Löschübung mit einem brennenden Helikoptermodell, Foto: Bw/Marcel Kröncke

Löschübung mit einem brennenden Helikoptermodell, Foto: Bw/Marcel Kröncke

Smoke on the Water

Die Bekämpfung eines Feuers muss an Bord jeder Soldat beherrschen. Eine hochwertige und mehrstufige Ausbildung ist daher unerlässlich.

Das Einsatzausbildungszentrum Schadensabwehr Marine in Neustadt in Holstein ist eine Ausbildungseinrichtung der Deutschen Marine. Gelehrt wird in der Einsatz- und Basisausbildung sowie durch die Fachgruppe Sanitätsdienst. Die Einsatzausbildung ist für die Ausbildung der Besatzungen seegehender Einheiten und die Basisausbildung unter anderem für die Trainings der Taucher und Schadensabwehrkräfte verantwortlich. Warum betreibt die Deutsche Marine einen solchen Aufwand und hält sich ein eigenes Trainingszentrum? Die Antwort liegt in den Besonderheiten der Seefahrt auf militärischen Einheiten. Die sichere Teilnahme am Seeverkehr ist dabei nur die eine Seite der Medaille. Auf dem Wasser, weit entfernt der Heimat und vom rettenden Ufer, muss jedes Besatzungsmitglied einen Beitrag zur Schadensabwehr leisten können. Eine besondere Rolle spielt hier die Bekämpfung von Feuer, daher ist beinahe jeder Marinesoldat auch ein „Feuerwehrmann“. Daher ist die Ausbildung in der Schadensabwehr, insbesondere die Brandschutzausbildung, von besonderer Bedeutung für die Deutsche Marine.

Schon immer war die Ausbildung am Einsatzausbildungszentrum Schadensabwehr Marine (EAZS M) in Neustadt bekannt für ihre hohen Praxisanteile in den Lehrfächern. Kompetenzorientierte Ausbildung ist die konsequente Weiterentwicklung der bisher praktizierten Lern- und Lehrmethoden. Die Vermittlung von theoretischen Wissen ist zwar ein Muss, steht aber nicht im Vordergrund. Sicheres Anwenden dieses Wissens im praktischen Handeln steigert die Überlebensfähigkeit im Einsatz und ist der Garant für die Auftragserfüllung.

Gestützt wird die gesamte Ausbildung neben vielen Vorschriften und Weisungen auf die Bereichsvorschrift Schadensabwehr an Bord und auf die am EAZS M vorhandene Infrastruktur. Neben der ehemaligen, als Ausbildungs-Hulk umgebauten Fregatte KÖLN befindet sich hier eine Heißbrandausbildungsanlage, die die Eigenheiten bei der Schiffsbrandbekämpfung realitätsnah abbildet. Die Besonderheiten und speziellen Herausforderungen bei der Bekämpfung eines Feuers an Bord von Schiffen und Booten lassen sich an diversen Gefahrenquellen wie Kraftstoff und Munition, in der räumlichen Enge, der Schiffskonstruktion selbst sowie dem verwendeten Schiffbaumaterial finden. Stahl ist das im Schiffbau am häufigsten verwendete Material und besitzt eine hervorragende Wärmeleitfähigkeit. Diese kann dazu führen, dass ein Feuer praktisch „durch Wände geht“. Rauchgase können sich durch den Kamineffekt und das Lüftungssystem sehr schnell im Schiffsinneren ausbreiten und stellen gerade mit den nicht sichtbaren Bestandteilen, darunter Kohlenmonoxid, eine sehr große Gefahr dar.

Schiffe und Boote der Deutschen Marine sind aufgeteilt in Schiffssicherungsbereiche, in denen die Schadensabwehrkräfte ihren Auftrag erfüllen. Praktisch jedes Besatzungsmitglied trägt in seiner Verantwortungsebene einen Anteil zur Gefahrenabwehr bei.

