Beispielbild: 22-Jahre alter Supertanker „AbQaiq“ (333 Meter). Foto: US-Navy

Beispielbild: 22-Jahre alter Supertanker „AbQaiq“ (333 Meter). Foto: US-Navy

Straße von Hormuz: Sperrung

Die Angriffe auf den Iran haben Auswirkungen auf die Sicherheit der Seewege: warum die Sperrung teuer und tödlich sein kann - und warum Kapitäne auf nutzlose diplomatische Empfehlungen pfeifen

Die USA haben iranische Atomanlagen bombardiert. Ein vermeintlich territorialer Konflikt, der aus der Luft gelöst zu sein scheint, hat aber eine maritime Dimension – wieder einmal. Nicht nur, weil von See aus Marschflugkörper von Unterseebooten abgefeuert wurden. Und so nehmen die Mullahs die für die Schifffahrt bedeutsame Straße von Hormus ins Visier. Währenddessen treten auch zunehmend Störungen der Navigationssysteme von Schiffen in der Region auf – so berichten der SPIEGEL und HANSA International Journal.

Irans Parlament fordert, diese Wasserstraße zu sperren - auch wieder einmal. Das Nadelöhr zum arabischen Golf ist ein sogenannter Choke Point, eine Sperrung der Straße von Hormuz hätte massive Auswirkungen auf den internationalen Erdöl-Handel. Das iranische Parlament hat das aber noch nicht endgültig beschlossen. Dazu müsste der Oberste Nationale Sicherheitsrat zustimmen. Zudem geht wohl nichts ohne die Zustimmung von Ali Chamenei, dem Führer des Mullah-Regimes. Wie bei allen Meerengen hat auch diese wirtschaftlich eine zentrale Bedeutung für globale Öl-Handelsströme und die weltweite Energieversorgung. Über diese strategische bedeutsamen Passagen wird ein erheblicher Anteil des Ölhandels abgewickelt. Die ökonomischen Folgen von Unterbrechungen der Seepassagen an Choke Points gehen dementsprechend weit über die unmittelbaren Transportkosten hinaus.

Wie bedeutsam ist die Straße von Hormuz?

Rohöltanker „Ceres I“ vor Anker. Foto: marinetraffic, smp

Rohöltanker „Ceres I“ vor Anker. Foto: marinetraffic, smp

In Folge einer Sperrung wären Reedereien gezwungen, auf andere Transportwege auszuweichen, und derartige Umwege verzögern die Transportdauer und erhöhen die Transportkosten. Aber da es zur Straße von Hormuz eben keine Alternative gibt, sind bereits die Versicherungsprämien für Durchfahrten durch die Region gestiegen. Erste Frachtverträge wurden mit Risikoaufschlägen versehen. Die Straße von Hormus ist an der schmalsten Stelle nur 30 nautische Meilen breit. Zwischen der iranischen Larak-Insel und der Salama-Insel des Oman sind es lediglich 20 Seemeilen. Durch sie verläuft der gesamte Schiffsverkehr von und zu den Ölhäfen Kuwaits, Katars, Bahrains, des Irak, der Vereinigten Arabischen Emirate und Irans, dazu der größte Teil des saudischen Seeverkehrs. Die Straße ist das Verkehrsgebiet nach Asien, Europa und in die USA, in dem pro Tag und Schiff rund 1 Milliarde US-Dollar an Wert transportiert werden. Das summiert sich in manchen Jahren auf bis zu 40% des Welt-Ölverbrauchs.

Straße von Hormuz als Dauerkonflikt wegen des Iran-Atomprogramms

Die Bedrohungslage bleibt nach Einschätzung der dort stationierten Seestreitkräfte hoch. Sollte der Konflikt weiter eskalieren, könnten auch gezielte Angriffe auf Schifffahrtsrouten folgen. Die maritime Industrie steht mit den möglichen Folgen für Energiepreise, Versicherungskosten und globale Lieferketten vor einer neuen Phase geopolitischer Unsicherheit. Die kommenden Wochen dürften zeigen, ob die derzeitige Störstrategie ein gezieltes Druckmittel bleibt, oder in eine offene Konfrontation übergeht. Auch das ist in der Geschichte der Straße nicht neu. Bereits 2006/2007 drohte ein US-Angriff auf die Islamische Republik Iran wegen dessen Atomprogramms eine Schließung der Straße auszulösen. Daraufhin positioniert die USA Flugzeugträger in der Nähe der Meerenge. Im Dezember 2011 drohte der Iran ebenfalls mit der Sperrung der Straße von Hormus. 2014 entstand ein Plan Irans und des Oman, die Straße von Hormuz mit einer Straßenverbindung zwischen Iran und der omanischen Halbinsel Musendem per Dämmen und einer Brücke zu versehen. Daraus wurde bisher nichts. Diesmal ist es anders: jetzt haben die USA eingegriffen und nicht mehr nur gedroht, daher könnte man die Annahme treffen, dass auch die Mullahs nicht mehr nur drohen.

