Gemächlich ziehen einige Schönwetterwolken über den Himmel im Norden Großbritanniens, als Lady Alison Johnstone die kleine Rednertribüne betritt. Sie ist Präsidentin des schottischen Parlaments und Taufpatin der HMS Spey, die an diesem Tag in Dienst gestellt wird. Das Offshore Patrol Vessel gehört zur zweiten Tranche der River-Klasse, Batch 2, wie es bei der Royal Navy heißt. Gebaut wurde die Spey als fünftes und damit letztes Schiff der Serie bei BAE Systems im schottischen Glasgow. Benannt nach einem Fluss, der sich rund 40 Kilometer südlich von Invergordon durch den Cairngorms National Park schlängelt, wird sie nun in dem kleinen Hafenstädtchen offiziell Teil der Flotte. Invergordon fungiert gleichzeitig als Patenstadt für Schiff und Besatzung, mehr Lokalkolorit geht kaum.
Die ersten drei Schiffe der River-Klasse wurden zu Beginn der 2000er-Jahre bei Vosper Thornycroft, heute Teil von Babcock International, gebaut. Ein viertes, modifiziertes Exemplar, die Clyde, wurde 2005 in Auftrag gegeben, jedoch von der Royal Navy lediglich für einige Jahre geleast und fährt mittlerweile für die Royal Bahrein Navy.
2014 wurde dann mit BAE Systems der Vertrag zur Produktion und Lieferung von fünf neuen OPVs der River-Klasse unterzeichnet. Auch wenn sie prinzipiell auf den älteren Einheiten basieren, sind sie doch mit ihrer eigenen Linie klar erkennbar. Insbesondere bei den Dimensionen haben die angepassten Schiffe zugelegt. In der Länge sind sie um rund zehn auf 90,5 Meter gewachsen, was in einer Verdrängung von 2000 Tonnen resultierte, 300 Tonnen mehr als die Vorgänger. Mit je zwei modernen MAN-Dieseln ausgestattet sind nun Geschwindigkeiten von 25 Knoten möglich. Zudem wurde die Seeausdauer von 21 auf 35 Tage gesteigert und es können nun bis zu 50 Soldaten eingeschifft werden. Statt der 20-Millimeter-Kanone ziert auf den Batch-2-Schiffen eine 30-Millimeter-Bushmaster-Kanone die Back. Das Flugdeck kann nun mittelschwere Helikopter, beispielsweise den von den Briten geflogenen Merlin, aufnehmen.
Mit den neuen Maßen sind die Batch-2-Einheiten deutlich seegängiger geworden. Damit kommen sie der Forderung der Navy nach, für den weltweiten Einsatz geeignet zu sein. Gedacht sind die Schiffe für Patrouillenfahrten im Rahmen der Terror-, Piraterie- und Schmuggelbekämpfung. Hier lösen sie teilweise die bislang dort eingesetzten Hochwertschiffe, also Fregatten und Zerstörer, ab. Das spart nicht nur eine Menge Geld, sondern erlaubt es der Royal Navy auch, im Ernstfall mehr Material für Kampfeinsätze bereitstellen zu können.
Seit Oktober 2020 hat die 45 Personen umfassende Besatzung der Spey unter ihrem Kommandanten, Lieutenant Commander Ben Evans, während der Seeerprobungen bewiesen, dass die Marine ein voll funktionsfähiges Schiff erhält. Den wiederentdeckten Anspruch Großbritanniens, einen angemessenen Platz auf der Weltbühne einzunehmen, unterstreicht gleich der erste Einsatz des neuen Schiffes. Noch in diesem Jahr soll HMS Spey zusammen mit ihrer Schwester Tamar in den Indopazifik verlegt werden. Während der Stationierung werden die OPVs nicht nur in enger Zusammenarbeit mit Partnermarinen für die Sicherheit in der Region sorgen. Mit einigem Stolz soll auch die Flagge Großbritanniens wieder über den Wellen wehen. Und, zumindest im Herzen der Besatzungsmitglieder, auch die schottische.
Text: mb; Fotos: Royal Navy/Crown Copyright
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