Hubschrauber der Marine

Im Bereich der Hubschrauber der Deutschen Marine findet derzeit ein tiefgreifender Systemwechsel statt. In den nächsten Jahren werden die bewährten Hubschrauber Sea King Mk 41 und Sea Lynx Mk 88A durch den NH90 NGEN (Firmenbezeichnung der deutschen Marinevariante) in den Varianten NTH (Naval Transport Helicopter, Sea Lion) und MRFH (Multi-Role Frigate Helicopter, Sea Tiger) ersetzt.

Dies erfordert gleichzeitig einen Wechsel der bisherigen Denk- und Arbeitsweisen sowie der „eingefleischten“ Einsatzverfahren, da der NH90 NGEN umfangreiche neue, zeitgemäße Fähigkeiten bietet. Um diese optimal nutzen zu können, müssen die Besatzungen sowie die Vorgesetzten an Land und an Bord umdenken – weg vom alten, analogen Hubschrauber mit Schwerpunkt auf der fliegerischen Handhabung, hin zum neuen, digitalen Hubschrauber mit Schwerpunkt auf dem optimalen Einsatz des Gesamtsystems.

 

Der bisherige Einsatz der Hubschrauber

Die Hubschrauber Sea King und Sea Lynx werden für alle operativen Missionen mit einer festen Besatzungsstärke und Aufgabenverteilung eingesetzt. Die Besatzung der Sea King besteht aus zwei Piloten, einem Luftfahrzeugoperationsoffizier und einem Bordmechaniker. Der Bordmechaniker besitzt eine technische Ausbildung auf Meisterebene sowie eine medizinische Ausbildung zum Rettungssanitäter.

Die Besatzung der Sea Lynx besteht aus zwei Piloten und einem Hubschrauberortungsmeister. Der linke Pilot hat eine erweiterte taktische Ausbildung, da er das Radar sowie das Navigationssystem bedient und die taktische Mission führt. Der Hubschrauberortungsmeister besitzt eine Fachausbildung im Bereich Unterwasserortung auf Meisterebene.

Für die Piloten gibt es in beiden Hubschraubern Unterstützungssysteme wie automatische Höhenhaltung oder automatischer Schwebeflug über Wasser. Aufgrund des Alters der Hubschrauber entspricht der Funktionsumfang allerdings nicht mehr den heutigen Möglichkeiten. Vor allem bei Nacht oder schlechtem Wetter ist die Unterstützung durch den zweiten Piloten erforderlich. In beiden Hubschraubern ist die Bedienung des Radars, des elektrooptischen Sensors und des Navigationssystems auf einen Arbeitsplatz beschränkt. Damit liegt in einem taktischen oder einem SAR-Szenario (Search and Rescue) die Hauptarbeitslast auf einer Person.

 

Umbruch NH90 NGEN

Der NH90 NGEN wird in verschiedenen Rüstzuständen in die Marine eingeführt. Die ersten Maschinen des Transporthubschraubers NTH werden mit dem Stand Step 1 ausgeliefert, der gewisse Funktionseinschränkungen hat. Die folgenden Hubschrauber werden mit dem Stand Step 2 ausgeliefert, der die Forderungen der Marine voll erfüllt. Die verbleibenden Step-1-Maschinen werden im Anschluss auf Step 2 umgerüstet. Dieser Rüstzustand bildet alle Fähigkeiten des französischen NH90 NFH (NATO Frigate Helicopter) ab.

Auf diesem französischen Rüstzustand basiert der Kampfhubschrauber MRFH, der mit zusätzlichen Funktionen, Sensoren und Effektoren den Rüstzustand Step 3 darstellt. Der vollständige Funktionsumfang für den MRFH wird mit dem Step 4 erreicht werden.

Im Vergleich zu Sea King und Sea Lynx bieten NTH und MRFH eine Vielzahl neuer Sensoren und dringend benötigter Effektoren. Diese werden alle über das Missionssystem konfiguriert, gesteuert und bedient. Dadurch bekommt das Management von Elektronik und Information einen deutlich höheren Stellenwert als bisher.

 

Sensoren

Der NH90 NGEN bietet mit dem Seeraumüberwachungsradar European Naval Radar (ENR) neue Möglichkeiten, die weit über die bisherigen Systeme hinausgehen. Das 360-Grad-Radar hat eine Reichweite von über 150 Meilen und kann in der Betriebsart Inverse Synthetic Aparture Radar (ISAR) Überwasserkontakte schematisch abbilden und klassifizieren. Neu ist auch die Möglichkeit, die Radar-Transponder von Luftfahrzeugen (Identification Friend Foe) abzufragen und die Informationen im Missionssystem darzustellen.

