Mit der Abnahme der ersten beiden Einsatzboote und den Funktionsnachweisfahrten der ersten beiden Fregatten „Baden-Württemberg“ und „Rheinland-Pfalz“ der Klasse 125 konnten hinreichende Erfahrungen mit dem neuen Bootstyp Buster gewonnen werden, um eine Einschätzung der Leistungsfähigkeit auf Basis von Praxiserfahrungen vorzunehmen – auch wenn eine abschließende Aussage hierzu erst aus richtigen Fahr- und Einsatzberichten der Buster getroffen werden kann.
Buster 19, das Ausbildungsboot des Seebataillons, wird seit Dezember 2015 genutzt, Buster 20 für die Marinetechnikschule (MTS), ist im April von der ARGE F125 abgenommen worden. Buster 1 bis 8 haben mit den ersten beiden Schiffen mittlerweile eine Reihe von Seebetriebsstunden absolviert und wurden hier neben den eigentlichen Funktionsnachweisen als Verbringungsmittel für den Personaltransfer Schiff-Land oder als Ziel für Erprobungsmaßnahmen der diversen Sensoren der Schiffe eingesetzt. Dabei wurden in Sachen Seegangsbelastung, Geschwindigkeit, Einsatzstunden und Ausfallverhalten für mehrere Boote Erkenntnisse gesammelt, die erste Aussagen über Eignung und Robustheit der Buster zulassen. Damit ist auch ein Vergleich des erreichten Zustands zum geforderten Soll möglich.
Auslegung, Konzept Organische Boote F125
Als integraler Bestandteil des Waffensystems F125 beruhen die Buster auf dem Konzept des zugehörigen Träger-Schiffes mit den Forderungen an weltweiten Einsatz, Intensivnutzbarkeit und einem Fähigkeitsspektrum, das in der frühen Projektphase zwischen 2003 und 2007 mit dem Begriff „Stabilisierungseinsätze“ umrissen werden konnte. Dazu sollten organische Einsatzmittel des Schiffes – Bordhubschrauber und Boote – für Verbringungs-, Überwachungs-, Boarding- und Begleit-/Escortaufgaben integriert werden. Aus dem vorgesehenen Einsatzprofil entstand so ein kalkulatorischer Bedarf an Einsatzzeit von Booten in verschiedenen Rollen. Zu den Gesamtfähigkeiten der F125 tragen die heute als Boote zur Unterstützung von Spezialkräften, für Transportaufgaben, für Escort und für Rettungszwecke (Buster) bezeichneten Fahrzeuge erheblich bei, sodass es nahelag, für die in einigen Einsatzrollen zwei erforderlichen Boote pro Schiff. eine Gesamtanzahl zu integrieren, die Ausfälle verkraftet.
Die geforderten Fähigkeiten der Buster führten schon nach ersten Abschätzungen zu einem Wasserfahrzeug, das im Bereich von über 10 Meter Länge und etwa 8 Tonnen Gewicht anzusiedeln war. Bei einem relativ kleinen Schiff (auch wenn die F125 mit ihren knapp 150 Meter Länge für eine Fregatte stattlich ausgefallen ist) stellen drei oder mehr große Einsatzboote eine Herausforderung an die optimale Integration dar. Da in der internationalen Seefahrt Boote auch für Eigen- und Fremdrettungsaufgaben auf Schiffen mitzuführen sind, ergab sich schnell die Frage, ob man nicht mit einem Bootstyp Einsatz- und SOLAS-Aufgaben (SOLAS: Safety of Life at Sea International Convention) abdecken könne, um den Platz für „rein zivile“ Rettungsmittel zugunsten der „Einsatzmittel“ zu optimieren.
