UXO-Spezialschiff "Kamara" im Einsatz. Foto: Boskalis

UXO-Spezialschiff "Kamara" im Einsatz. Foto: Boskalis

Suche nach Blindgängern am Meeresboden

Kennen Sie die Abkürzung UXO? Die Abkürzung steht für „Unexploded Ordnance“, nicht explodierte Munition, umgangssprachlich auch Blindgänger genannt. Hierbei handelt es sich zumeist um Kampfmittelaltlasten, wie Raketen, Granaten oder Bomben, die nach Abschuss oder Abwurf nicht oder nicht vollständig explodiert sind.

In der deutschen Nord- und Ostsee lagern davon ca. 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und rund 5.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe, die im Zweiten Weltkrieg durch Militäroperationen oder danach durch Verklappung versenkt wurden. Diese jahrzehntealten Sprengstoffe stellen stets eine ernsthafte Gefahr dar. Allgemein werden diese bei Gefährdung der Schifffahrt durch die Kampfmittelräumdienste (KRD) entschärft, geborgen und der einzigen deutschen Entsorgungsanlage von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten in Munster der Vernichtung zugeführt.

Ankertaumine im niedersächsischen Wattenmeer. Foto: KRD-NDS

Es ist ein vielfach unterschätzter, oft unsichtbarer, aber gewichtiger Grund, bereits vor Baubeginn von Offshore-Windparks und der zugehörigen Kabeltrassen die Suche nach nicht explodierten Kampfmitteln abzuschließen. Die niederländische Firma Boskalis, eine weltweit agierende Firma mit mehr als 100 Jahren spezialisierter Erfahrung in den Bereichen Wasserbau, Küstenschutz und Landgewinnung, hat genau das für die Entwicklung eines Offshore-Windparks in der Ostsee erledigt. Mit ihrem Spezialschiff „Kamara“ wurden potenzielle Blindgänger aufgespürt, untersucht und wo erforderlich, auch beseitigt. Zusammen mit einem weiteren Schiff und unter Einsatz eines ferngesteuerten Tauchroboters sowie mit Tauchern wurden mehr als 770 Objekte auf der künftigen Kabeltrasse untersucht.

Zuwasserlassen des ferngesteuerten Tauchroboters. Foto: Boskalis

Die meisten konnten als harmlos eingestuft werden. Insgesamt 25 Blindgänger wurden sicher an Deck geborgen und den deutschen Behörden zur kontrollierten Vernichtung an Land übergeben. Ein gefundenes Raketengeschoss erwies sich jedoch als so unsicher, dass es als letzte verbleibende Option unter Wasser gesprengt werden musste. Die Sprengung erfolgte unter Einhaltung der strengen Umweltauflagen, die in deutschen Gewässern gelten. Neben den üblichen Akustik-Maßnahmen, die Meeresbewohner von der Sprengstelle weiträumig fernhalten sollen, werden zusätzliche Maßnahmen, wie ein doppelter "Blasenschleier", quasi als Vorhang und weitere umfangreiche Maßnahmen zur Lärmreduzierung und -überwachung eingesetzt, um die Beeinträchtigung der Meeresbewohner während der Sprengung auf ein Minimum zu reduzieren.

Gefährdungen durch UXO. Grafik: FFI

Gefahren durch UXO für Schifffahrt, Fischerei, Gesundheit und das Meeresökosystem. Grafik: FFI

Auch das Fraunhofer-Institut arbeitet gemeinsam mit Bergungsunternehmen derzeit an der Entwicklung eines schwimmenden Robotersystem, das eine teilautomatische Entsorgung ermöglichen soll. Die Beseitigung der Hinterlassenschaften ist gefährlich, aufwendig und teuer. Erste Tests sollen bald mit dem neu entworfenen Prototyp einer unbemannten, videogesteuerten Sammelvorrichtung für Munition, dem „Robotischen Unterwasser-Bergungs- und Entsorgungsverfahren inklusive Technik zur Delaborierung von Munition im Meer“, kurz RoBEMM beginnen, um die derzeit gefährlichen Tauchereinsätze und die oftmals auch alternativlosen Sprengungen der Munition vor Ort möglichst zu ersetzen.

Allerdings ist -wie so häufig in Deutschland- die Finanzierung dieser Entwicklung noch zu klären.

Quelle: SWZ|Maritime, Umweltbundesamt, Fraunhofer-Institut, FFI (Forsvarets forskingsinstitutt - the Norwegian Defence Research Establishment)

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