Hinzu kommt ein leistungsfähigerer elektrooptischer und Infrarotsensor (EO/IR), mit dem eine Entfernungsmessung und damit die genaue Positionsbestimmung eines Kontaktes möglich ist. Weiterhin verfügen NTH und MRFH über eine Anlage für den elektronischen Kampf (EloKa), mit der Signale aufgefasst, analysiert, zugeordnet und aufgezeichnet werden können. Dazu gehört auch das Erkennen von Bedrohungen und das Auslösen von Gegenmaßnahmen, beispielsweise das Ausstoßen von Radar- oder Infrarot-Täuschkörpern gegen einen Angriff durch Lenkflugkörper.

Das Automatische Identifizierungssystem (AIS) steht als weiterer Sensor zur Verfügung. Das für die Seefahrt entwickelte System ermöglicht die Anzeige von Schiffskontakten mit umfangreichen Zusatzinformationen. Zusätzlich können auch Luftfahrzeuge mit Sonderrollen, wie SAR-Hubschrauber, in diesem übergreifenden System dargestellt werden.

Der MRFH muss als Bordhubschrauber in einem Wirkverbund vor allem im Bereich der Unterwasser-Seekriegführung eingesetzt werden. Wie schon der Sea Lynx, besitzt er ein Tauchsonar, das im Schwebeflug eingesetzt wird und in verschiedenen Tiefen nach Unterwasserkontakten suchen kann. Im Gegensatz zum Sea Lynx arbeitet das Tauchsonar des MRFH im tieffrequenten Bereich, was zu deutlich höheren Auffassreichweiten führt. Zusätzlich kann der MRFH auch Sonarbojen abwerfen, kontrollieren und auswerten. Die Kombination von tieffrequentem Tauchsonar und Sonarbojen erlaubt zukünftig die Nutzung moderner bi- und multistatischer Ortungsverfahren mit großen Reichweiten.

 

Effektoren

Sowohl im NTH als auch im MRFH können bis zu zwei schwere Maschinengewehre M3M eingebaut werden. Bisher war nur die Einrüstung eines M3M möglich, sodass sich auch in diesem Bereich die operativen Möglichkeiten erweitern.

Wie der Sea Lynx verfügt auch der MRFH über die Fähigkeit, gegnerische Unterwasserziele mit modernen Torpedos vom Typ MU90 zu bekämpfen. Darüber hinaus kann der MRFH mit Seeziel-Lenkflugkörpern bewaffnet werden, wie dies auch beim Sea Lynx bis 2014 der Fall war. Diese sind allerdings nicht Teil des Projekts NH90, sondern müssen langwierig in einem separaten Prozess beschafft werden. Der neue Lenkflugkörper besitzt eine deutlich höhere Reichweite und kann auch gegen Landziele eingesetzt werden. Dies erfordert die Anpassung oder Neuentwicklung entsprechender Einsatzverfahren.

 

Elektronik

Zusätzlich zur größeren Anzahl an Sensoren und Effektoren verfügen NTH und MRFH über neue Funk- und Datenverbindungen, darunter Satellitenkommunikation und taktischen Datenlink. Diese Geräte werden zentral über das Missionssystem bedient und gesteuert. Mit dem Umstieg auf NH90 NGEN ändert sich die „Knöpfchenkunde“ von früheren, überwiegend analogen Systemen in eine deutlich modernere, umfangreichere und digitale „Menü- und Systemkunde“. Um das Waffensystem NH90 effektiv und effizient einsetzen zu können, ist es unabdingbar, sich in den rund 2.000 Menüseiten schnell, verfahrens- und bediensicher zurechtzufinden – bereits in der Variante NTH und noch viel fordernder in der neuen Variante MRFH.

Die umfangreiche Elektronik an Bord des Hubschraubers lässt sich nicht mehr schnell vor dem Flug per Hand mit Daten füttern. Datenbanken, Frequenztabellen und digitale Karten sind nur einige der Informationen, die das System für einen effektiven Einsatz braucht. Diese Daten müssen mithilfe von Bodenstationen vorbereitet und dann mit Datenträgern in den Hubschrauber geladen werden – und zwar nicht nur für den operativen Bereich, sondern auch für den technischen Betrieb. Nach dem Flug müssen Daten vom Hubschrauber an die entsprechenden Bodenstationen übertragen werden: aufgezeichnete Informationen der elektrooptischen Sensorik, des Radars, der EloKa-Anlage, der Sonaranlage sowie die technischen Verbrauchs- und Betriebsdaten. Neben dem Marinefliegerstützpunkt Nordholz müssen diese Bodenstationen auch an den SAR-Außenstellen, auf den Einsatzgruppenversorgern und den Fregatten mit eingeschifften Hubschraubern vorhanden sein. Für den Einsatz an Bord wird die Bodenstation um ein mobiles System für die Wartung, Logistik und Betriebsführung des NH90 NGEN ergänzt.

