Korvette Klasse 130 zweites Los "Emden". Foto: Michael Nitz

Korvette Klasse 130 zweites Los "Emden". Foto: Michael Nitz

Sabotage an Marineschiffen - wieder ein Erklärstück

Anlass zur Besorgnis, aber bitte keine Hysterie - wieder ein Erklärstück

Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan C. Kaack, sagte auf den „Navy Talks“ vor der Hauptstadtpresse, dass es Verdachtsfälle von Sabotage auf Schiffen der Marine gäbe. Er deutete an, dass es während eines Werftaufenthaltes eines Bootes Beschädigungen gegeben habe, die den Verdacht auf Sabotage begründeten. Inzwischen berichteten mehrere Medien, dass es sich um das Minenjagdboot „Homburg“ (M 1069) handelte, das sich zu einer planmäßigen Instandsetzung bei der Tamsen-Maritim Werft an der Warnow befand. Unbekannte sollen mehrere Kabelbäume durchtrennt haben. Unterrichtete Kreise sprechen von einem Bolzenschneider als Tatwerkzeug. Der Spiegel berichtet von Ermittlungen der Rostocker Staatsanwaltschaft.

Während es sich bei der „Homburg“ um ein Boot handelt, das sich im aktiven Dienst der Deutschen Marine befindet, war der Vorfall in der Hamburger Werftanlage von Blohm & Voss bei NVL („Naval Vessels Lürssen“) etwas anders gelagert: Die Korvette „Emden“ (F 266) gehört noch nicht der Deutschen Marine und ist auch noch nicht an die Bundeswehr übergeben (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr – BAAINBw). Es habe sich um einige Kilogramm Metallspäne gehandelt, die im Antrieb gefunden wurden, bevor sie Unheil anrichten konnten. So etwas kann die Fertigstellung eines Schiffes massiv verzögern. Der Unterschied ist die Zuständigkeit für die Absicherung. Daher äußerte sich der Inspekteur dazu auch nicht.

Flottendienstboot Alster. Foto: Michael Nitz

Flottendienstboot Alster. Foto: Michael Nitz

Auf der Norderwerft in Hamburg hatte es einen Brand auf dem Flottendienstboot "Alster" (A50) gegeben. Das Flottendienstboot lag ebenfalls zu einer planmäßigen Instandsetzung in Hamburg. Schnell war die Vermutung geäußert worden, dass es sich um Sabotage handeln könnte, aber nach Informationen marineforum handelte es sich um einen „kleinen elektrischen Brand“, der von der Besatzung selbst gelöscht wurde. Die Feuerwehr kontrollierte die Brandstelle, hatte sogar Löschboote zum Dock geordert – sie konnten umgehend wieder abdrehen.

Kommunikation und der große Plan

Die Verlautbarungen sind spärlich. Weder von den Werften, noch von der Marine, oder gar dem BAAINBw gibt es offizielle Statements. Das ist vor dem Hintergrund von Ermittlungen der jeweiligen Staatsanwaltschaften, der Kriminalpolizei und der Bundeswehr auch nicht verwunderlich. Natürlich entstehen jetzt Spekulationen, was Russland außer der Sabotage an Pipelines noch alles unternimmt, um uns zu verunsichern, oder zu „testen“, wie der Inspekteur es nannte. Aber mit den Vorgängen um eine Schattenflotte im russischen Auftrag hat das zunächst wenig zu tun, außer dass man den gleichen Urheber vermuten könnte. Ebenso wie man vermuten könnte, dass hinter den Drohnenüberflügen und Eindringversuchen in Kasernen ebenfalls der Aggressor Russland steckt. Aber dann würden wir ihm einen „großen Plan“ unterstellen. Dass es einen solchen geben könnte, ist zwar nicht auszuschließen. Derzeit gibt es jedoch bestenfalls Hinweise, jedenfalls keine öffentlich bekannten Beweise – und schon gar keine Festnahmen. Und bevor nicht etwas Handfestes vorliegt, verbietet es sich, Vermutungen zu  kommunizieren. Dieses Vermuten und Spekulieren hat nämlich einen fiesen Nebeneffekt: Jedes unplanmäßige Vorkommnis, jedes unerwartete Schadensereignis, und sei es noch so banal, führt zu hysterischen Reaktionen! Der „schon wieder“-Effekt tut das seinige und trägt zur Verunsicherung des gesamten Umfeldes bei. Dabei weiß jeder, dass in einer Werft durch den fortwährenden Umgang mit Werkzeug und Materialien eine hohe Brandgefahr besteht und die vielfältigsten Ursachen zu Bränden führen können: Schleifstaub in einem Elektromotor, Funkenflug beim Schweißen, oder Lappen mit Lösungsmitteln – alles nicht neu – strenger Brand- und Unfallschutz hat seinen guten Grund.

Ist das denn so einfach?

