Schwimmendes Personalbüro: Andreas G. am Arbeitsplatz an Bord, Foto: Bundeswehr/Julia Kelm

Schwimmendes Personalbüro: Andreas G. am Arbeitsplatz an Bord, Foto: Bundeswehr/Julia Kelm

Was macht eigentlich ein Schiffswachtmeister?

Jede Bundeswehr-Kompanie (Batterie, Inspektion, Staffel und vergleichbar) an Land hat ihn: den Kompaniefeldwebel (KpFw), die „Mutter der Kompanie“. Der Mann oder die Frau mit der gelben Kordel, umgangssprachlich auch „Spieß“ genannt.

KpFw verantworten für die Einheitsführerinnen und Einheitsführer den Innendienst und sind als Führer des Unteroffizierkorps mitverantwortlich für die Personalführung. Auf Schiffen der Deutschen Marine (Bataillon) wird der „Spieß“ Schiffswachtmeister (SWM) genannt. Einer von ihnen: Oberstabsbootsmann Andreas G.. Er ist der Schiffswachtmeister (SWM) auf dem Einsatzgruppenversorger „Bonn“. Seine Hauptaufgaben: Führen, Beraten, Planen und Koordinieren.

Kümmerer aus Leidenschaft

Vor kurzem feierte Andreas G. sein 30-jähriges Dienstjubiläum. Seine Laufbahn begann er 1993 als Matrose im Decksdienst, Verwendungsreihe 11. Während seiner Aus- und Fortbildung zum sogenannten Decksmeister, dem leitenden Portepee-Unteroffizier für alle seemännischen Aufgaben, diente er auf verschiedenen Booten und Schiffen der Deutschen Marine. Er gehörte unter anderem auch zu den ersten Besatzungsmitgliedern der Fregatte „Sachsen“ (Klasse 124).

Bereits hier bahnte sich seine derzeitige Profession an. Vier Jahre lang war er ständiger Vertreter des Schiffswachtmeisters. „Das gefiel mir sehr, und schon früh habe ich erkannt, dass ich das unbedingt als Hauptaufgabe machen möchte“, sagt Andreas.

Aus der Verwendung für die Verwendung

Personalführung liegt dem 47-Jährigen. 2008 wurde er Personalführer in der Stammdienststelle der Bundeswehr (SDBw), dem heutigen Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) in Köln. Dort war er zuständig für die Soldatinnen und Soldaten der Verwendungsreihe 11 - Decksdienst, seinem originären Aufgabenbereich an Bord. Das war damals Policy in der SDBw III 3 -Personalentwicklung Uffz/Msch Marine: Personalführerinnen und Personalführer kommen aus der Verwendungsreihe, die sie führen und entwickeln.

Dienstort „Bonn“: Das 174 Meter lange Schiff ist mit 20.900 Tonnen das größte Schiff der Deutschen Marine. Foto: Bundeswehr/Leon Rodewald

Seefahrt tut not

Irgendwann packte ihn jedoch wieder die Sehnsucht. So hat er 2011 zum zweiten Mal die Chance genutzt, um als „Indienststellungs-Decksmeister“ ein neues Schiff von der Bauwerft zu übernehmen, dieses Mal den Einsatzgruppenversorger „Bonn“.

Schiffswachtmeister konnte ich damals noch nicht werden, da mir die Stehzeit gefehlt hat“, erläutert der erfahrene Seemann. „So konnte ich erst am 1. Oktober 2014 das Amt des Wachtmeisters übernehmen, welches mich absolut erfüllt.“

Der „Oberstaber“ ist mit über 12 Jahren Verwendungsdauer der dienstälteste Soldat an Bord. Damit ist er für die Besatzung - dienstgradunabhängig - als Berater in allen dienstlichen und persönlichen Lebenslagen sehr gefragt. Insbesondere, wenn es um die persönliche Weiterentwicklung geht, kann er auf seine langjährigen Erfahrungen, insbesondere aus seiner Zeit in der SDBw in Köln zurückgreifen und so manche Kameradin und Kameraden ausführlich beraten.