 

Informationsmanagement

Durch die höhere Anzahl von Sensoren, Effektoren und Kommunikationsverbindungen erhöht sich zwangsläufig auch die Informationsdatenmenge. Das effiziente interne und externe Management dieser Informationen ist die wichtigste Voraussetzung für einen effektiven Einsatz dieses modernen Hubschraubers.

Beim internen Informationsmanagement geht es darum, wer welchen Sensor bedient und wer welche vom Missionssystem bereitgestellten Daten nutzt und interpretiert. Dies wird durch die verschiedenen Multifunktionsdisplays im Hubschrauber ermöglicht, die je nach Einsatzszenario andere Daten und Funktionen darstellen können. Beim externen Informationsmanagement geht es darum, wer welche Daten an externe Stellen, beispielsweise ein Schiff oder eine Kontrollstelle an Land, übermittelt oder von diesen anfordert. Für die Erstellung und ganz besonders die Übermittlung des Lagebildes bietet der NH90 ab Step 2 deutlich erweiterte Kapazitäten, beispielsweise durch die Einrüstung eines verbesserten taktischen Datenlinks. Vor dem Hintergrund der rasanten und notwendigen Entwicklung in der Digitalisierung der Führungsfähigkeiten ist dies eine wichtige und entscheidende Voraussetzung für zukünftige Einsatzmöglichkeiten. Allerdings erhöht der Datenaustausch über Link das Arbeitspensum derzeit enorm. An Bord von Schiffen oder Seeraumüberwachungsflugzeugen gibt es dafür einen Operateur, der sich um nichts anderes kümmert, als das Link-System zu bedienen.

Eine Konzentration all dieser Aufgaben auf eine Arbeitsstation, wie dies bei Sea King und Sea Lynx der Fall war, ist ablauftechnisch nicht mehr darstellbar. Im NH90 ist die Bedienung des Missionssystems an jedem Arbeitsplatz im Hubschrauber möglich, sodass die vielfältigen Aufgaben von mehreren Besatzungsmitgliedern gleichzeitig bearbeitet werden können. Je nachdem wie anspruchsvoll die Mission ist, sind neben dem Piloten ein bis drei weitere Operateure notwendig, um den Hubschrauber effektiv einzusetzen. Am unteren Ende des Leistungsspektrums steht dabei ein Transportflug an Land, bei Tag und ohne Bedrohung, bei dem eine Besatzung von drei Personen ausreicht, um lediglich eine Navigationsroute abzufliegen. Am oberen Ende des Spektrums steht ein taktischer Sonareinsatz an Bord einer Fregatte bei Nacht in einem taktischen Szenario mit Bedrohung. Hier sind vier Personen notwendig, um ein Luft-, Überwasser- und Unterwasserlagebild zu erstellen und zu halten sowie schnell auf Lageänderungen zu reagieren. Dementsprechend muss die Besatzungszusammenstellung flexibel genug sein, um die unterschiedlichen Missionsanforderungen abdecken zu können. Zusätzlich ist es in manchen komplexen Szenarien unbedingt erforderlich, dass der linke Pilot das Missionssystem und die Sensoren zielgerichtet bedienen kann. Zukünftig werden die Einsatzmöglichkeiten also nicht mehr nur durch die Rüstrolle des Hubschraubers bestimmt, sondern vor allem durch die fachliche und systemische Qualifikation der Besatzung.

 

Folgen für die Gestaltungsbereiche

Die Folgen für die einzelnen Gestaltungsbereiche werden nur stichpunktartig aufgezeigt. Wesentlich ist der Umgang mit der Komplexität des Waffensystems und die verstärkte Nutzung der Gemeinsamkeiten zwischen NTH und MRFH.

·         Personal: Die große Ähnlichkeit zwischen NTH und MRFH ermöglicht einen Verwendungsaufbau über beide Varianten.

·        Ausbildung, Einsatz, Übungen: Die neuen Einsatzmöglichkeiten der Hubschrauber müssen im Rahmen der Einsatzprüfung in den anspruchsvollsten Szenarien der Unter- und Überwasserseekriegführung ermittelt und danach in weiteren Übungen zielgerichtet ausgebaut und gefestigt werden.

