Reichlich Arbeit für die zukünftigen 25er bietet die Fregatte 125 ©Angres

Reichlich Arbeit für die zukünftigen 25er bietet die Fregatte 125 ©Angres

Karriere in der Marine: Frischzellenkur 25er

Seit Anfang der Neunzigerjahre wird die Bundeswehr an den sich ändernden sicherheitspolitischen Herausforderungen ausgerichtet. In diesem Prozess reduzierte sich der Dienstpostenumfang der Marine von rund 30 000 auf aktuell rund 15 000, der Umfang schwimmender und fliegender Waffensysteme von rund 380 auf rund 110. Gleichzeitig nahm die Einsatzintensität für die Marine zu. Aktuell ist sie in sechs internationalen Einsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen präsent und unterstützt national den Kampf gegen die Pandemie. Darüber hinaus setzt die Marine ihren Modernisierungsprozess fort.

Um dem gerecht zu werden, ist die kleinste Marine aller Zeiten daher darauf angewiesen, die Einsatzbereitschaft ihrer Kräfte zu gewährleisten. Dem Gewinnen und Ausbilden des dafür benötigten Personals kommt deshalb eine strategische Bedeutung zu. Mit der Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ hat sich die Bundeswehr 2014 das Ziel gesetzt, in die Spitzengruppe der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland vorzustoßen und sich dort zu etablieren. Die dafür ergriffenen Maßnahmen umfassen gesetzliche Neuregelungen, bessere Arbeitsbedingungen, höhere Besoldung, die Vergabe von Prämien und eine verbesserte soziale Absicherung. Darüber hinaus hat die Marine Personalwerbe- und Entwicklungsteams in den Verbänden aufgestellt, Boote zur Nachwuchsgewinnung umgebaut sowie die Seefahrerzulage eingeführt. Auch wenn es noch nicht überall spürbar ist, befindet sich die Marine seitdem auf einem personellen Wachstumskurs. Die Besetzungslage liegt dadurch zurzeit auf einem grundsätzlich befriedigenden Niveau.

Die Einschränkung „grundsätzlich“ muss gemacht werden, weil es trotz aller Initiativen seit Jahren nicht gelingt, den Bedarf in einzelnen Fachrichtungen zu decken. Dies gilt insbesondere für den Operationsdienst, der für den Waffeneinsatz an Bord unabdingbar ist. Auf der Meister- und Gesellenebene kann jeder fünfte Dienstposten nicht besetzt werden. Es wird zunehmend deutlich, dass Prämien, Zulagen und Werbeteams zwar zeitgemäße Anreize zur Gewinnung von Personal sind, diese Instrumente allein aber nicht ausreichen. Diese Erkenntnis ist umso alarmierender, je mehr der Konkurrenzdruck beim Werben um die Generation Z zunimmt. Gründe hierfür sind vor allem der Fachkräftemangel und die demografische Entwicklung. Die Marine muss daher schnell sein, Zugang zu möglichen Bewerberinnen und Bewerbern zu bekommen.

Die Rollen und Funktionen an Bord ändern sich durch die neue Verwendungsreihe nicht ©Deutsche Marine

Die Rollen und Funktionen an Bord ändern sich durch die neue Verwendungsreihe nicht ©Deutsche Marine

Strukturen auf dem Prüfstand
Die Marine hat trotz ihrer Verkleinerung den Umfang ihrer operativen Verwendungsreihen und der dazugehörigen Ausbildungssystematik beibehalten. Diese ist dadurch so fragmen-tiert und kleinteilig geworden, dass die dafür erforderliche Regeneration spürbar erschwert wird. Lehrgänge, die nur ein- bis zweimal im Jahr stattfinden, mussten bereits aufgrund fehlender Teilnehmer abgesagt werden. Für die betroffenen Soldatinnen und Soldaten be-deutet dies häufig lange Wartezeiten für die Fachausbildung, was die Einsatzfähigkeit der Truppe beeinträchtigt. Man bedient sich also bei ausgebildetem Personal anderer Einheiten, den Springern – und nimmt deren Mehrbelastung bewusst in Kauf. Diese starre Bindung geht zu Lasten von Flexibilität und Attraktivität. Fazit: Der Personalgewinnungsorganisation der Bundeswehr wird das Einstellen des dringend benötigten Personals erschwert und die Schulen der Marine können keinen ausreichenden Nachwuchs qualifizieren. Die Strukturen müssen deshalb modernisiert werden und Antworten auf die folgenden Fragen geben:

