolgt also keine eigentliche Streitkräfteabstellung (‚Force Generation‘). Eine im EU-Militärstab einzurichtenden Koordinierungszelle, Maritime Area of Interest Coordination Cell (MAICC), soll die Informationen bündeln und eine gemeinschaftliche Analyse ermöglichen.

Mithilfe des Mechanismus will die EU eine dauerhafte maritime Präsenz in einem Gebiet von speziellem maritimen Interesse abbilden. Unterhalb der Schwelle einer Operation (oder Mission) soll zwischen den ohnehin präsenten, jedoch unabhängig voneinander operierenden EU-Mitgliedsstaaten Synergie hergestellt werden. Im Falle des Golfs von Guinea sind Frankreich, Italien und Spanien gewöhnlich mit Kriegsschiffen unter nationaler Führung vor Ort. Seit 1990 unterhält Frankreich die Operation Corymbe im Golf von Guinea. Aktuell ist der Hochseepatrouilleur „Commandant Birot“ (F 796) vor Ort. Das ‚Maritime Information Cooperation and Awareness Center‘ (MICA Center) in Brest verarbeitet die weltweite Informationslage.

Das Konzept der koordinierten maritimen Präsenz (Coordinated Maritime Presence (CMP)) geht zurück auf das informelle Treffen der Verteidigungsminister vom 28.-29. August 2019 in Helsinki und wurde am 17. Juni 2020 vom Europäischen Rat verabschiedet.

Der Start des Pilotprojekts im Golf von Guinea unterstützt die Initiativen der Küstenstaaten im Rahmen der Yaoundé-Architektur und verstärkt die Bemühungen der EU in der Region. Im Rahmen ihrer Strategie für den Golf von Guinea (2014) und eines später initiierten Aktionsplans für den Golf von Guinea unterhält die EU bereits eine Reihe von Programmen und Projekten zum Erfahrungs- und Kapazitätsaufbau (‚capacity building‘). Die dafür einzusetzenden Mittel stammen sowohl aus dem Instrument für Sicherheit und Frieden (IcSP) als auch aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF).

In seinem kürzlich veröffentlichten Jahresbericht sieht IMB Piracy Reporting Centre (PRC) die Situation im Golf von Guinea als einen maßgeblichen Treiber beim Anstieg der Pirateriefälle im Jahr 2020 – 195 Fälle gegenüber 162 im Jahr 2019. Weltweit wurden im Jahr 2020 135 Besatzungsmitglieder von ihren Schiffen gekidnappt. 95 Prozent davon im Golf von Guinea (130 Besatzungsmitglieder) bei 22 Zwischenfällen. Darüber hinaus kam es in der Region zu drei Schiffsentführungen und in neun zusätzlichen Fällen zu Schusswaffengebrauch auf Schiffe. Bei 25 Prozent der Angriffe auf Schiffe im Golf von Guinea wurden Entführungen von Besatzungsmitgliedern gemeldet – mehr als in jeder anderen Region der Welt.

Text:     Hans-Uwe Mergener

Quelle:  eeas.europa.eu

Foto:  The EU launches its Coordinated Maritime Presences concept in the Gulf of Guinea - European External Action Service (europa.eu) (Foto)

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