Wenn man einen Werftlieger der Deutschen Marine beschädigen wollte, wie wäre das denn möglich? Für den Außenstehenden sei hier beschrieben, dass man nicht so einfach auf ein Werftgelände gehen, dort herumspazieren und Unfug treiben kann. Im Rahmen der Auftragsvergabe an Werften und Betriebe ist die bauliche und personelle Absicherung ein ganz wesentlicher Bestandteil des Vertrages, denn dahinter steckt natürlich ein erheblicher finanzieller Posten, der in dem planerischen, personellen und materiellen Aufwand der Werft begründet ist. Diese Absicherung kann eine Umzäunung, eine Einhegung oder auch andere Sichtschutzmaßnahmen erfordern. Auf jeden Fall gibt es Zugangskontrollen, sowohl see- als auch landseitig. Und nicht nur auf und neben, sondern auch besonders unter dem Schiff hat ein Fremder nichts zu suchen.

Minenjagdboot Homburg. Foto: Michael Nitz

Minenjagdboot Homburg. Foto: Michael Nitz

Praktisch heißt das, dass man einmal in einem Gelände angekommen noch lange nicht an eine Einheit herankommt. Man wird empfangen, registriert, erhält eine Zugangskarte, und erst mit dieser kann man durch ein Drehkreuz (Personenvereinzelungsanlage) die Stelling queren. An Bord wird man als Besucher registriert, sowohl beim Eintreffen, als auch beim Verlassen. Das geht ausschließlich in Begleitung, mit Berechtigung und vorhergehender Überprüfung. Und der Besuch sollte einen triftigen Grund haben – „nur mal gucken“ ist nicht.

Diese Berechtigung haben die militärischen Besatzungen nicht alleine, sondern alle Personen, die mit einer Instandsetzung zu tun haben, Werftangehörige und außenstehende Firmen. Die mehrstufigen Sicherheitsüberprüfungen zum Sabotageschutz sind aufwändig, sie können sich beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) über Monate oder gar Jahre hinziehen. Auch Zulieferer und sogenannte Fremdfirmen werden streng überprüft. Im täglichen Betrieb heißt das, dass nur berechtigte Mitarbeiter an das Gewerk gelassen werden. Selbst große Anlagenhersteller haben am Ende des Tages nur wenige Berechtigte – ist einer krank, kann ein anderer nicht so einfach einspringen. Das macht die Arbeit oft langwierig und hemmt den Arbeitsablauf. In den Hallen ist es ähnlich: Zugangssperren, Codekarten und Aufzeichnungen verhindern unkontrolliertes Eindringen. Wie das genau funktioniert, darüber ist Stillschweigen vereinbart, da lässt man sich buchstäblich nicht "in die Karten" schauen. Und wie ist es bei einem U-Boot? Keine Chance, man kommt noch nicht einmal in die Halle. Selbst die Taufe derartiger Einheiten wird zum gesicherten Event, ganz besonders zum Beispiel bei den U-Booten für Israel von thyssenkrupp Marine Systeme.

Korvette Köln in der Werft, Foto: Daniel Angres

Korvette Köln in der Werft, Foto: Daniel Angres

Wer sich auf den Werften umsieht, entdeckt auch fremde Autokennzeichen und hört Fremdsprachen, denn unsere Nachbarn in Ost und West sind am Bau unserer Schiffe beteiligt, oder gehören Unterauftragnehmern an. Auch wenn es uns in diesen Zeiten seltsam berühren mag, eine osteuropäische Sprache im Sicherheitsbereich zu hören: Polen, Litauer und andere sind Verbündete – und auch diese sind überprüft. Man muss auch davon ausgehen, dass diese Personen aus Sicherheitsgründen sehr wohl Deutsch verstehen. Und auf Fremde schauen reicht nicht, Innentäter sind nie ausgeschlossen.

Sollte jemand das für paranoid halten, es geht noch besser: Der Bau von großen Luxus- und Superyachten, eine Domäne einiger deutscher Bauwerften, ist noch exklusiver gesichert. Hier geht es nicht nur um den Schutz der Eigner, sondern um hochsensible Diskretion. Auch das können deutsche Werften.

Warum ist es dennoch passiert? Wir wissen es (noch) nicht. Und wenn wir den Hintergrund kennen, sei es Einzelversagen, konzeptioneller Fehler oder schlichte Schlamperei, dann wird man Konsequenzen ziehen müssen. Das ist für eine Kriegstauglichkeit unbedingt vonnöten. Nur dies ist zu befürchten: Weniger Papierkram und zügigere Fertigstellungen dürfen wir bei erhöhter Wachsamkeit nicht erwarten.

20. Feb. 2025 | 2 Kommentare

2 Kommentare

  1. Alles richtig, nur ist davon auszugehen, dass ein mutmaßlicher Saboteur nicht den offiziellen Besuchereingang mit Kontrollen etc. benutzt uns auch nicht die „ausgewiesenen Besuchszeiten ( wenn es so etwas gibt.

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  2. Ich habe mit einem Iraner zusammengearbeitet , wir haben Anlagen auf der Oste , Okay , und der Alster repariert .
    Weiterhin waren wir auf der Lübeck Frankfurt und auf der MVP . Wie das sein konnte , habe ich nie verstanden . Manche Firmen nehmen es mit der Sicherheitsfreigabe nicht so genau .

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