- Wie kann es gelingen, sich von dieser Komplexität und den damit einhergehenden kleinen Zahlen zu verabschieden, damit Personal einfacher einzustellen ist?
- Was wäre, wenn wir die Ausbildungssystematik thematisch vergleichbarer Fachrichtungen in einer gemeinsamen Basisausbildung zusammenführen würden?
- Wie kann sichergestellt werden, dass die Fachausbildung nicht ausfällt und Wartezeiten der Geschichte angehören?
- Wie gelingt es uns, attraktive Weiterqualifizierungsmöglichkeiten zu schaffen und den Personaleinsatz zu flexibilisieren?

Einfach und flexibel
Antworten auf diese Fragen wird ab Oktober 2021 die neue Verwendungsreihe 25, der Waffeneinsatzunteroffizier, geben. Die Abteilung Personal, Ausbildung und Organisation des Marinekommandos hat dazu mit den Einsatzverbänden, der Marineoperationsschule sowie dem Bundesamt für das Personalmanagement eine Arbeitsgemeinschaft zur Neustrukturierung des Operationsdienstes gebildet.

Ausgangspunkt war die Überzeugung aller Beteiligten, dass es zu keinen fachlichen Einbußen kommen darf. Der Neuansatz dient allein dem Ziel, einfacher und flexibler mehr Personal zu gewinnen, auszubilden, zu entwickeln und einzusetzen. Entstanden ist eine neue Verwendungsreihe inklusive Lehrgangs, die einvernehmlich den Bedarfsträgerforderungen aller Einsatzverbände Rechnung trägt. Sie bewahrt die bestehenden Fachrichtungen und erhält deren Ausbildungstiefe. Gleichzeitig öffnet sie sich für eine größere Zahl ziviler Einstiegsberufe, verfügt über mehr staatliche Aus- und Fortbildungsgänge, die auch im zivilen Bereich anerkannt werden und erleichtert Weiterqualifizierungen. Die zentralen Merkmale lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Eine Verwendungsreihe, die sich aus den bisherigen Tätigkeiten Überwasseroperationsdienst, Unterwasseroperationsdienst, Signaldienst und Elektronischer Kampf speist. Sie berücksichtigt neben den seegehenden erstmalig auch die fliegenden Waffensysteme.

Mit dem neuen Ansatz soll Personal einfacher und flexibler gewonnen werden ©Deutsche Marine

Mit dem neuen Ansatz soll Personal einfacher und flexibler gewonnen werden ©Deutsche Marine

Ein Lehrgang, der die Inhalte der bisherigen vier Verwendungsreihen zusammenführt und in jedem Quartal neu beginnt. Analog zu Marinen anderer NATO-Partner werden zentrale An-teile des Signaldienstes zukünftig nur ein buchbares Modul sein. Der Fachlehrgang des Waffeneinsatzunteroffiziers wird in zwei Teile untergliedert. Teil A werden die Meister- und Gesellenebene gemeinsam besuchen, während Teil B nur für Meister vorgesehen ist. Die Spezialisierung hinsichtlich Waffensystem und fachlichem Schwerpunkt (Überwasser-, Unterwasser-, Elektronischer Kampf) erfolgt nach Durchlaufen dieser querschnittlichen Basisausbildung. Die Zuordnung des fachlichen Schwerpunktes erfolgt erst zur Halbzeit der A-wertigen Ausbildung, sodass Talente ebenso berücksichtigt werden können wie zwischen-zeitlich veränderte fachliche Bedarfe.