Diese Überlegungen führten zum Ansatz, vier gleiche Boote mit verschiedenen Rollensätzen im Schiff zu integrieren: Zwei davon grundsätzlich in der Rolle von schnellen Bereitschaftsbooten, um die SOLAS–Vorgaben zu erfüllen und zwei als Einsatzboote. Zur Anordnung an Bord der F125 wurden umfangreiche Überlegungen, u. a. auch eine asymmetrische Anordnung im Schiff oder im Heck, angestellt. Die diesbezüglichen Integrationsuntersuchungen zeigten schnell ein eigentlich triviales Ergebnis: Der beste Platz für eine Bootsaussetzvorrichtung bei einem Schiff in dem für F125 vorgesehenen Größenspektrum ist in der Mitte und an der Seite. Dort sind die Bewegungen des Schiffes am ehesten zu beherrschen und das Schiff kann Lee machen, dem Boot also durch Kurswahl das Aussetzen und vor allem das Wiedereinholen erleichtern. Die Alternative eines Dockbereichs im Heck kam aufgrund der dann erforderlichen Deckshöhe und Tonnage für F125 nicht in Frage.
Zur Konzeption einer Aussetzvorrichtung gehört mehr als die Anordnung im Schiff.
Die technischen Möglichkeiten wie Korbsysteme, Heckschleppen, Mehrpunktaufhängung etc. wurden analysiert und hinsichtlich Eignung und Realisierungsrisiko bewertet. Durchgesetzt hat sich das für schnelle Bereitschaftsboote gängige System aus einem Tragseil und einer am Bug des Bootes befestigten Schleppleine. Die Schleppleine hat vor allem große Vorteile in Bezug auf das Aussetzen: Die Längslage des Bootes beim Hieven oder Fieren (freies Hängen am Tragseil) ist kontrollierbar und beim Wasserkontakt mit dem Seegang abstimmbar. Beim Wiederaufnehmen kann das Boot zunächst in eine ruhige Schleppsituation neben dem Schiff gebracht werden, bevor das Tragseil angeschlagen wird. Jede Lösung mit mehr als einem Tragseil hätte Nachteile hinsichtlich der Zeitdauer des Anschlagens der Tragseile und den Personalaufwand dafür gehabt. So fiel die Entscheidung für ein einziges Tragseil im Schwerpunkt des Bootes. Für das Boot ist dies nachteilig in Bezug auf das Heißgestell, das die volle Belastung an einer Stelle in die Bootsstruktur einleiten muss, und natürlich für den Trimm des Bootes, der nur sehr beschränkt nach vorn oder achtern wandern darf, um den Übergang von der Schwimmlage im Seegang zum Hängen am Tragseil bzw. umgekehrt sicher – also vor allem ohne Umschlagen des Bootes – beherrschen zu können. Alle Rollen sind daher hinsichtlich Trimm und dessen Änderung kritisch. Präzise Stau- und Besetzungspläne sind notwendig.
Man kann jetzt nachvollziehen, dass die Auslegung des Bootes zunächst von der Integrationsumgebung Schiff und der Schnittstelle zu diesem dominiert wurden, nicht von Forderungen an das Wasserfahrzeug Boot an sich. Weitere Randbedingungen ergeben sich aus den oben genannten Rollen, von denen zwei eine Bewaffnung mit bis zu vier schweren Maschinenwaffen (sMG 12,7 mm, siehe Bild, bzw. [Granat-Maschinen-Waffe] GraMaWa 20 mm) vorsehen.
