Maritimer Faktencheck: Landtagswahlen Mecklenburg Vorpommern

Maritimer Faktencheck: Landtagswahlen Mecklenburg Vorpommern

Maritimer Faktencheck – Landtagswahl Mecklenburg-Vorpommern 2021

Am Sonntag wird gewählt – nicht nur im Bund! Auch der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern sucht mit Ablauf der fünf-jährigen Legislaturperiode sucht auf eine neue Zusammensetzung. Da das Land Mecklenburg-Vorpommern mit seinen über 2.000 Küstenkilometern immerhin die längste Küste aller Bundesländer sein Eigen nennt und mit seinen Häfen, Werften und der maritimen on- und offshore Industrie überregional und teilweise global eine führende Rolle spielt, darf der maritime Blick auf diese Landtagswahl nicht fehlen.

Behilflich sein sollen uns dabei die Wahlprogramme der zwei im Landtag vertretenen Volksparteien sowie der Wahl-O-Mat! Dabei handelt es sich um ein digitales Vergleichsangebot für die Programme und Positionierungen der Parteien zu Landtags-, Bundestags- sowie Europawahlen. Er wird Herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung, welche dem Bundesministerium des Innern zugeordnet ist.

Nach Auskunft der Wahl-O-Mat-Redaktion haben 24 Parteien, die bei der am 26.09.2021 anstehenden Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern antreten werden, die Thesen beantwortet. Die Bürger haben dann die Wahl, jede These mit "Stimme zu", "neutral" oder "Stimme nicht zu" zu bewerten, oder die These komplett zu überspringen und nicht in die abschließende Wertung einfließen zu lassen. Zum Schluss kann man einzelnen Thesen eine doppelte Gewichtung zuordnen, wenn diese für einen selbst besonders wichtig sind. Insgesamt stellt der Wahl-O-Mat für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 38 Thesen vor. Zu guter Letzt kann man jene Parteien auswählen, mit denen man sein Ergebnis zu den Thesen untereinander vergleichen möchte.

Bei der Benutzung gilt es wie immer zu berücksichtigen: „Hohe Übereinstimmungen Ihrer Antworten mit mehreren Parteien bedeuten nicht zwangsläufig eine inhaltliche Nähe dieser Parteien zueinander.“

Wie maritim geprägt ist die Wahl in MV?
Oder besser gefragt, wie stark vertreten sind Thesen mit direkter oder indirekter maritimer Bedeutung im Angebot der Parteien? Folgende Fragen sind uns beim Durchforsten der 38 Meinungsthesen aufgefallen, welche im engen oder weitesten Sinne eine maritime Bedeutung haben:

These Nr. 1 – „Der Ausbau der Windkraft an Land soll in Mecklenburg-Vorpommern beschleunigt werden.“

These Nr. 08 – „Die Gas-Pipeline Nord Stream 2 soll wie geplant in Betrieb gehen dürfen.“

These Nr. 37 – „Das Land soll weiterhin Bürgschaften für die MV-Werften übernehmen.“

These Nr. 38 – „Die Wiedervernässung trockengelegter Moore in Mecklenburg-Vorpommern soll beschleunigt werden.“

Eine Übersicht mit den Antworten der 24 Parteien auf die Wahl-O-Mat-Thesen finden Sie hier als PDF.

Was sagen die Parteien?
Wir haben die Wahlprogramme der beiden im Landtagvertretenen Volksparteien einmal angeschaut und wollen die wesentlichen maritimen Inhalte hier einmal vorstellen:

Aus dem Landtagswahlprogramm MV 2021 der SPD

Industriepolitik
Eine besondere Tradition in Mecklenburg-Vorpommern hat die maritime Wirtschaft. Der Schiffbau gehört zum industriellen Kern unseres Landes. Die Werften und ihre Zulieferer sind einem erhöhten Modernisierungsdruck auf den Weltmärkten ausgesetzt. Wir werden die Unternehmen dabei unterstützen, sich zu spezialisieren und neue Innovationen zu entwickeln. Maritime Wirtschaft hat nur eine Zukunft, wenn sie sich veränderungsbereit zeigt. Die SPD steht klar hinter den Werften, der maritimen Wirtschaft und den dort vorhandenen Arbeitsplätzen. Nicht nur in den sechs Werften, auch in den hunderten Zuliefer- und Dienstleistungsbetrieben der maritimen Industrie finden tausende Menschen Arbeit. Wir wirken jedoch auch hier auf einen sozial-ökologischen Umbau und damit auf die Zukunftsfähigkeit der Branche hin; für umweltschonende Techniken und faire Arbeitsbedingungen! Die Standorte Rostock, Wismar, Stralsund oder Mukran zeigen beispielsweise in Verbindung mit einer klugen Entwicklung von Hafenflächen und der Ansiedlung neuer Industriebetriebe an der Kaikante, wie der Strukturwandel gelingen kann. Diesen Weg unterstützen wir ausdrücklich.

 Verkehr
Die Logistikbranche ist eine wichtige Wirtschaftsbranche bei uns im Land – und sie ist zudem ein wichtiger Bestandteil von Mobilität. Dazu gehören unsere starken Häfen, die als Daseinsvorsorge langfristig und dauerhaft in öffentlicher Hand bleiben und gehören. Wir wollen unsere leistungsfähigen Häfen noch besser aufstellen, neue Standbeine wie die Energiewirtschaft etablieren und insbesondere die traditionellen Anknüpfungen unserer Häfen nach Skandinavien und Eurasien, vor allem auch ins Baltikum und nach Russland, stärken und in den Mittelpunkt der Suche nach neuen (alten) Verkehren stellen. Hierzu gehört auch eine Stabilisierung und ein weiterer Ausbau der Verkehre auf der Neuen Seidenstraße, die, von China kommend, über russische Häfen nach Rostock und Sassnitz- Mukran sowie zurückführen. Die Verkehrsanbindung insbesondere an die großen Häfen Rostock, Stralsund, Sassnitz-Mukran und Wismar werden wir weiter verbessern. Und wir werden die Logistikbranche beim Umstieg auf nachhaltige und klimafreundliche Antriebskonzepte der Fahrzeugflotten aktiv unterstützen. Dies beginnt bei Landstromanschlüssen für Schiffe bis hin zur Infrastruktur zum Tanken für Wasserstoff-LKW. Die künftige Fertigstellung der festen Fehmarn-Belt-Querung bietet im westlichen Landesteil Chancen, um dort an neu entstehende Logistikketten anzuknüpfen und Wertschöpfung entlang der künftigen Wegeführung zu ermöglichen, für die Häfen des Landes, insbesondere in Wismar und Rostock, verändert sich damit aber auch eine Wettbewerbssituation im Ostseeraum. Diese muss unter fairen Wettbewerbsbedingungen zwischen privatwirtschaftlichen Fährverkehren Richtung Skandinavien und der teilweise öffentlichrechtlich gestützten Fehmarn-Belt-Querung erfolgen. Es darf keine staatlich subventionierten Tarife der neuen Querung geben, die den Wettbewerb verzerren. Das Land wird die Häfen hierbei bei ihrer berechtigten Interessenvertretung bei den Brüsseler Wettbewerbsbehörden unterstützend begleiten. Zugleich werden wir dafür eintreten, dass im Zuge der Schaffung der Fehmarn-Belt-Querung, die Attraktivität der Bahnstrecken auch in MV für den Güterverkehr verbessert wird. Hier ist der Bau ausreichend langer Überholgleise sowie die Vorhaltung von Umleitungstrecken erforderlich. Hierfür ist die Unterstützung des Bundes nötig.