Die Bewältigung der Atemschutzübungsstrecke ist eine körperliche Herausforderung, Foto: Bw/Marcel Kröncke

Die Bewältigung der Atemschutzübungsstrecke
ist eine körperliche
Herausforderung, Foto: Bw/Marcel Kröncke

Modularer Aufbau

Jeder Angehörige der Streitkräfte durchläuft zu Beginn seiner Dienstzeit eine Grundausbildung. In der Deutschen Marine folgt anschließend das speziell entwickelte Ausbildungsmodul Aufbaubefähigung Bord. In diesem sogenannten „Blauen Modul“ wird vermittelt, was es bedeutet, seinen Dienst an Bord seegehender Einheiten zu absolvieren, wo die Schwerpunkte der Schadensabwehr und des Gefechtsdienstes zu finden sind, und dass es hier spezifische Begriffe und charakteristische Verhaltensweisen gibt. Vielen Marinesoldaten wird dabei erstmalig bewusst, dass die Verwendung an Bord eines Schiffes oder Bootes etwas Einzigartiges darstellt und mit besonderen Herausforderungen verbunden ist. Integraler Bestandteil des Moduls ist die Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger. Mit der erfolgreichen Teilnahme an diesem Ausbildungsmodul ist der Grundstein für eine Vielzahl weiterer Trainings, die speziell auf die Verwendung an Bord von Schiffen und Booten der Deutschen Marine zugeschnitten sind, gelegt. Nicht nur an der Marineoperationsschule Bremerhaven und der Marinetechnikschule Parow, sondern auch im Marinestützpunkt Wilhelmshaven und am Einsatzausbildungszentrum Schadensabwehr Marine werden Atemschutzgeräteträger ausgebildet. Diese mit zivilen Vorgaben übereinstimmende Ausbildung stellt den ersten Schritt dar, um im Rahmen der Schadensabwehr, vor Atemgiften geschützt, gegen Feuer vorgehen zu können. Allerdings reicht diese Qualifikation allein bei Weitem noch nicht aus, und hier spielt das EAZS M eine ganz entscheidende Rolle.

Schadensabwehrkräfte an Bord gehen in aller Regel nie allein vor. Das in der Schadensabwehr etablierte System verhindert Unklarheiten in der Führungsstruktur. Der Brandabwehrtrupp zum Beispiel besteht aus mindestens zwei Atemschutzgeräteträgern und wird von einem Truppmitglied mit der Qualifikation Schiffssicherungstruppführer gelenkt und geleitet. Das Erreichen der notwendigen Qualifikationshöhe als Schiffssicherungstruppführer wird am EAZS M in einem zweiwöchigen Training vermittelt. Das Training enthält einen zwingend notwendigen Theorieanteil in den Lehrfächern Einsatzgrundlagen, Leckabwehr, Brandabwehr und Bordsanitätsgefechtsdienst sowie sehr vielen praktischen Übungen zur Bekämpfung von Feuern und Wassereinbrüchen. Die zukünftigen Schiffssicherungstruppführer lernen mit besonderen Bedingungen umzugehen und zielgerichtet sowie handlungssicher den Auftrag zu erfüllen.

In dem hierarchischen System der Schadensabwehr erhalten die Schiffssicherungstruppführer ihren Auftrag von einem Leiter am Einsatzort. Das Training „Schiffssicherung Leiter am Einsatzort“ ist für die mittlere Führungsebene konzipiert und legt den Schwerpunkt auf militärische Führung unter Gefechtsbedingungen in der Schadensabwehr auf seegehenden Einheiten. Alle Trainingsteilnehmer werden binnen vier Wochen das erforderliche Wissen aus den theoretischen Lehrfächern Einsatzgrundlagen, Leckabwehr, Brandabwehr und Bordsanitätsdienst im Praxisteil anwenden, der rund 60 Prozent der Ausbildung umfasst. Hier werden in den sogenannten Führungsübungen die Leistungen der Trainingsteilnehmer bewertet. Bei voller Besetzung des Hörsaals und vier Übungen pro Trainingsteilnehmer werden so insgesamt 80 Übungslagen absolviert. Dies stellt nicht nur die Trainingsteilnehmer vor große Herausforderungen, sondern auch die Ausbilder. Während der bewerteten Führungsübungen darf den Ausbildern nichts entgehen. Daher stehen bei den standardisierten Übungsabläufen bis zu zwölf Ausbilder während der Lagen in Verantwortung.