Neben den Wirkmitteln wird die Schnittstelle zwischen Mensch und Boot wesentlich von dem zur Durchführung der Rolle benötigtem Einsatzkontingent und der zum Fahren des Bootes benötigten Bootsbesatzung bestimmt. Als Besatzung ergibt sich schnell die klassische Cockpitcrew von drei Personen, weil das Boot gesteuert und geführt werden muss, ein Funker an Bord sein muss (auch die Buster können auf Hoher See operieren, bzw. sind als Seefunkstelle für den Fahrbereich A3 ausgestattet) und weil man vor allem beim Wiederaufnehmen des Bootes für das Anschlagen der Schlepp- bzw. der Heißleine eine dritte Person braucht. Die Anzahl der Sitze für weitere Mitfahrer ergibt sich aus dem Spezialkräftekontingent, das mit 8 Personen je Boot veranschlagt werden muss. Damit kommen 11 Plätze zusammen, die so auszuführen sind, dass das Boot mit erheblicher Geschwindigkeit auch bei Seegang fahren kann, ohne die Personen an Bord schon nach sehr kurzer Zeit zu überfordern. Gelungen ist das vor allem in Hinblick auf die Verbringung von Spezialkräften mittels Auswahl von Jockeysitzen (sog. Ullmann-Sitze), eine Lösung, in der ein Buster die Soldaten inklusive Ausrüstung über große Entfernung mit hoher Geschwindigkeit verbringen kann. Hier stellt sich die Frage, warum die Buster keine geschlossene Kabine haben, sondern als offene Boote konzipiert sind, die der Besatzung keinen Schutz vor der Witterung bieten: Die geforderte Modularität der Einsatzrollen lässt kaum eine Wahl. Die Einrüstung „manngerichteter“ (manuell bedienter) Waffen hat bei einem nur 10 Meter langen Boot gegenüber fernbedienten Waffenstationen entscheidende Integrationsvorteile. Auch das Absetzen von Soldaten an einer Küste oder einem Ziel auf See kann von einem offenen Boot anders/besser erfolgen als aus einer engen Luke heraus. Die Rolle des schnellen Bereitschaftsbootes, insbesondere der Fremdrettungsanteil, dient dazu, schnell Personen aus dem Wasser zu bergen und erfordert dadurch ebenfalls einen leichten Zugang auf das Boot. Alternativen wurden untersucht, z. B. eine Entwurfsvariante als Katamaran mit Kabine und fernbedienter Waffenstation. Durchgesetzt hat sich ein Monohull-Gleiter in Festrumpfbauweise mit umlaufendem Schlauchfender ohne Kabine.
Das Boot ist als Seefunkstelle für das Fahren auf Hoher See (Seefunkstelle Fahrtgebiet A3) ausgelegt, das Boot trägt damit deutlich mehr Kommunikationsausrüstung als den bei Booten dieser Größenordnung sonst üblichen mobilen UKW-Seefunkdienst. Die taktische Fernmeldeausrüstung besteht aus HF- und SatCom-Funklinien. Die einrüstbaren Endgeräte erlauben gesicherte Kommunikation hoher Verschlussgrade zwischen Boot und Schiff bzw. Boot und Führungsdienststellen an Land. Bei Bedarf kann der IBUK (Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt, im Frieden der/die BMVg) unmittelbar mit Soldaten im Buster kommunizieren. Die interne Kommunikationsanlage im Boot ermöglicht diverse Schaltungen, die für Besatzung, Einsatzführer und/oder Waffenbediener verwendet werden können – natürlich in Verbindung mit der passenden persönlichen Ausrüstung (Sprechsatz). Das ist nicht trivial, denn wegen des unmittelbaren Einflusses der Witterung ist es im Boot in der Regel nass, kalt und vor allem laut. Dementsprechend muss Schutz- und Kommunikationsausstattung, insbesondere das Headset einerseits dem Lärmschutz, andererseits den Kommunikationsanforderungen unter für elektrische Geräte denkbar ungünstigen Bedingungen (Salzwasser) genügen und auch noch kompatibel zu den Helmen der Bootsbesatzung sein. Die marineweite Einführung eines leichten Standardhelms für Bootsbesatzungen (sog. Gecko-Helm) brachte damit durchaus einige Herausforderungen mit sich.