Personalführung in See

Die wesentlichen Aufgaben auf See sind mit den Aufgaben in jeder Einheit an Land vergleichbar. Die Personalentwicklung vom Mannschaftsdienstgrad bis zum Unteroffizier mit Portepee ist hierbei eine der vielfältigen Aufgabenbereiche des SWM. Dazu zählen Personal- und Laufbahnberatungen, die Personalplanung an Bord (bis hin zum Nachführen von Soldatinnen und Soldaten, auch in das Ausland), die Beratung der Schiffsführung in personellen Angelegenheiten, aber auch das Mitwirken am Tagesdienstplan. Neu zuversetzte Kameradinnen und Kameraden empfängt er und weist ihnen ihre Kammern und Kojen zu (Schlafplätze an Bord). Auch die Lehrgangsplanung für alle Besatzungsmitglieder obliegt ihm.

In erster Linie bin ich Berater des Ersten Offiziers und des Kommandanten in allen personellen Angelegenheiten“, betont der Oberstabsbootsmann. „Die gesamte Personalführung geht über meinen Schreibtisch, bis auf die der Offiziere, die übernimmt der Erste Offizier.“

EGV "Bonn" - neben der Stammcrew mit einer Stärke von ca. 170 Personen können noch fast 70 Menschen als Zusatzpersonal eingeschifft werden. Foto: Michael Nitz

Flexibilität gefragt

Während des laufenden EU-Einsatzes Irini (Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen Libyen) im Mittelmeer wurde die „Bonn“ im April 2023 von der Marineführung aufgrund der Unruhen im Sudan als Basis für eine seegestützte Evakuierung deutscher und ausländischer Staatsangehörige ausgewählt. Innerhalb kürzester Zeit wurden Tonnen an Material und bis zu 75 Personen zusätzlich auf dem Schiff untergebracht. Bei nur 239 verfügbaren Kojenplätzen (Betten) aber insgesamt 280 Personen an Bord, musste der komplette Innendienst neu organisiert werden. „Für viele war der Bordalltag komplett neu und die Orientierung fiel auf dem Schiff zu Beginn schwer. Es mussten Fragen zur Verpflegung, aber auch zur Verfügbarkeit von Toiletten geklärt werden. Das alles schafft die Wachtmeisterei nicht allein, sondern das gelang nur in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen in den Hauptabschnitten und der Schiffsführung“, so der SWM.

Familienmensch

In der bisherigen Dienstzeit gab es für den gestandenen Seemann zahlreiche schöne Erlebnisse, die sich ihm nachhaltig eingeprägt haben. So führten ihn die Seefahrten unter anderem in den Pazifik, in die Karibik, nach Brasilien, Afrika und ins Nordmeer.

Aber ein absoluter Höhepunkt während meiner gesamten Marinezeit war das gemeinsame Fahren mit meinem Sohn auf der „Bonn“. 2021 kam er im Mannschaftsdienstgrad für vier Monate auf das Schiff. Er war Navigationsgast, ich war sein Schiffswachtmeister. Das ist ein Erlebnis, dass ich in meinem Leben nie mehr vergessen werde“, schwärmt der Familienvater.

Und die Familie ist für den Ehemann und zweifachen Vater enorm wichtig. Ohne deren Rückhalt wäre der Dienst in der Marine für ihn nicht machbar. Seefahrt bedeutet auch immer, dass die Familie lange Abwesenheiten, in der Regel von vier bis sechs Monaten, in Kauf nehmen muss. „Meine Frau macht das schon seit 1996 mit“, erzählt Andreas gedankenvoll. „Hut ab, sage ich jedes Mal wieder, wenn ich nach Hause komme. Wenn meine Frau und auch meine Kinder nicht dahinterstünden, würde es überhaupt nicht gehen.“

Seemann bis zum Dienstzeitende

Nach 23 Jahren Borddienst tauchte auch für den erfahrenen Marinesoldaten irgendwann die Frage auf, wann sich von der Seefahrt zu verabschieden, um die letzten Jahre heimatnah und damit in der Nähe der Familie zu verbringen. Eine geplante Versetzung kam jedoch nicht zustande, so dass Andreas bis 2027 als Schiffswachtmeister der „Bonn“ verlängert hat. „Im Jahr 2030 ist für mich aber dann endgültig Schluss“, so der Oberstabsbootsmann (OSB).

Danke

In den kommenden Jahren wird der erfahrene Vorgesetzte also noch zahlreichen Soldatinnen und Soldaten mit wertvollen Kenntnissen zur Seite stehen und ihnen bei Bedarf wichtige Ratschläge mit auf den Lebensweg geben können.

Männer und Frauen vom Schlage eines Andreas G. sind „Typen“ und für unsere Marine unverzichtbar.

"Bravo Zulu", Herr Oberstabsbootsmann!

Quelle: Bundeswehr/Marine

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