In der Struktur der Schadensabwehr ordnen sich Schadensabwehrkräfte zu einer Gruppe. Eine solche Schiffssicherungsgruppe ist in einem Schiffsicherungsbereich vorrangig tätig und besteht aus mindestens 14 Personen, die gemäß den vorgegebenen Prioritäten in der Lage sind, Feuer zu bekämpfen, Wassereinbrüche zu stoppen und sich um Verletzte oder Verwundete zu kümmern. Situationsabhängig muss der effektive Einsatz aller Ressourcen gesteuert und somit auch über notwendige Ortswechsel von Personal und Material nachgedacht werden. Diese äußerst herausfordernde Managementaufgabe obliegt dem Schiffssicherungsgruppenführer. Er lenkt und leitet die ihm anvertrauten und unterstellten Leiter am Einsatzort, Schiffssicherungstruppführer, Atemschutzgeräteträger und Schadensabwehrkräfte nach Maßgabe der Schiffsführung. Zur Bewältigung dieser sehr anspruchsvollen Aufgabe dient das zweiwöchige Training Schiffssicherungsgruppenführer. Voraussetzung zur Teilnahme ist die Qualifikation Leiter am Einsatzort und eine mindestens halbjährige Verwendung als solcher an Bord von Schiffen und Booten der Deutschen Marine. Das Training Schiffssicherungsgruppenführer zeichnet sich durch eine noch intensivere praktische Ausbildung aus und bildet für die mittlere Führungsebene die höchste Qualifikation in der Schadensabwehr.

Die umfangreichste Ausbildung im Bereich der Schadensabwehr ist das sechswöchige Training „Schadensabwehr Offizier“. Jeder Offizier an Bord hat diese modular aufgebaute Ausbildung, welche ganz auf die Erfordernisse im Ausbildungswerdegang eines Marineoffiziers zugeschnitten ist, absolviert. Beginnend mit der vollständigen Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger werden die theoretischen und praktischen Lehranteile für die Qualifikationshöhen Schiffssicherungstruppführer, Leiter am Einsatzort und Schiffssicherungsgruppenführer vermittelt. Als zukünftige Gesamtverantwortliche in der Schadensabwehr und der Brandbekämpfung oder als Vertreter des Kommandanten im Rahmen ihrer Wachtätigkeit gilt es, den Offizieren die Grundlagen für ein sicheres Führen in komplexen Schadenslagen unter erschwerten Bedingungen zu vermitteln. Den Abschluss dieses Trainings stellt die Übung „Feuer im Schiff“ im Hafen dar. In diesem vielschichtigen Szenario, der sogenannten Hafenfeuerlöschrolle, gilt es, in Zusammenarbeit mit einer Feuerwehr den Überblick über Personal und Material zu behalten und bei allen umgebenen Einflüssen nicht die Kontrolle zu verlieren.