·        Material, Ausrüstung: Neue Fähigkeiten erfordern die Beschaffung von zusätzlichem Material wie Sonarbojen oder Seeziel-Lenkflugkörper. Ziel muss es sein, die notwendige Bewaffnung für einen Kampfhubschrauber so rechtzeitig zu beschaffen, dass die Bekämpfung von Unter- und Überwasserzielen schon während der Einsatzprüfung erprobt werden kann.

·        Multinationalität: Die neuen Möglichkeiten bei der multinationalen Zusammenarbeit auf operativer Ebene, insbesondere mit anderen NH90-Nutzern, müssen bei gemeinsamen Übungen kontinuierlich erprobt werden. Auf planerischer Ebene scheint die Beschaffung und Integration von neuen Effektoren wie modernen Lenkflugkörpern oder Torpedos in einem multinationalen Verbund eher möglich zu sein. Hier gilt es, Beschaffungsprozesse durch die gegenseitige Anerkennung von Zulassungsdokumenten für eine rechtzeitige Auslieferung und zügige Nutzung zu beschleunigen.

·        Infrastruktur: Der NH90 ist deutlich größer und schwerer als der Sea Lynx. Dadurch ist auch der Platzbedarf zum Abstellen sowie zur Wartung und Instandsetzung für die NH90-Flotte größer als der bisherige Platzbedarf für Sea King und Sea Lynx zusammen. Durch die leistungsfähigen Seeziel-Lenkflugkörper sind bei Landabstützung entsprechende große Sicherheitsabstände bei der Lagerung sowie Be- und Entladung der Waffen zu beachten. Die Infrastruktur-Prozesse dauern derzeit so lange, dass Baumaßnahmen, beispielsweise für den Simulator des MRFH, schon vor Vertragsschluss für den Hubschrauber beauftragt werden müssten. Da dies nicht möglich ist, muss man gegebenenfalls alternative Möglichkeiten betrachten.

·        Methoden, Verfahren: Die neuen Möglichkeiten des NH90 bei der fliegerischen Unterstützung des Piloten sowie die verbesserte Sensor-, Effektor- und Missionsausstattung erlauben die Erarbeitung erforderlicher neuer fliegerischer und taktischer Verfahren. Abhängig von der Mission ist für die taktische Vor- und Nachbereitung der Flüge die Unterstützung durch fachspezifisch ausgebildetes Personal und die Verfügbarkeit einer Sono-Bodenstation und einer EloKa-Bodenstation zwingend notwendig. Die operative Bewertung der Bedarfe zur Beschaffung von Täuschkörpern (Chaff und Flare) sowie entsprechende Wirksamkeitsuntersuchungen müssen mit munitionstechnischer Fachexpertise begleitet werden.

·        Konzeption, Konzepte: Die Möglichkeit, das Missionssystem über Multifunktionsdisplays an allen Arbeitsplätzen bedienen zu können, muss bei der Zusammenstellung und Qualifikation der Besatzung berücksichtigt werden.

·        Organisation, Betrieb: Die zahlreichen IT-Systeme bieten die Möglichkeit, die unterschiedlichen Einsatz-Szenarien von öffentlich bis eingestuft in unterschiedlichen Konstellationen abzubilden. Dieses bedingt eine intensive IT-Unterstützung vor, während und nach den Missionen für einen optimalen, effektiven Einsatz der Hubschrauber. Die Abläufe für den Flugbetrieb und den Einsatz an Bord von Einsatzgruppenversorgern und Fregatten müssen durch die umfangreicheren Fähigkeiten der Hubschrauber angepasst werden.

Ausblick in die Zukunft

Die Nachfolge für die Sea Lynx soll ein Gesamtsystem aus einer bemannten und einer unbemannten Komponente sein, die zusammen im Manned-Unmanned Teaming (MUM-T) eingesetzt werden können. Mit der Auswahlentscheidung für den Kampfhubschrauber NH90 MRFH ist die bemannte Komponente vorbehaltlich der parlamentarischen Billigung festgelegt. Die Integration von MUM-T soll im Rüstzustand Step 4 erfolgen. Die genauen Anforderungen an die unbemannte Komponente müssen noch weiter spezifiziert werden.

