Fregatte Hessen im Verband mit der USS Gerald R. Ford (CVN 78). Foto: U.S. Navy/S.Connally

Fregatte Hessen im Verband mit der USS Gerald R. Ford (CVN 78). Foto: U.S. Navy/S.Connally

Rotes Meer: Die "Hessen" und Aspides

19. Februar: Start der maritimen EU-Mission im Roten Meer?

marineforum.online hatte bereits am 23. Januar 2024 zur Entscheidungsfindung und Mittelgestellung bezüglich einer EU-geführten Marinemission berichtet.

Hier nun weitere Entwicklungen

Aspides, die EU-Marinemission im Roten Meer, hat in dieser Woche eine weitere Hürde genommen. Beim informellen Treffen der Verteidigungsminister konnten entscheidende Weichen gestellt werden. „Unser Ziel ist es, die Operation Aspides spätestens am 19. Februar einzurichten und zu starten. Und ich bin sicher, dass wir das tun werden“, sagte Josep Borrell am Ende des informellen Verteidigungsministerrates der EU am 31. Januar 2024.

Nationale Beiträge

Nach den Ausführungen des Brüsseler Hohen Vertreters setzten sich die Mitgliedsstaaten nachdrücklich für die EU-Mission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer vor den Übergriffen der jemenitischen Huthi ein. Sieben EU-Länder seien bereit, Schiffe oder Flugzeuge für die Mission zur Verfügung zu stellen. Die französische Fregatte „Languedoc“ ist bereits unter nationalem Kommando vor Ort. Ebenso ihre italienische FREMM-Klasse-Schwester „Virginio Fasan“. Belgien sagte die Entsendung der Fregatte „Louise Marie“ zu. Die niederländische Fregatte „HNLMS Tromp“ könnte auf ihrer Weltreise mit der EU-Mission zumindest assoziiert werden - die Planungen dazu laufen, der parlamentarische Prozess ist eingeleitet. Aus Griechenland soll sich die Fregatte „Hydra“ dem europäischen Unternehmen im Roten Meer anschließen. Deutschland wird die Fregatte "Hessen" schicken.

Kommandoführung

Während die Streitkräftegestellung für mindestens drei Einheiten gleichzeitig sich sehr positiv gestaltet, ist man sich bei der Wahl des Hauptquartiers der Operation (OHQ) noch nicht einig. Griechenland warf sein Joint Force Command South Center mit Sitz in Larissa in den Ring. Fünf weitere nationale EU-Kommandozentralen in Deutschland (Ulm), Frankreich (Paris), Italien (Rom), Spanien (Rota) und - fallweise - in Polen (Krakau) stehen außerhalb Brüssels für die militär-strategische Planung, Führung und Steuerung von EU-Operationen zur Verfügung. Das griechische Angebot scheint dem Vernehmen nach Zustimmung zu finden, wobei sich eine griechische Führung mit französischem Stellvertreter herauskristallisieren könnte. Dann wäre aber noch über die Führung in See zu entscheiden. Das bewährte Muster ist ein zwischen den teilnehmenden Nationen wechselndes Force Command an Bord eines der in See stehenden Einheiten. Dies würde das Risiko verringern, dass sich die Huthi gegen europäische Partner unter den arabischen Nationen richten, was zu berücksichtigen wäre, wollte man ein Hauptquartier in Abu Dhabi oder Djibouti einrichten.

