Die glorreichen Achtzehn

Route von Magellan und Elcano

Die glorreichen Achtzehn

Ferdinand Magellan wollte nie die Erde umsegeln und tat es auch nicht. Die von ihm begonnene Reise beendete vor 500 Jahren der Spanier Juan Sebastián Elcano.

Der Vorsehung sei Dank erreichten wir die Bucht von San Lucar, und von den sechzig Männern, die die Besatzung bildeten, als wir die Molukken verließen, waren wir nur achtzehn, und die meisten von ihnen waren krank.“ So beschrieb Antonio Pigafetta, der Chronist der ersten Weltumseglung vor 500 Jahren, die Ankunft der VICTORIA am 6. September 1522 im Hafen von Sanlúcar de Barrameda.Genau dort, an der Mündung des Guadalquivir in den Atlantik, war das Schiff drei Jahre zuvor aufgebrochen. Sein Kapitän, der Spanier Juan Sebastián Elcano, den Pigafetta unerwähnt ließ, schrieb nach der Ankunft einen Brief an seinen König und Kaiser Karl V., in dem er die unfassbare Reise auf einen Satz brachte: „Wir haben das ganze Rund der Welt entdeckt und umrundet, indem wir gen Westen gefahren sind und aus dem Osten zurückkehrten.“

Das hatte vor ihm, soweit wir wissen, noch niemand sonst vollbracht. Auch er hatte sich das nicht vorgenommen. Er wollte, wie alle anderen, die gleich ihm 1519 in Sanlúcar in See stachen, zu den Gewürzinseln. Die Idee dazu war dem Portugiesen Ferdinand Magellan gekommen: Wenn die Welt eine Kugel sei – wie die gebildeteren Zeitgenossen damals annahmen –, müsste es möglich sein, die wegen ihrer Gewürze ersehnten Molukken nicht nur auf der bekannten Ostroute, sondern auch auf einer Fahrt immerzu gen Westen zu erreichen. Zwei Probleme gab es: Im Wege lag das gerade von Kolumbus entdeckte Amerika, und hinter Amerika kam der Pazifik, dessen Weite noch kein Europäer kannte. Der portugiesische König Manuel I. fand, ein solches Abenteuer lohne sich nicht. Es gebe ja schließlich die Ostroute. Und der Osten gehörte Portugal.

Ein paar Jahre zuvor, 1494, hatten Portugal, das schon eine Großmacht war, und Spanien, das gerade eine wurde, im Vertrag von Tordesillas die Welt untereinander aufgeteilt: den Osten für Portugal, den Westen für Spanien. Die mögliche Kugelform der Erde hatte niemand bedacht. König Karl wollte sie nun für Spanien nutzbar machen: indem er Magellan Gewürze, wertvoll wie Gold, von den Molukken holen ließ, die ja ebenso ganz im Westen wie ganz im Osten lagen. Die Ironie der Geschichte ist, dass für die Spanier ausgerechnet ein Portugiese in See stach. Als hätten die Amerikaner 1969 Juri Gagarin zum Mond geschickt.

Verglichen mit der ersten Weltumseglung war die Apollo-11-Mission ein All-inclusive-Urlaub, zumal danach alle Teilnehmer wieder heil auf der Erde landeten. Von den 247 Männern, die 1519 in fünf Schiffen zur Molukkenreise aufbrachen, kehrten nur die wenigsten zurück. Sie hatten an der äußersten Südspitze Amerikas eine Durchfahrt entdeckt – die heutige Magellanstraße –; sie hatten, dem Wahnsinn immer näher kommend, den endlosen Pazifik gequert; sie hatten, nachdem Magellan bei einem wenig heldenhaften Angriff auf eine philippinische Insel sein Leben ließ, mit zweien der ursprünglich fünf Boote die Molukken gefunden, hatten die Boote mit Gewürzen beladen und waren mit dem einen der beiden, der VICTORIA, unter Elcanos Führung weiter Richtung Westen gesegelt. Was so nie geplant gewesen war. Aber sie kamen ans Ziel, glorreiche 18 von den 60, die von den Gewürzinseln aufgebrochen waren. Die restlichen „desertierten auf der Insel Timor, andere wurden wegen Verbrechen zum Tode verurteilt und wieder andere verhungerten“, erklärte der Chronist Pigafetta.

Den ganzen Ruhm für diese Heldentat gewährte die Menschheit Magellan, worin ein Stück Gerechtigkeit liegt, weil er den Irrsinn gewagt hatte. Aber Ruhm gebührt auch Elcano, weil er zu Ende brachte, was in Magellans Reise zwar als Möglichkeit angelegt, aber noch nicht als Idee entwickelt war. Elcano starb vier Jahre später auf seiner nächsten Fahrt hinaus über den Pazifik zu den Molukken, noch keine 40 Jahre alt.

Martin Dahms

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