Müßige Reaktionen

Griechenland forderte seine Reedereien angeblich auf, alle Passagen durch die Straße von Hormus genau zu dokumentieren. Da aber jeder Schiffsführer seine Routen systemisch ohnehin aufzeichnet und ein „Logbuch“ geführt werden muss, fragt man sich, was das denn nun sein soll? Laut ungenannten Diplomatenkreisen beraten angeblich mehrere EU-Staaten über koordinierte Empfehlungen an ihre Handelsflotten. Welche Handelsflotten unter welchen Flaggen denn eigentlich? Auch hier sind Reedereien nicht auf politische Empfehlungen angewiesen, man weiß selbst, was vor Ort zu tun ist. Wenn es eine vernünftige Hilfe geben soll, dann ein ordentlicher Schutz gegen Angriffe und Störungen, oder am besten die Einstellung kriegerischer Maßnahmen. Oder eine Übereinkunft, wer am Ende den Preis bezahlen muss. Bisher ist es nur der Autofahrer an der Tankstelle. Der heimische Verbraucher ist aber das geringste Übel, wenn man die denkbaren Folgen aufzählt: Kampfhandlungen, Terroranschläge, Proxy-Reaktionen und viele Tote. Auch Seeleute sind gefährdet. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) forderte bereits 2024 einen Schutz der Schiffe durch die Deutsche Marine. Mit diplomatischen Empfehlungen kann ein Kapitän nämlich wenig anfangen.

Navigationssysteme werden gestört

Kartenausschnitt Straße von Hormuz. Grafik: Creative Commons by-sa-3.0 de

In der Straße von Hormus und im Arabischen Golf häufen sich zudem wieder einmal elektronische Störungen, die die Navigationssysteme beeinträchtigen. Laut dem multinationalen JMIC-Zentrum mehren sich Berichte aus der Region um Bandar Abbas, einem zentralen iranischen Marinestützpunkt. Betroffen ist vor allem das Automatic Identification System (AIS), das weltweit zur Positionsübermittlung genutzt wird. Die Folge: Schiffe „verschwinden“ temporär vom Bildschirm, Positionsdaten sind ungenau oder komplett blockiert. Auch die britische United Kingdom Maritime Trade Operations (UKMTO) meldete am Montag einen deutlichen Anstieg solcher Vorfälle. Technisch handelt es sich vermutlich um GPS-Jamming oder Spoofing – Methoden, bei denen Signale unterdrückt oder manipuliert werden. Das kann in stark befahrenen Seegebieten zu erheblichen Risiken führen, ist aber für erfahrene Besatzungen keine Überraschung. Bisher sind keine Kollisionen bekannt, doch Reedereien sprechen von zunehmender Unsicherheit. AIS gilt in der zivilen Seeschifffahrt als unverzichtbar. Seine Beeinträchtigung behindert Kommunikation und Kursführung. Das gilt nicht nur für schwierig zu manövrierende große Tanker, auch kleinere Schiffe sind auf verlässliche Navigationsdaten angewiesen. Der Ursprung der Störsignale ist laut JMIC zwar geolokalisiert, ein direkter Nachweis iranischer Urheberschaft fehlt aber bisher.

Erfahrene Schiffsführer beherrschen das Handwerk auch ohne GPS und AIS

Die Unruhe ist zwar groß, aber wenn die Kapitäne ihr Handwerk gelernt haben und auch geübt sind, darf ein Ausfall von GPS und AIS nicht automatisch zu Chaos und Kollision führen. Es gibt noch nautische Offiziere, die mit anderen technischen Systemen umgehen können und auch die Nutzung von althergebrachten Kommunikationssystemen beherrschen. Ob nun ein an Bord immer vorhandenes VHF-Funkgerät eingesetzt wird oder man sich an terrestrischen Marken orientiert: Ein Kapitän sollte den Ausfall von Systemen kompensieren können, sonst darf man ihm keinen Öltanker anvertrauen. Es kommt darauf an, sich nicht nur auf die Technik zu verlassen, sondern regelmäßig zu prüfen, ob alles plausibel ist. Experten sprechen hier von "situation awareness". Heißt, dass man Gefahren nicht erst dann bemerkt, wenn es zu spät ist. Scheinbar hat man das rechtzeitig gemerkt, das ist die gute Nachricht. Ob man nun die richtigen Schlüsse zieht, ist eine andere Frage.

Eines ist klar: auch dieser Konflikt ist ein maritimer – mit Auswirkungen auf unseren Frieden, Wohlstand und Sicherheit. Das ist mehr als nur der Preis an der Tankstelle oder die Margen für Reeder.

Lesen Sie auch hier über Bedrohungen des Welthandels: https://marineforum.online/tag/maritime-choke-points/

Text: Schlüter

Quellen: Spiegel, RD, Hansa

23. Juni 2025 | 0 Kommentare

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