Trotzdem bietet es sich schon jetzt an, den aktuellen Stand der Technik zu verfolgen und mögliche Forderungen der Marine in Forschungsvorhaben einzubringen und umzusetzen. Erste Ideen umfassen die automatisierte Aufklärung von Kontakten in einem Seegebiet im Rahmen der Überwasser-Seekriegführung und die Suche nach Personen in einem Seenotrettungsfall. In beiden Szenarien ist es hilfreich, wenn bei der Suche in einem Einsatzgebiet die Daten mehrerer Sensoren wie Radar, AIS und EO/IR übereinandergelegt oder fusioniert werden. Dies hilft im SAR-Fall die Entdeckungswahrscheinlichkeit zu erhöhen und erlaubt bei der Suche nach Kontakten eine erste Klassifizierung.

Auf längere Sicht ist es denkbar, unbemannte Systeme auch im Rahmen der Unterwasser-Seekriegführung einzusetzen. In diesem Szenario könnten sie Sonarbojen verbringen und deren Signale zur Auswertung weiterleiten, als Relaisstation für die Funkverbindung zwischen Schiff und Hubschrauber über größere Entfernungen dienen oder auch im Teaming mit einem Seefernaufklärer eingesetzt werden. Dafür ist unter anderem die Weiterentwicklung der Zulassungsverfahren notwendig, da das Abwerfen von Sonarbojen aus einem unbemannten System die Akzeptanz eines gewissen Risikos zukünftig erfordern wird.

Um noch weiter in die Zukunft zu blicken, werden hier drei Themen vorgestellt, die sich noch in einem multinationalen Entwicklungsstadium befinden, aber großes Potenzial für zukünftige Anwendungen bieten.

Die Firma Raytheon hat ein Unmanned Underwater Vehicle (UUV) entwickelt, das zur Identifikation und Zerstörung von Minen eingesetzt werden kann. In der finalen Version soll das UUV nur noch so groß wie eine Sonarboje sein. Damit könnte ein NH90 zukünftig bis zu 20 dieser UUV aus der Luft einsetzen.

Die Firma Ultra Electronics hat ein Unmanned Aerial Vehicle (UAV) entwickelt, das nur noch halb so groß ist wie eine Standard-Sonarboje. Das UAV kann aus einem Bojenwerfer gestartet werden und hat ca. eine Stunde Flugzeit. Ein NH90 NGEN könnte somit insgesamt 20 UAV oder zwei Schwärme von jeweils zehn UAV starten, um die Missionsziele zu erreichen.

Die Firma DSG hat superkavitierende Munition im Kaliber 12,7 Millimeter entwickelt, mit der man vom Hubschrauber aus ins Wasser schießen kann. Die Bauart des Geschosses eliminiert Querschläger fast vollständig und erlaubt eine große Eindringtiefe ins Wasser. Nach Angaben von DSG soll ein Geschoss des Kalibers 12,7 Millimeter nach 20 Metern Transit durch das Wasser noch eine 20 Millimeter dicke Stahlplatte durchschlagen. Damit könnte der NH90 mit dem schweren Maschinengewehr M3M auch gegen Ziele im Flachwasser, beispielsweise Minen, UUV, U-Boote oder Torpedos, eingesetzt werden.

 

Fazit

Der NH90 NGEN bringt viele neue Fähigkeiten und erhebliches Potenzial für die Zukunft mit sich. Durch die Ähnlichkeit der beiden Versionen NTH und MRFH ergeben sich operative und technisch-logistische Synergien. Um die neuen Fähigkeiten effektiv nutzen zu können, ist ein Umdenken zwingend notwendig. Vor allem die gestiegenen Anforderungen in den Bereichen Informationsmanagement, IT-Ausrüstung und -Anbindung, Unterstützung durch externes Fachpersonal sowie die Bekämpfung von Zielen auf große Entfernungen haben gravierende Auswirkungen. Diese beeinflussen die Zusammenstellung und Qualifikation der Besatzungen, die Abläufe für die Vor- und Nachbereitung der Flüge sowie die komplexen Einsatzverfahren. Die unveränderte Übernahme bestehender Verfahren und Abläufe auf den NH90 ist nicht sinnvoll, da so die neuen Fähigkeiten nicht effizient oder gar nicht genutzt werden können.

Die Abnahme des Hubschraubers NH90 (90 steht für die 1990er-Jahre!) 30 Jahre nach der ersten Konzeption zeigt, dass viele Prozesse zu bürokratisch sind und zu lange dauern. Mit der Einführung des NH90 NGEN bietet sich die Chance, alle Prozesse und Strukturen zu überprüfen, um sie zu verschlanken. Auch hier ist ein Umdenken notwendig – und zwar auf allen Ebenen.

 

 

Text: Markus Kafurke, Fotos: Bundeswehr/MFG 3

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