Im Bereich Seefunk für die weltweite Fahrt als Einzelfahrer ausgestattet
Navigatorisch sind Buster entsprechend der Fähigkeiten im Bereich Seefunk für die weltweite Fahrt als Einzelfahrer ausgestattet. Angefangen mit zivilem (und militärischem) GPS, einem Navigationsradar (als Hilfsmittel), AIS (Automated Identification System) und einer offiziellen Seekarte wird ein Buster im Prinzip wie ein Schiff ab Bruttoraumzahl (BRZ) 500 behandelt, wobei in Bezug auf Kartentische und 19-Zoll-Displays natürlich Kompromisse eingegangen werden. Auslegungsbestimmend für die Buster ist in jedem Fall der Umfang der Geräte für Kommunikation und Navigation, die geschützt unterzubringen sind und die etwa 1 m³ Rauminhalt entsprechen. Die Antennen bestimmen ebenfalls das Aussehen der Buster, vor allem der große HF-Stab, der höher als der Freiraum in der Bootsnische im Schiff ausfällt und daher klappbar ist. Die andere hintere Ecke bleibt dann für die omnidirektionale SatKom-Antenne. Alle anderen Antennen (GPS, Seefunk, IFF), die Navigationsbeleuchtung und das -radar wanderten in den verbleibenden Integrationsraum über dem Fahrstand.
Auch die Positionierung des Fahrtstands im Boot – vor oder hinter dem Heißhaken – wurde intensiv analysiert. Im Heck kann der Bootsführer alles überblicken und sehen, wie das Langauge mit der Heißleine angenommen wird, um dann mit dem Heißhaken im Boot verbunden zu werden. Mit dem Fahrstand im Heck wird das Boot aber schnell hecklastig, wenn sich der Beladezustand ändert. Zudem ist das mit den Bootsrollen eingeschiffte Personal im Heck geringeren Beschleunigungen ausgesetzt. Letztlich wurde für die Buster auch dieser Aspekt einer nüchternen Optimierung zugeführt, genauso wie die Frage der Länge des Bootes. Diese Länge ist mit über 10 Meter außerhalb des Zulassungsspektrums für ein schnelles Bereitschaftsboot, für welches die Vorgaben der SOLAS die Obergrenze von 8,5 Meter anführen. Eine beim Germanischen Lloyd (heute DNV-GL: Det Norske Veritas Germanischer Lloyd) beauftragte Äquivalenzanalyse führte zur Erkenntnis, dass viele der von der Bootslänge beeinflussten Eigenschaften eines schnellen Bereitschaftsbootes günstiger bewertetet werden können, wenn die Bootslänge bei 10,10 Meter liegt. Nur wenige Eigenschaften sind dann nachteilig gegenüber einem maximal 8,5 Meter langen Boot und müssen kompensiert werden. Beispielsweise macht der höhere Freibord eines großen Bootes es schwieriger, eine Person aus dem Wasser zu bergen. Die Buster müssen daher ein Hilfsmittel mitführen (sog. Jasons Cradle), das diesen Nachteil ausgleicht. In Summe hat die Analyse durch die Klassifikationsgesellschaft unter Einbindung eines Sachverständigen die Zulassungsfähigkeit der Buster als schnelles Bereitschaftsboot (FRB, Fast Rescue Boat) nachgewiesen.
Diese Eignung im Sinne der SOLAS ist relevant, da technische Randbedingungen zu erfüllen sind, manche davon marinespezifisch präzisiert. So muss in der Rolle FRB eine Lagerung liegend Verletzter auf dem in die Marine eingeführten Tragemittel (Spineboard) möglich sein. Der erforderliche Platz wird durch ausbaubare Sitze geschaffen. Die Motoren müssen SOLAS-Eignung aufweisen, also z. B. wieder anspringen können, selbst wenn das Boot gekentert ist. Kieloben liegen bleiben darf ein Buster als FRB auch nicht, er ist deshalb mit einer abnehmbaren Wiederaufrichteinrichtung ausgestattet, die nach Auslösung am Heckspiegel das Boot nachweislich (auch dies wurde mit dem Prototyp erfolgreich getestet) in die richtige Schwimmlage zurückdreht. Weitere Detailforderungen an die Auslösemimik von Schlepp- und Heißhaken ergeben sich, ebenso ein Sensor im Kiel für den Auslösemechanismus (Wasserschloss). Hinsichtlich des Aussetzens wirken sich die SOLAS-Forderungen dennoch nicht negativ aus. Sie sind im Gegenteil einfach sinnvoll für eine sichere und robuste Schnittstelle Boot/Schiff. Die SOLAS-Motoren-Frage schränkt die Auswahl geeigneter Triebwerke etwas ein, gewährleistet aber auch hier eine robuste Auslegung.