 […] Flugverkehr ist in Mecklenburg-Vorpommern für größere innerdeutsche und innereuropäische Distanzen eine infrastrukturelle Aufgabe. Sowohl für die weitere Entwicklung des Tourismuslandes als auch für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort ist ein adäquates Flugangebot bedeutsam. Dem dient der Regionalflughafen Rostock-Laage für die zentral liegenden Teile des Landes, weshalb ihm zusätzlich auch eine landesweite Bedeutung zukommt. Mit seiner mittigen Lage innerhalb des Landes kann er die vorgenannten Aufgaben in zentraler Lage erfüllen. Zudem hat er sich eine wesentliche Bedeutung für das Kreuzfahrtgeschäft des Rostocker Hafens erarbeitet, wobei wir gemeinsam mit dem Rostocker Hafen (Port Rostock) und der Deutschen Bahn eine Attraktivitätssteigerung der An- und Rückreise mit der Bahn für Kreuzfahrttouristen aus Deutschland erreichen wollen.

 Angeln und Fischerei
Die Küsten- und Binnenfischerei soll unser Land weiterhin prägen. Unsere Hafenstandorte können wir uns ohne das „Kulturgut Fischkutter“ nicht vorstellen. Es besteht aufgrund des Brexits und dauerhaft niedriger Ostessefangquoten bei Hering ein hohes Risiko für die Zukunft des Verarbeitungsstandortes Sassnitz/Mukran. Eine weitere Reduzierung der Fangquoten in der westlichen Ostsee, insbesondere bei Hering und Dorsch führt zur Aufgabe der traditionellen Kutter- und Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern bzw. zum ungeordneten, ineffektiven Strukturwandel. Gemeinsam mit dem Berufsstand werden wir ein Zukunftsprogramm für die Küstenfischerei entwickeln. Wir werden Standorte für marine Projekte einer nachhaltigen, umweltverträglichen Aquakultur entwickeln. Das Land hat durch die langfristige Weiterverpachtung der Landesgewässer an Binnenfischer*innen und Angler*innen, durch die Unterstützung der angewandten Fischereiforschung und Ansiedlung von Unternehmen der Aquakultur, wesentlichen Meilensteine in diesem für Mecklenburg-Vorpommern traditionellen Sektor gesetzt. Gemeinsam mit den Mitgliedern von Landesangler*innenverband, dem früheren Landesfischereiverband und den Umweltverbänden haben wir tragfähige Kompromisse gefunden, um die Konflikte zwischen den Interessen der Angler*innen und Fischer*innen (Wertschöpfung aus gesunden Fischbeständen) und Umweltinteressen (Schutz von Fischfressern wie Kegelrobben und Kormoran) zu finden.

 Energie
Im Bereich der Mobilität werden wir perspektivisch einen Mix an Antriebstechnologien und Energieträgern vorfinden. Batterie-elektrische Antriebe werden als effizienteste Form den Kern der Mobilität ausmachen. Hierfür benötigen wir eine effiziente und flächendeckende Ladeinfrastruktur. Wasserstoff und auf Wasserstoff aufbauende Technologien werden vor allem bei Schwerlastverkehr, Landwirtschaft, Übersee- und Flugverkehr eine wichtige Rolle spielen. Die Tankinfrastruktur für Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzelle muss in der Fläche ausgebaut werden.

Wir wollen das Thema Wasserstoff in Mecklenburg-Vorpommern deutlich voranbringen. Wasserstoff-Elektrolyse muss in der Nähe der Energieerzeugung stattfinden, aber auch dort, wo die entstehende Wärme genutzt werden kann. Wir brauchen vernetztes Denken, bspw. einen Wasserstoffhafen in Rostock, der den Strom eines Wasserstofftestfeldes vor Warnemünde nutzt und Heimat wird für Industrien, die Wärme für ihre Prozesse benötigen.

Europa
Mecklenburg-Vorpommern hat seine positive Entwicklung seit der Deutschen Einheit auch der Europäischen Union und ihrer Stabilität, dem gemeinsamen Markt und den europäischen Strukturfondsmitteln zu verdanken. Mit Hilfe von Fördermitteln in Höhe von vielen Milliarden Euro wurden in unserem Land Projekte aus den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Tourismus, Infrastruktur, Soziales, Umwelt und Naturschutz gefördert. Unsere regionale Wirtschaft ist eng im Ostseeraum vernetzt. Sehr viele unserer Unternehmen und Arbeitsplätze profitieren vom europäischen Wirtschaftsraum.