FGS Hessen (F 221). Foto: Michael Nitz

FGS Hessen (F 221). Foto: Michael Nitz

"Hessen" als deutscher Beitrag in der ersten Rotation

Deutschland hat zum Start die Fregatte "Hessen" vorgesehen. Die parlamentarische Behandlung könnte angesichts des Bundestagskalenders erst in der Woche 19.-23. Februar erfolgen. Für die Fregatte könnte allerdings bereits der 8. Februar als Auslauftermin gelten. Hintergrund dafür ist, dass die Deutsche Marine  diese Fregatte im Seegebiet verfügbar haben will, sobald das Mandat des Deutschen Bundestages vorliegt. „Die deutsche Marine steht bereit, sich an der EU-Operation Aspides zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer zu beteiligen“, sagte Vizeadmiral Jan Christian Kaack, der Inspekteur der Marine im Interview auf bundeswehr.de. "Man müsse davon ausgehen, dass der Einsatz im Roten Meer ein „scharfer Waffengang“ werde. ... Nach allem, was man dort sieht, kommt hier nur ein Schiff in Frage, das sich durchsetzen kann von seiner Bewaffnung her. Und dessen Besatzung zu 100 Prozent ausgebildet ist, um mit dieser Bedrohung umgehen zu können.“ Und an anderer Stelle: "Dorthin können wir nur die besten Einheiten schicken, davon haben wir nur drei. Insofern müssen wir auch ein bisschen haushalten mit unseren Kräften." Die Marine will sich für einige Monate an dem Militäreinsatz im Roten Meer beteiligen. Vizeadmiral Kaack: "Und wir stehen bereit, auch im zweiten Halbjahr für einen gewissen Zeitraum einen Beitrag zu leisten."

Die EU auf sicherheitspolitischen Pfaden

Bei den Brüsseler Beratungen herrschte Einigkeit über den rein defensiven Charakter von Aspides. Borrell: „Auf keinen Fall werden wir Kampfhandlungen gegen jemenitischen Boden beginnen.“ Mit einer eigenständigen Operation - auch unter ehrgeizigem Zeitplan - scheinen sich alle anfreunden zu können. Borrell verlieh auf der Pressekonferenz seiner Zufriedenheit Ausdruck: „Ich denke, dass am Ende "no hay mal que por bien no venga" steht, wie man auf Spanisch sagt. Alles Schlechte hat auch etwas Gutes. Wir haben schließlich ad-hoc eine Mission mit all diesen Fähigkeiten ins Leben gerufen.“

... und das braucht Zeit ...

Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Europäer lange brauchen, um zu einer Entscheidung und gar einer Maßnahme zu kommen. Die Huthi begannen ihre Übergriffe auf die zivile Schifffahrt im Bab-el-Mandeb am 19. November 2023 mit der Entführung der „Galaxy Leader“. Washington kündigte am 18. Dezember seine Operation Prosperity Guardian (Wächter des Wohlstands) an, unter der sie in einer Koalition mit befreundeten Nationen gegen bewaffnete Übergriffe auf See vorgehen. Europäische Nationen beteiligen sich. Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich sind vertreten – wenn auch unter unterschiedlichen Führungskonstrukten. Die dänische Fregatte „Iver Huitfeldt“ verließ am 29. Januar ihren Heimatstützpunkt, um sich ab Mitte Februar an der US-geführten Operation Prosperity Guardian zu beteiligen.

Ausbaufähig

Aspides ist eine Chance für die EU, als Sicherheitsarchitekt auch im maritimem Bereich in Erscheinung zu treten. Die EU hat in der Region aus ihren Einsätzen Atalanta und Agenor Kompetenzen, Infrastrukturen und vielfältige Beziehungen in den arabischen Raum aufgebaut. Darauf ließe sich aufbauen. Und es wäre noch deutlich mehr drin, könnte sie sich zu einem ganzheitlicheren Ansatz mit Krisenbewältigung und Friedensgestaltung durchringen. Und auch nicht nur unilateral, sondern in Abstimmung mit transatlantischen Verbündeten. Aber das wäre wohl schon wieder zwei Schritte zu weit voraus!

Realitycheck

So bleibt es vorerst dabei, dass der wirtschaftliche Riese EU ein sicherheitspolitisches Leichtgewicht bleibt. Auch zum Nachteil ihrer Mitglieder. Im konkreten Fall: die europäischen Reeder dominieren den Weltmarkt. Vier der zehn größten Containerreedereien sind europäische Unternehmen: im Jahr 2023 betrieben sie 2360 Schiffe von 3632. Von den Übergriffen im Roten Meer und der Verlängerung der Transportwege sind sie direkt betroffen.

Zurück zu Aspides: Die abschließenden Entscheidungen könnten nun doch am 19. Februar 2024 im Rat für Auswärtige Angelegenheiten (formelles Treffen der Außenminister) getroffen werden.

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