Der Propulsor für den Vortrieb muss erwähnt werden, denn die Frage nach Z-Antrieb, Waterjet oder direkt treibendem Propeller bestimmt Bootsentwurf und Leistungsbedarf. Begründet durch die geringere Verletzungsgefahr für im Wasser Treibende bei der Fremdrettung und durch die geforderte Eignung für sehr flaches Wasser war schnell klar, dass der Waterjet in Verbindung mit innenbords angeordneten Motoren auszuwählen ist. Die Verwendung von Diesel als Brennstoff war wegen Lagerung an Bord des Schiffes und Nachversorgbarkeit vorgegebene Randbedingung. Die resultierende Kombination aus Waterjets in Verbindung mit drehmomentstarken Dieselmotoren gewährleistet eine hohe Agilität des Bootes inklusive extrem kurzer Stoppstrecke. Da das Boot in Einsatzrollen durchaus auch in engen, flachen Binnengewässern eingesetzt werden soll, ist der gewählte Antrieb letztlich ein guter und akzeptabler Kompromiss.
Konzeptioneller Ansatz und komplette Neuentwicklung
Die Buster machten aufgrund des konzeptionellen Ansatzes eine komplette Neuentwicklung erforderlich. Wegen der ursprünglich knappen terminlichen Vorgaben aus dem Schiffsprojekt wurden die Komponenten auf Basis verfügbarer Technik ausgewählt. Die insgesamt unerprobte Konfiguration der gewählten Teilkonzepte und die hohe Packungsdichte mit den Waffen und den Kommunikations- bzw. Navigationssystemen bargen aber durchaus Risiken. Diese wurden mittels diverser Zwischenschritte bei der Auswahl des Bootsherstellers (Ausschreibung) und eines Prototypings mit dem ersten Boot abgefedert. Auch bei der Aussetzvorrichtung wurde der Ansatz der Verwendung verfügbarer Technik verfolgt, da letztlich alle Merkmale der Schnittstelle Schiff/Boot aus dem Baukasten für FRB stammen – bis auf das Gewicht! Das gegenüber „normalen“ FRB verdoppelte Bootsgewicht (FRB sind üblicherweise bis zu 4 t schwer) war nicht durch einfaches Hochskalieren zu beherrschen und machte die Aussetzvorrichtung aufwendiger als zunächst kalkuliert.
Mit dem geschilderten ambitionierten Ansatz für ein mehrrollenfähiges organisches Kampfboot und der knappen Entwurfszeit konnte dennoch die Konzeption bis 2009 für 20 Boote (4 mal 4 für die Fregatten, zwei Schulboote und zwei als Kreislaufreserve) und 17 Aussetzvorrichtungen (4 mal 4 für die Fregatten, eine für die Marinetechnikschule) terminplangerecht abgeschlossen werden. Durchsetzen konnten sich letztlich der Bootshersteller Fassmer zusammen mit Rhode und Schwarz (für Kommunikation und Navigation) sowie Davit International (DI) für die Aussetzvorrichtung.
Wie eingangs vermerkt, liegen seit dem Prototyping 2012/13 mit dem jetzt als Buster 20 verwendeten Schulboot, mit Buster 19 beim Seebataillon und den seit April 2016 mit der „Baden-Württemberg“ zur See fahrenden BusterN 1 bis 4 sowie Buster 5 bis 8 der „Nordrhein-Westfalen“ (erste Seefahrt Januar 2017) umfangreiche Erfahrungen vor. Nach allen vorliegenden Erkenntnissen lässt sich heute sagen, dass die realisierte Technik den Forderungen aus der Projektierungsphase von 2003 bis 2007 gerecht wird.
