Publik Private Partnership Schlepper Spiekeroog ©bundeswehr.de

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Private Public Partnerships – zu welchem Preis?

Private Public Partnership hieß zu Beginn der 2000er-Jahre das Zauberwort, das Konzept wurde als der Heilsbringer für Dienstleistungen im öffentlichen Sektor versprochen. Im Kern handelt es sich um die Idee, Dienstleistungen von Staat und Behörden – an sich selbst wohlgemerkt – zu privatisieren, um sie schlanker, effizienter und vor allem profitabel zu machen. Trotz der Abgabe des operationellen Geschäftes sollte der Bund ganz oder zumindest mehrheitlich die Kontrolle über die Anteile der neu geschaffenen Firmen und somit die Gewinne behalten. Auch im Bundesverteidigungsministerium (BMVg) ist man damals auf den Geschmack gekommen: So wurden beispielsweise die Aufgaben der Kleiderkasse der Bundeswehr durch die LH Bundeswehr Bekleidungsgesellschaft übernommen, alle nicht „reinrassig militärischen“ Fahrzeuge werden von der Firma Bw Fuhrpark Service verwaltet und die Firma Heeresinstandsetzungslogistik HIL ist für die Instandhaltung und Wartung von militärischen Rad- und Kettenfahrzeugen zuständig.

Mittlerweile ist genug Zeit verstrichen, um ein belastbares Fazit ziehen zu können. Und sagen wir es so, die Ergebnisse sind durchwachsen. Nicht selten führte die Umsetzung von PPPs zu keinem spürbaren Mehrwert für den Nutzer, oft bei gestiegenem finanziellem Aufwand. Insgesamt kann man sagen, dass es genau abzuwägen gilt, ob es wünschenswert ist bei oft bei gleichzeitigem Verlust von militärischem Fachwissen und Fähigkeiten beim Personal eine schlankere Dienstleistung zu entsprechend geringeren Preisen einzutauschen, die vielleicht am Ende eben doch teurer wird, um die entstandenen Verluste und Defizite auszugleichen.

Die Marine & die Schlepper
Nun ist es so, dass die Deutsche Marine für den eigenen Seebetrieb mehrere Schlepper einsetzt, diese wiederum weitere Aufgaben für die Marine und die Bundeswehr übernehmen, beziehungsweise über spezifisches Fachwissen verfügen, das nicht beliebig zur Verfügung steht. Im April 2021 stellte der liberale Abgeordnete Christian Sauter, Mitglied im Verteidigungsausschuss, der Bundesregierung diese Frage:

Wie wird der aufgrund des hohen Alters der eingesetzten handelsüblichen Schlepper zu erwartende vollständige Wegfall der eigenen Fähigkeit Schleppen im küstennahen Bereich der Ostsee verhindert, und wie kann die Marine kurzfristig und 24 Stunden am Tag bzw. sieben Tage die Woche die Mobilitätsautarkie der Flotte unter gleichzeitig dringend gebotener Gewährleistung der Sicherheit von Schlüsseltechnologie (s. Weißbuch zu U-Boote, S. 57 ff.) und ihrer fachmännischen Handhabe durch Schleppleistungen sicherstellen?

In der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Thomas Silberhorn vom 26.04.2021 kann man lesen:

Die Bundeswehr betreibt einen Bergungsschlepper der Klasse 720, zwei Hochseeschlepper der Klasse 722, sechs Hafenschlepper der Klasse 725 sowie sieben Schleppbarkassen der Klassen 945 und 946, die unter anderem die Fähigkeit zum Schleppen und Bergen auf hoher See sowie zum Schleppen, Bugsieren und Unterstützen im küstennahen Bereich sowohl in der Ostsee als auch in der Nordsee bereitstellen. Diese Schleppfahrzeuge erreichen ihr geplantes Nutzungsdauerende ab 2025; eine Anpassung der Nutzungsdauer ist möglich. Mit dem Ziel des bruchfreien Erhalts u. a. der durch diese Schleppfahrzeuge bereitgestellten Fähigkeiten wurde 2020 das Projekt „Erhalt der Schlepp-, Manövrier- und Bugsierfähigkeit für seegehende Einheiten“ initiiert. Die Fähigkeit kann grundsätzlich mittels existierender und marktverfügbarer Technologien bereitgestellt werden. Hierfür sind verschiedene Arten der Leistungserbringung denkbar. Daher wird im Projekt gegenwärtig zunächst eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hinsichtlich aller potentiell bedarfsdeckenden Varianten mit dem Ziel einer zeitgerechten Bedarfsdeckung ab 2025 durchgeführt. Auf dieser Grundlage wird zu entscheiden sein, auf welche Weise die notwendige Fähigkeit zum Ende der Nutzungsdauer der Bergungs-, Hochsee- sowie Hafenschlepper und Schleppbarkassen bruchfrei zu erhalten ist. Derweil werden die anfallenden Schleppaufgaben zur Sicherstellung der Mobilitätsautarkie der Flotte grundsätzlich durch die marineeigenen Schleppeinheiten erbracht. Dieses umfasst neben dem Bugsieren und Bereitstellen notwendiger Schleppunterstützung bei An- und Ablegemanövern im Hafenbereich beispielsweise ebenso die Begleitung von Marineeinheiten (u. a. Unterseeboote) durch den Nord-Ostsee-Kanal. Des Weiteren können zusätzliche Bedarfe der Marine für den Bereich Kiel sowie die westliche Ostsee und angrenzende Häfen als auch in Wilhelmshaven durch zivile Dienstleister erbracht werden. Dazu wurden entsprechende Rahmenvereinbarungen geschlossen, die eine bedarfsgerechte Leistungserbringung grundsätzlich ermöglichen.

Ein Kommentar
Die Antwort des BMVg an den Abgeordneten Sauter ist gewohnt dürr. In der Deutschen Marine verrichten uralte Schlepper ihren Dienst, deren Lizenz und Nutzungsdauer bald abläuft. Aber es wird eben nicht nur geschleppt, was gerne in der Betrachtung untergeht: Außer Schleppen, Bugsieren und Sichern gibt es noch Reede-Shuttle, Taucher-Unterstützung, Schiessscheiben-Schleppen (mit Auswertung) und Überleben-auf-See-Training für alle (!) LuftfahrzeugführerInnen der Bundeswehr. Wenn also die Wangerooge außer Dienst gestellt wird, darf irgendwann kein Pilot der Luftwaffe mehr über See fliegen. Das ist also keine alleinige Marinefähigkeit.

Schlepper sind in der Priorität immer wieder nach hinten gereicht worden. Die meisten sind nahezu handelsüblich, werden von Bundesbediensteten-Seeleuten betrieben und stehen uns 24/7 zur Verfügung. Die Besatzungen sind sicherheitsüberprüft, in militärische Seefahrt eingewiesen, können Schiessauswertungen und einiges mehr. Der BRH meint jedenfalls, dass ginge auch im Outsourcing. Kommandanten machen in Stützpunkten, insbesondere bei heiklen Manövern, regelmäßig die Erfahrung, dass der Marineschlepper immer kommt und man muss denen nichts erklären.

Beispiel: Wenn die HFG F 1 („Seehunde“) geschleppt werden, muss man genaues Wissen haben, wie man antäut und wie schnell man fahren darf. Auch, dass so ein Ding magnetisiert sein könnte. Das weiß ein Bugsier-Angestellter (woher der auch immer kommt) meist nicht.

Es sind am Ende des Tages doch immer dieselben Argumente und es dreht sich wenig – die deutschen Werften brauchen verzweifelt Aufträge und im BMVg schwurbelt man etwas von "bruchfreier" Ablösung.

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