Realitätsnahe Übung mit Rauch, Hitze und Dunkelheit, Foto: Bw/Marcel Kröncke

Realitätsnahe Übung mit Rauch, Hitze und Dunkelheit, Foto: Bw/Marcel Kröncke

Realisierung der Trainingsinhalte

Die Ausbildung in der Brandbekämpfung ist unterteilt in mehrere Praxisabschnitte. Einmal im Jahr müssen in einer Atemschutzübungsanlage die Atemschutzgeräteträger in kompletter Schutzausrüstung einen definierten Parcours durchlaufen und beweisen, dass sie den Belastungen körperlich gewachsen sind. Der Schutz und die Sicherheit der Trainingsteilnehmer hat immer höchste Priorität. Deshalb muss jeder, der am EAZS M unter schwerem Atemschutz die Brandbekämpfung übt, nochmals zu Beginn des Trainings diese Belastungsübung bestehen. Bevor jedoch Trainingsteilnehmer in die Pflicht genommen werden, an Bord Feuer zu löschen, steht die Praxis in der Brandübungshalle. In dem ohne schweren Atemschutz benutzbaren Teil erfolgt die Ausbildung an Kleinlöschgeräten wie Pulverhandfeuerlöschern und Feuerlöschgeräten für Wasser und Schaum. Jeder Trainingsteilnehmer kann das Gefühl einer erfolgreichen Brandbekämpfung erleben, denn in dieser Übungseinrichtung hängt der Erfolg von seinem eigenen kompetenten Handeln ab. Für die Sicherheit sorgen die Ausbilder und greifen notfalls ein. Die Ausbildungs-Hulk Ex-KÖLN bietet nicht nur optisch das Erscheinungsbild eines Schiffes, sondern vermittelt schon beim Betreten, dass an Bord andere Gegebenheiten vorherrschen, die man an Land so nicht kennt. Insgesamt verfügt die Ex-KÖLN über drei Schiffssicherungsbereiche mit drei sogenannten Großbrandstellen, sechs Kleinbrandstellen und diversen Übungsorten für die Leckbekämpfung. Die Großbrandstellen befinden sich in den ehemaligen Betriebsräumen für Antrieb und Elektrotechnik. Sie stellen für die Trainingsteilnehmer schon auf dem Weg zur Brandstelle durch die eingeschränkte Sicht, die durch das Tragen von Schutzausrüstung und mitgeführtem Feuerlöschgerät eingeengte Beweglichkeit und die besonderen Zuwegungen durch die Niedergänge eine enorme Herausforderung dar. Der Erfolg in der Brandbekämpfung stellt sich ein, wenn das Feuer tatsächlich gelöscht ist, denn das ist die große Herausforderung: Einen Notausknopf gibt es nicht! Auch hier sorgen die Ausbilder für die nötige Sicherheit und greifen bei Bedarf unterstützend ein. Durch die Aktivierung von Feuern auf den kleineren Brandstellen kann die Reaktionsfähigkeit der Trainingsteilnehmer und deren sicheres Handeln mit Handfeuerlöschern geübt werden. Für die Brandbekämpfung unter schwerem Atemschutz besitzt die Brandhalle noch eine ganz besondere Heißbrandausbildungsanlage. Hier ist es möglich, durch die variable Höhe der Rauchgasschicht schlechte Sicht und Hitze spürbar zu vermitteln. In dieser dreiräumigen, einer Schiffssektion ähnelnden Stahlkonstruktion können die Schwierigkeitsgrade ganz individuell auf die Trainingsteilnehmer abgestimmt und eingestellt werden. In dieser Heißbrandausbildungsanlage werden die höchsten Ansprüche an Trainingsteilnehmer und Ausbilder gestellt. Extrem heiße Rauchgase können die Brandbekämpfung massiv erschweren. In dieser Anlage lässt sich eindrucksvoll trainieren, das Feuer richtig zu „lesen“ und dabei die Rauchgase nicht außer Acht zu lassen.

An Bord der Ex-Köln geht es eng und unübersichtlich zu, Foto: Bw/Marcel Kröncke

An Bord der Ex-Köln geht es eng und unübersichtlich zu, Foto: Bw/Marcel Kröncke

Blick in die Zukunft

Nicht nur eine stete Weiterentwicklung der Lern- und Lehrmethoden mit all ihren Inhalten garantiert eine dem aktuellen Stand angepasste Ausbildung, auch die dazu notwendige Infrastruktur gilt es nicht aus den Augen zu verlieren. Die für den Ersatz der Ausbildungs-Hulk Ex-KÖLN notwendigen administrativen Schritte sind erfolgt und liegen zur weiteren Bearbeitung im Planungsamt der Bundeswehr. Neben der reinen Infrastruktur gilt es, entsprechend Personal zu rekrutieren und möglichst langfristig zu binden. Denn für die Durchführung hochwertiger Trainings muss viel Zeit in die Ausbildung der Ausbilder investiert werden und es bedarf einer Vielzahl von Abnahmen und Freigaben, um dies sicher zu können. Die stete Weiterentwicklung umfasst auch die Gerätschaften für die Schadensabwehr. Zukünftig angedachte Fähigkeiten in der Brandbekämpfung oder Schadensabwehr lassen zuversichtlich in die Zukunft blicken. Bis dahin bleibt die Herausforderung, mit den gegebenen Ressourcen das Beste rauszuholen.

Fregattenkapitän Andreas Steinfeld ist in der Basisausbildung des Einsatzausbildungszentrums Schadensabwehr Marine als Fachbereichsleiter Einsatzgrundlagen tätig.

Andreas Steinfeld

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