Am 31. März 2025 erreichte die „Ivan Papanin“, Russlands erster "Kampfeisbrecher", ihren Heimathafen Severomorsk, nachdem sie am 25. März beim Verlassen der Ostsee beobachtet wurde. Den Informationen der Nordflotte der Russischen Föderation nach soll das Schiff in den nächsten drei Monaten Eis-Erprobungen nahe Franz Josef Land, der Inselgruppe zwischen Svalbard und Severnaja Semlja etwa 1.000 Kilometer nördlich Murmansk, durchführen.

Russischer Kampfeisbrecher "Ivan Papanin". Foto: Michael Nitz
Die „Ivan Papanin“ ist kein klassischer Eisbrecher, sondern ein der Marine zugeordnetes Patrouillenschiff, das über eine Eisklasse von mindestens Arc6 verfügt. Das bedeutet die Fähigkeit, Eis bis zur Dicke von 1,6 Metern zu brechen. Sie wurde am 19. April 2017 als erstes Schiff des Projektes 23550 auf Kiel gelegt und am 25. Oktober 2019 vom Stapel gelassen. Ende Juni 2024 nahm sie in der Ostsee ihre Seeerprobung auf (Russland: Kampf-Eisbrecher in der Seeerprobung). Die technischen Daten des Projektes 23550 (Arktika) sind wie folgt: Länge 114,5 Meter, Breite 19,5 Meter, 6,5 Meter Tiefgang, etwa 8.500 Tonnen Verdrängung. Das Schiff ist mit einem diesel-elektrischen Antriebssystem ausgestattet, die beiden Antriebselektromotoren leisten jeweils 6.300 KW auf zwei Wellen. Neben einem 76,2 mm-Geschütz sowie zwei Maschinengewehrständen und Manpads Igla zur Flugabwehr verfügt sie über die Möglichkeit, containerisierte Kalibr-Marschflugkörpersysteme zu integrieren. Hubschrauberlandedeck und -hangar sind ausgelegt für einen Kamov Ka-27. Moderne ESM- (Electronic Support Measures) und ECM-Systeme (Electronic Counter Measures) zur Erfassung und Störung gehören zur Ausrüstung ebenso wie vier Täuschkörperwurfanlagen KT-216 vorn und achtern auf beiden Bordseiten. Auf der Steuerbordseite lässt sich mittschiffs ein variables Tiefensonar ausmachen. Mehrere Bootsladebuchten erlauben den Einsatz von RHIBs, aber auch von zwei Hochgeschwindigkeits-Patrouillenbooten Typ Raptor (Projekt 03160) und ein Luftkissen-Landungsboot vom Typ Manul (Projekt 23321). Auffällig am Achterdeck ist die mit einem Gummiwulst abgefenderte Heck-Plattform.
Einsatzkonzept und strategische Bedeutung
Die „Ivan Papanin“ ist mehr als ein herkömmlicher Eisbrecher. Ihr potentielles Aufgabenspektrum umfasst:
- Patrouillen- und Überwachungsaufgaben: Das Schiff soll den Schiffsverkehr überwachen und die wichtigen Handelsrouten kontrollieren können – insbesondere jene, die durch den Klimawandel neu erschlossen werden, wie etwa die Nordostpassage (russisch: Nördliche Seeroute, NSR).
- Rettungs- und Hilfseinsätze: Das Schiff ist dank robuster Bauweise und Zusatzausstattung in der Lage, in Notfallsituationen rasch und effektiv Unterstützung leisten und entlegene Einrichtungen in der Arktis versorgen zu können. Dazu gehören nach russischen Beschreibungen auch Feuerlöscheinsätze – wenn's in der Arktis mal brennt.
- Transport- und Versorgungseinsätze: Das Schiff soll eine dauerhafte Präsenz im hohen Norden durch logistische Versorgung entlegener Forschungsstationen und militärischer Einrichtungen gewährleisten können.
Veränderte Arktis
Der Klimawandel führt zu einer veränderten Eislandschaft in der Arktis, die einerseits neue wirtschaftliche Chancen eröffnet – etwa durch kürzere Handelsrouten und den Zugang zu bislang unerschlossenen Rohstoffvorkommen, andererseits aber auch weitreichende geopolitische Herausforderungen mit sich bringt. Hier wird der Kampfeisbrecher „Ivan Papanin“ durch das Kombinieren traditioneller Aufgaben eines Eisbrechers mit denen eines Patrouillen- und Schleppschiffs zu einem hochmodernen maritimen Instrument. Wenn auch die letztjährige Zielvorgabe des Kreml mit 80 Millionen Tonnen Güter auf der Nördlichen Arktikroute nur zur Hälfte erreicht wurden, so ist die wirtschaftliche und auch strategische Bedeutung dieses Seewegs unumstritten. Die offizielle Zielvorgabe für die Entwicklung der Nördlichen Seeroute sieht eine Verdoppelung der bisher geplanten Frachtrate bis Ende 2030 und bis 2035 eine weitere Steigerung auf 220 Millionen Tonnen vor. Dies beinhaltet einen verstärkten Auftritt auf dem globalen Markt für Flüssigerdgas, das im Bereich der Arktis gefördert werden soll. Russland unterhält dazu sieben Atom-Eisbrecher und das einzige arktische Atom-Frachtschiff, die „Sevmorput“.
Militärisch bietet die neue "Arktika"-Klasse als „Universeller Kampfeisbrecher“ den Vorteil, ein veritables Kriegsschiff mit langer Ausdauer für den Einsatz in hohen Breitengraden zur Verfügung zu haben. Russland plant offensichtlich den Bau einer "großen" Zahl ähnlicher Schiffe mit modernen Waffensystemen – mit Marschflugkörpern und Artillerie, mit Flugabwehrraketen und Elektronik.
Das Schwesterschiff der „Ivan Papanin“, die „Nikolai Subow“ befindet sich im fortgeschrittenen Baustadium. Für den FSB, den russischen Inlandsgeheimdienst, baut die Wyborger Werft unter dem Codenamen „Ermak“ zwei baugleiche Einheiten, die „Purga“ und die „Dserschinski“. Bei gleichem äußerem Erscheinungsbild werden sie sich auch in ihrer Bewaffnung nur geringfügig von der „Ivan Papanin“ unterscheiden. Nach jetzigem Stand sind allerdings auf dieser Version keine Flugkörper vorgesehen.

Russischer Kampfeisbrecher "Ivan Papanin". Foto: Michael Nitz
Moskau meint es ernst
Die „Ivan Papanin“ führt vor Augen, wie Russland durch aktuellen Schiffbau, moderne Technologie und ein vielseitiges Einsatzkonzept den sich wandelnden Herausforderungen im arktischen Raum entgegentritt. Strategisch symbolisiert die „Ivan Papanin“ Moskaus Willen, seiner Souveränität und strategischen Interessen im hohen Norden Nachdruck zu verleihen. Internationale Think Tanks zeichnen ein Bild, in dem Russland den Arktischen Raum nicht nur als Rohstoff- und Transportzone nutzt, sondern auch als Schauplatz einer neuen globalen Machtpolitik. Der Kampfeisbrecher ist ein weiterer Schritt in Richtung Militarisierung der Arktis. Andere Arktis-Anrainer dürfen jetzt nicht nur zusehen – allerdings sind die Übernahme Kanadas und der Kauf von Grönland durch die USA nicht als valide Lösungsansätze zu betrachten!
Text: Uwe Mergener, Michael Nitz, ajs
0 Kommentare