Auch die Aussetzvorrichtung hat sich bislang bewährt, vor allem beim Einnehmen: Sobald das Boot in der Schleppleine hängt, wird das Fahrverhalten deutlich ruhiger. Wird es dann aus der See gehoben, stellt sich angenehme Ruhe ein, spätestens dann, wenn der Buster die pendelarme Lastaufhängung am Davitkopf erreicht und mit der Schiffsbewegung synchronisiert ist. Das fühlt sich nach dem Ritt auf den Wellen wie ein nach Hause kommen an, obwohl das Boot immer noch außen, neben dem Schiff in der Luft ist.
Natürlich fühlt sich das alles nur so gut an, weil die Besatzung des Bootes und die Kranführer im Schiff ihren Job exzellent beherrschen. Das Fahren des sehr leistungsstarken Bootes und das richtige Bedienen der Aussetzvorrichtung sind weder einfach noch wirklich intuitiv. Der Aufwand in Ausbildung und Ausbildungsanlagen für die Buster und die Aussetzvorrichtung ist also gerechtfertigt.
Die Anforderungen an Schiff und Boot werden insgesamt erfüllt, die realisierten Boots-Rollen werden den seit Projektbeginn unverändert bestehenden Forderungen gerecht. Auch die geforderte Boarding-Rolle entspricht dem Soll und gewährleistet den Transport von insgesamt 15 Personen (3 Px Besatzung und 12 Px Boardingteam) in einem kooperativen Szenario (friendly boarding).
Die Performance der technischen Komponenten zeigt sich dabei durchaus differenziert. Die Aussetzvorrichtung bewährt sich wie oben geschildert als Gesamtkonzept sehr gut. In Anbetracht der Systemkomplexität und des Innovationsgrades ist die Anzahl der bislang aufgetretenen Störungen gering. So sind vereinzelt bei den Sensoren der Aussetzvorrichtung Mängel beobachtet worden, auch Teilkomponenten der Boote sind noch zu ertüchtigen. Probleme grundsätzlicher Art sind jedoch nicht bekannt. Die auftretenden Fehler werden genau erfasst und analysiert, um die Fehlerraten weiter herabsetzen zu können. Die Buster sind mit Technik vollgepackte, hochbelastete schnelle Wasserfahrzeuge.
Die logistische Versorgbarkeit der Buster und der Aussetzvorrichtungen in den zukünftigen Einsatzgebieten kann noch nicht wirklich beurteilt werden, da hierzu erst während der ab Herbst 2017 geplanten Einsatzprüfung der „Baden-Württemberg“ Erfahrungen gesammelt werden können. Interessant wäre hier auch, den Tausch eines kompletten Bootes gegen eines der Boote aus der Kreislaufreserve zu erproben. Dabei wird die Erfahrung mit dem weltweiten Transport der grundsätzlich lufttransportfähigen Buster zum Schiff im Einsatz bzw. von dort zur logistischen Basis zu sammeln sein.
Zusammenfassend kann zurzeit festgestellt werden, dass die Fregatten F125 und ihre Buster einen guten Start hingelegt haben, auch wenn die Einsatzerprobung und tatsächliche Einsätze noch ausstehen.
Die Buster erweitern das Einsatzspektrum der Deutschen Marine nicht unerheblich, insbesondere hinsichtlich des Einsatzes von Spezialkräften. Natürlich entwickelt sich die Forderungslage weiter, beispielsweise hinsichtlich eines nicht kooperativen Boardings. Dahingehend wird es spannend sein zu verfolgen, wie die Systemlösung Boot mit Aussetzvorrichtung für MKS 180 letztlich aussehen wird.
TRDir Oliver René Müller, BAAINBw S3.2, ist seit 2010 Integrator querschnittliche Aufgaben im Projekt F125
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