Vereinfachte Ausschreibung: Freie Stellen werden nur noch nach Dienstort und Waffensystem ausgeschrieben. Die Karrierecenter holen den 25er in die Marine. Die konkrete Verwendung und der fachliche Schwerpunkt ergeben sich aber entgegen bisheriger Praxis erst nach Dienstantritt.

Das Zusammenführen dieser vier Tätigkeitsbereiche in einer zahlenmäßig deutlich stärkeren Verwendungsreihe 25 erleichtert das Bewerben des Operationsdienstes der Marine sowie das Ansprechen und Beraten der Zielgruppe erheblich. Um die Karriereberatung zu unter-stützen, werden ihr Medien zur Verfügung gestellt, die dem Informations- und digitalen Konsumverhalten der Digital Natives entsprechen. Dabei handelt es sich beispielsweise um videobasierte Jobportraits und digitale Factsheets.

Vom Zusammenlegen wird auch die Ausbildungssystematik profitieren. Der Basislehrgang und das Erhöhen der Ausbildungsdurchführungen setzt den Kleinstlehrgängen ebenso ein Ende wie den Wartezeiten oder Ausfällen. Die verbesserte Planbarkeit für Soldat, Truppe und Ausbildungseinrichtung wird Motivation und Zufriedenheit stärken sowie zu einer höheren Einsatzbereitschaft beitragen.

Die Verwendungsreihe 25 reagiert auch auf das Streben der Generation Z nach Bildung, abwechslungsreichen Tätigkeiten sowie der Möglichkeit zum lebenslangen Lernen. Durch die gemeinsame Basisausbildung hat jeder 25er die Möglichkeit, sich unkompliziert in einem weiteren fachlichen Schwerpunkt zu qualifizieren. Dieser Ansatz ist ein operativer Mehrgewinn, weil zukünftig fachlich breiter befähigtes Personal in der Waffeneinsatzzentrale dient. In Verbindung mit Ausbildungs- und Erfahrungsgewinn an Bord verringert sich die Abhängigkeit vom „Springertum“. Außerdem erhöhen sich Ersatzmöglichkeiten im Gefecht, wenn es zu personellen Ausfällen kommen sollte.

Auch die Personalführung wird mehr Gestaltungsspielraum erhalten. Es wird ihr zukünftig leichter fallen, Personal zu entwickeln, Verlängerungen von Zeitverträgen zu entsprechen, dem Wunsch nach Regionalität nachzukommen oder aber auf veränderte Bedarfe zu reagieren.

Innovativ in der Vermarktung
Das Bewerben dieser neuen Verwendungsreihe folgt dem Ansatz: „Ein Paket – breite Vermarktung – mehrere Abholpunkte“. Es wurde parallel zur Neustrukturierung in enger Abstimmung mit der Personalgewinnungsorganisation entwickelt und greift auf innovative Ansätze zurück.

Konkret bedeutet dies, dass die Karriereberatung bereits jetzt die Zielgruppe sondiert und bei Interessierten erste Impulse setzt. Anfang September veranstaltet die Personalgewinnungsorganisation die erste virtuelle Karrieremesse für die Marine mit der Bezeichnung „Mission Marine“. Neben hochinformativen Live-Sessions, insbesondere zum Waffeneinsatzunteroffizier, oder der Chatmöglichkeit mit Expertinnen und Experten, erhalten die Interessierten die Gelegenheit, sich von den Berufsangeboten der Marine einfach und zeitgemäß auf dem Smartphone zu überzeugen. Die Karriereberatung wird zudem stärker digitalisiert. So wird es möglich sein, online Assessmenttermine zu vereinbaren und sich mittels interaktiver Fregatte und videobasierter Jobportraits zu informieren.