[…] Die direkten Auswirkungen der Entscheidungen der Europäischen Union auf das Leben und die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern machen auch ein noch stärkeres Engagement in Brüssel notwendig. Deshalb werden wir eigene politische Initiativen des Landes auf europäischer Ebene initiieren und die bislang auf die Ministerien verteilten Zuständigkeiten und Kompetenzen bündeln. Europa muss und wird mit uns ins Zentrum des politischen Blickfelds rücken. Eine Partner*innenschaft über den Handel hinaus verbindet uns mit allen Ländern des europäischen Ostseeraums, insbesondere aber mit unserem direkten Nachbarn Polen.

[…] Unser Europa ist aber größer als die unmittelbare Nachbarschaft und die Europäische Union. Wir setzen auch weiter auf den Dialog mit der russischen Staatsmacht und Zusammenarbeit mit der russischen Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Hierzu gehört für uns auch die Energie- und Klimaschutzpartner*innenschaft. Sie erfordert aus unserer Sicht, die rechtsstaatlich genehmigte Nord Stream-2-Pipeline nicht zum Spielball geopolitischer Interessen werden zu lassen. Alternativen wie der geplante Gasterminal für amerikanisches Frackinggas ins Brunsbüttel, wie sie politische Wettbewerber vertreten, halten wir nicht zuletzt für klimapolitisch deutlich schlechter. Denn in Zukunft wird das europäische Gaspipelinenetz zum Transport von regenerativ erzeugtem Wasserstoff unerlässlich sein. Länder wie Russland mit riesigen Flächen und Potentialen für erneuerbare Energien werden zur Energieversorgung Europas beitragen.

Aus dem Landtagswahlprogramm MV 2021 der CDU

Aussenwirtschaft breiter aufstellen!
Mecklenburg-Vorpommern ist derzeit zu einseitig auf Russland ausgerichtet. Da Russland als Absatzmarkt für Produkte aus Mecklenburg-Vorpommern seit Jahren an Bedeutung verliert, braucht das Land eine Außenwirtschaftsstrategie, die Wachstumsmärkte stärker in den Blick nimmt, insbesondere diejenigen, die sich in der EU und damit in einer Gemeinschaft der Werte und des Rechts befinden. Insbesondere Polen und die skandinavischen Länder, aber auch alle anderen Ostseeanrainer sind wichtige Handelspartner.

Bundeswehr ist Teil unseres Landes
Ihre Soldatinnen und Soldaten sowie ihre zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören klar zu unserem Land. Wir bekennen uns nachdrücklich zum Bundeswehrstandort Mecklenburg-Vorpommern! Jeder einzelne Standort ist ein nicht wegzudenkender Teil unserer Städte und Gemeinden. Die Soldatinnen und Soldaten versehen für unser Land einen wichtigen, körperlich und geistig sehr anspruchsvollen Dienst! Neben militärischen Einsätzen ist die Bundeswehr eine leistungsfähige, zuverlässige Ansprechpartnerin, wenn es um die Bewältigung von Großschadenslagen geht. Die Bundeswehr muss Teil unserer Gesellschaft bleiben; öffentliche Gelöbnisse sind Element dieses Selbstverständnisses.

 Fischerei ist Tradition
Kaum etwas macht das Spannungsfeld zwischen Mensch, Umwelt, Klima und Artenschutz so deutlich wie die Fischerei. Das romantische Bild vom Fischer auf seinem Boot wurde von der harten Realität überholt. Unsere verbliebenen Ostsseefischer, aber auch die Binnen- und Küstenfischer, brauchen Einkommensalternativen. Traditionsschifffahrt als maritimes Erbe darf nicht verloren gehen. Wir sind es unseren Fischerinnen und Fischern schuldig, ihnen dabei zur Seite zu stehen.

Werften sind industrielle Tradition
Sie bilden unsere industriellen Kerne, gleichzeitig sind sie Arbeitgeber für gut bezahlte, hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Der Erhalt der Werften hat daher keine nostalgischen Gründe: Die Werften und deren Zulieferer sind das verbliebene letzte Glied einer Wertschöpfungskette, die für unser Land von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist.

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