Gute Zusammenarbeit erfordert regelmäßiges Üben, Foto: Daniel Angres

Gute Zusammenarbeit erfordert regelmäßiges Üben, Foto: Daniel Angres

Hast du Töne?

Zapfenstreich, feierliches Gelöbnis, auslaufende Einheiten: Sofort wird damit Marschmusik assoziiert. Ein Blick in den Orchestergraben des Marinemusikkorps Kiel.

Ein sonniger Tag in Kiel. Die Gorch Fock läuft wieder ein. Mit Taktvorgabe marschiert das Musikkorps unter der Führung von Kapitänleutnant Inga Hilsberg auf die Gorch-Fock-Mole. Am Liegeplatz angekommen erfolgen kurze Korrekturen, dann ertönen bekannte Klänge zur Begrüßung des Schiffs. Szenenwechsel. Im Marinearsenal Kiel dient der ehemalige Speisesaal als Probenraum. Eigentlich aber ist er nur ein schlechtes Provisorium für die fehlenden Räumlichkeiten in der Wik. Die Kieler Variante einer vergeigten Infrastrukturmaßnahme. Auf dem Boden des Raumes sammeln sich vor der Generalprobe Kabel, Notentaschen, Kaffeebecher und Wasserflaschen. Die Musiker warten auf die Leiterin, halten Klarinette, Saxophon und Querflöte schon einsatzbereit in der Hand. Endlich nimmt Kapitänleutnant Hilsberg ihren Platz auf einem Podest ein, greift zum Taktstock und dirigiert das erste Musikstück. In den kurzen Pausen wird viel gescherzt und in den lachenden Gesichtern der Musizierenden kann man die Freude an der Arbeit ablesen.

Inga Hilsberg hat ihre Truppe fest im Griff, Foto: Daniel Angres

Inga Hilsberg hat ihre Truppe fest im Griff, Foto: Daniel Angres

Die kleine Truppe von Inga Hilsberg umfasst 55 Personen. Jede Musikerin und jeder Musiker ist zugleich einem Quintett oder einem Quartett zugeordnet. Zudem stehen Solisten parat, beispielsweise ein Trompeter für Trauerfeierlichkeiten auf dem Friedhof. Einsätze werden nach Verfügbarkeit und der kürzesten Wegstrecke geplant. Die Zuteilung erfolgt für alle Orchester der Bundeswehr durch das Zentrum Militärmusik in Bonn. In einem Kalenderjahr absolvieren die Soldaten etwa 130 bis 150 Einsätze, meist als komplettes Orchester, manchmal aber auch nur in kleiner Besetzung. Hinzu kommen Einsätze für karitative Zwecke und Reisen zur Truppe im Ausland.

Der Weg in eines der Musikkorps der Bundeswehr ist ebenso anspruchsvoll wie Aufnahmetests bei Einheiten für besondere Einsätze. Die Ausbildung sieht ein mehrjähriges Studium für Angehörige des Militärmusikdienstes an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf vor. Daher hat jedes feste Mitglied des Marinemusikkorps ein Musikstudium absolviert.

Mehr als nur Musiker

Während des Tages wird meist geprobt, manchmal in der Gruppe, manchmal allein. Nebenbei erfolgen Materialerhaltung und Administration. Da das Musikkorps autark ist, kümmern sich die Soldaten selbst um alle logistischen und technischen Belange, vom Druckerpapier bis zum Musikerbedarf. Daher hat jeder in der Truppe eine Nebenaufgabe zugewiesen bekommen. So ist der Kompaniefeldwebel nicht nur Musiker im Ensemble, muss sich nach den Proben aber mit der Personalbearbeitung auseinandersetzen. Selbstverständlich steht zudem Sport auf dem Dienstplan, denn die Leistungsfähigkeit der Musizierenden muss gefördert und erhalten bleiben. Eine Tuba über eine Stunde zu halten, mit ihr im Gleichschritt marschieren, Noten lesen und spielen, das erfordert eine gute körperliche Konstitution. Die Truppe ist ein Beispiel für Vielfalt in der Bundeswehr, von der 20-jährigen freiwillig Wehrdienstleistenden bis zum 60-jährigen Reservisten.

Ihre Ausbildung erhalten die Musiker an der Hochschule in Düsseldorf, Foto: Daniel Angres

Ihre Ausbildung erhalten die Musiker an der Hochschule in Düsseldorf, Foto: Daniel Angres

Kapitänleutnant Inga Hilsberg ist Seiteneinsteigerin. Ihre Vita zeigt Engagements von Musicals und Theatern bis hin zu bekannten Fernsehproduktionen. Den Schritt zum Marinemusikkorps nach Kiel bereut sie nicht. „Wir gehören zur Streitkräftebasis, sind also nur ‚Fake-Marine‘“, sagt die Chefdirigentin mit einem Zwinkern durch die mit Steuerrädern verzierte Brille. „Ich diene aber in der schönsten Uniform und mit begeisterten Musikern, die jeden Tag mit einem Lächeln zum Dienst kommen.“

Daniel Angres

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