Die Werbeaktion „Mission Marine“ wird auch genutzt, um auf die sich anschließenden Bewerberwochen in Wilhelmshaven, Kiel und Rostock Ende September und Anfang Oktober hinzuweisen. Interessierte erhalten die Gelegenheit, sich von der Marine „live und in Farbe“ zu überzeugen und einen Tag mit Eventcharakter an der Küste zu erleben. Sie können ausgewählte Assessmentanteile absolvieren und sich vor Ort im Verband bereits auf konkrete Stellen vormerken lassen. Das abschließende Assessment folgt zeitnah in einem Karrierecenter der Bundeswehr. Dieses ganzheitliche Vorgehen von Marine und Personalgewinnungsorganisation synchronisiert Bedarfsfeststellung, Werbung, Assessment und Einplanung. Es wird wichtig sein, Marine und die Seefahrt virtuell noch besser abzubilden. Ideen hierzu befinden sich bereits in der Ausplanung.

Zuversichtlich in die Zukunft
Wenn ab Oktober 2021 nach nur rund neun Monaten Planungszeit die ersten Bewerberinnen und Bewerber für diese neue Verwendungsreihe eingestellt werden, hat die Arbeitsgemeinschaft Außergewöhnliches geleistet. Mit der neuen Verwendungsreihe 25, dem Waffeneinsatzunteroffizier, bekommt die Marine ein neues attraktives Tätigkeitsbild. Es wird das Gewinnen von Personal erleichtern und die Neustrukturierung der Ausbildung gemäß der Agenda Ausbildung abschließen. Außerdem wird der Personaleinsatz flexibilisiert und den Ansprüchen der Generation Z sowie ihrer Motivation besser Rechnung getragen. Wenn sich die Erwartungen erfüllen, könnte die neue Verwendungsreihe durchaus als Vorbild für weitere Tätigkeitsbereiche dienen.

Autoren: Stephan Küttler und Patrick Pape. Kapitän zur See Stephan Küttler ist Gruppenleiter in der Abteilung PAO des Marinekommandos. Kapitän zur See Patrick Pape ist Leiter des Bundeswehr-Karrierecenters Berlin.

 

1 Kommentar

  1. Was ist mit der Berufsbindung für die ehemaligen 24/27?
    Entfällt diese bei Einstellung als 25er?
    Wie will man unentschlossene Bewerber zur Marine bewegen, wenn an Der Küste ein Tag „Eventcharakter“ stattfinden soll?!
    Ich hoffe, dass diese nicht mit aktiven Seefahrern der Waffeneinsatzunteroffiziere zusammentreffen.
    Diese werden die „Attraktivität“ der Seefahrt genüsslich in alles Einzelheiten beschreiben:
    Man kommt nur teilausgebildet an Bord, muss noch etliche Lehrgänge besuchen (Stichwort Batterieleiter, TSSA, ASG), wobei die Lehrgänge gnadenlos ausgebucht sind und teilweise über 100 Wartelistenplätze haben. Dann wird man endlich einen Lehrgang zugewiesen, darf aber nicht teilnehmen, weil das Schiff wieder in den Einsatz geht.
    Ist das Schiff nach dem Einsatz zu Hause, geht es auf einem anderen Schiff in die Einsatzvorbereitung, immer noch ohne die erforderlichen Lehrgänge.
    Man kommt wieder, darf endlich den ASG-Lehrgang machen um dann die Wache zu entlasten, welche schon teilweise 400 Überstunden vor sich her schiebt.
    Man macht jetzt aber selbst Stunden, welchen man dann abbauen muss und bekommt Ende August gesagt: sieh mal zu, dass du von deinem Urlaub runter kommst. Das wiederum ist kaum möglich, da Mann zwar noch 60 Tage übrig hat, aber das Schiff auch noch 10 Wochen Seefahrt dieses Jahr auf dem Zettel hat…

    Anders.Als.Attraktiv

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