Inspekteur der Marine Jan Christian Kaack während der "Navy Talks" 2025 in Berlin, Foto: Bundeswehr/Theska

Inspekteur der Marine Jan Christian Kaack während der "Navy Talks" 2025 in Berlin, Foto: Bundeswehr/Theska

Sabotage, Verdacht und losgerissene Anker

Der Inspekteur der Marine trat in Berlin mit dem neuen Format Navy Talks vor die Presse

Inspekteur der Marine Jan Christian Kaack während der "Navy Talks" 2025 in Berlin Foto: Schlüter

Inspekteur der Marine Jan Christian Kaack während der "Navy Talks" 2025 in Berlin Foto: Schlüter

Nachrichten über maritime Geschehnisse finden bedauerlicherweise nicht immer die Empfänger, die es braucht, um aus Erkenntnissen auch Taten erwachsen zu lassen. Das weiß kaum jemand besser als aktuell Vizeadmiral Jan Kaack. Also fasste er den Entschluss, in die Hauptstadt zu gehen, die Presse einzuladen und somit maritime Nachrichten mit dem Label Berlin zu versehen. Das hat dann eine andere Wirkung als von der Küste aus zu berichten - sorry Rostock. Unter dem Motto „Navy Talks“ im Besucherzentrum des Verteidigungsministeriums hat die Pressearbeit der Marine unter der Leitung von Fregattenkapitän Christina Routsi damit ein neues Format ersonnen. Mit rund 20 Personen war das Plenum mit einigen bereits als marinekompetent Bekannten gut besetzt. Der Inspekteur eröffnete das Plenum selbst mit der Frage, „was passiert da eigentlich so an der Ostsee? (..) und wie lange braucht man eigentlich, um zu bemerken, dass einem der Anker ausgerauscht ist? Wieso braucht ein russisches Forschungsschiff mit Mini U-Booten 300 anstelle von 10 Tagen von Skagen bis Sankt Petersburg?“. Das beschäftigt den Inspekteur und er ließ die Anwesenden alle an seinen Erkenntnissen teilhaben, wie er die hybriden Gefährdungen bewertet und wer demnach dahinter steckt, das fast im Monatsrhythmus Kabel zerstört werden und Anker angeblich verloren gehen. Letzteres beschrieb er aus der Sicht eines Seemannes in einer Deutlichkeit, die auch dem letzten Zweifler eingehen müssen, dass so etwas nicht versehentlich passiert. Deutlich machte er auch, dass es nachgewiesene Sabotageversuche an deutschen Kriegsschiffen gegeben habe, Anbahnungsversuche bei Soldaten sowie Eindringen in Stützpunkte von Land und von See. Seine Schlussfolgerung: man versucht, unsere Gesellschaft zu verunsichern, man testet uns, wörtlich „man schafft womöglich die Grundlage für spätere aktive militärische Aktivitäten. Es weht ein scharfer Ostwind.“

Inspekteur der Marine Jan Christian Kaack und Leiterin PIZ Christina Routsi während der "Navy Talks" 2025 in Berlin Foto:Schlüter

Er stellte ferner die Maßnahmen der Marine vor, vom Hauptquartier in Rostock bis hin zu ersten operativen Maßnahmen wie das Ertüchtigen von Minenabwehrkräften mit Erweiterung der Tauchtiefen. Wichtig sind ihm die Arbeiten an einem behördlich koordinierten Lagebild mit einer Kombination von zivilen und militärischen Satelliten, von Windparks, Industrie, Forschungsinstituten, Schiffen und Küstenradarstationen sowie Unterwassersensoren, um ein umfassendes Bild von maritimen Aktivitäten unter ein Überwasser zu erstellen. „Wir stehen als Marine bereit, gemeinsam mit unseren Partnerbehörden von Bund und Ländern hybride Angriffe auf die maritime Infrastruktur abzuwehren. Und wenn dies nur mit militärischen Mitteln gelingen kann, sollten dafür auch der rechtliche Rahmen stehen. Getreu dem Motto des Ministers, was wir nicht gebrauchen können, ist nicht zu wissen, was wir tun dürfen, wenn wir es tun müssen. Und darüber hinaus bieten wir an, die Verantwortung für einen gesamtstaatliches maritimes Lagebild aller Behörden zu übernehmen“. Er stellte aber ebenso deutlich heraus, dass wir uns nicht nur auf die Ostsee konzentrieren dürfen, sondern auch den Auftrag der Marine beachten müssen, die Sicherung der Nordflanke zu gewährleisten.

Die Bedrohung durch Russland sei heute noch deutlicher als vor zwei Jahren sagte Kaack und wiederholte seine Ableitung, dass Russland im Jahr 2029 in der Lage sein würde, einen Konflikt mit der Nato zu suchen. Mit welchen Mitteln die an verfügbaren Einheiten klamme Marine das machen wolle, führte er an konkreten Beispielen aus, so die Erweiterung der Fähigkeiten der Fregatte 125 und einer Vielzahl kleiner Innovationen, darunter die Testkampagne der Unterwasserdrohne Blue Whale. Leider, so bedauerte der Inspekteur, gebe es nach erfolgter Prüfung noch die erforderlichen Prozesse zur Einführung solcher Innovationen, er nannte dies wörtlich „Tal des Todes“ und wünschte sich mehr Dynamik und Eigenverantwortung der Marine. Alle Maßnahmen und Vorhaben benötigen jedoch ausreichend Personal, und darunter leidet die Marine wie schon immer besonders und mehr als andere Teile der Bundeswehr. Zwar habe man das Ziel, 10% mehr Menschen in die Marine zu holen, mit 15% übertroffen. Das reiche aber immer noch nicht. Dankbar zeigte er sich über den erfolgreichen Wettstreit um Praktikanten, denn in rund 7000 Praktikumstagen konnten rund 1000 junge Menschen vom „Zauber der Marine“ erfasst werden. Zum Weg Richtung Kriegstauglichkeit und glaubwürdige Abschreckung habe man auch Dinge selbst in der Hand, so gibt es nun die Vorgabe, dass jeder Marinesoldat und Soldatin die Borddienstverwendungsfähigkeit abzulegen habe. Bis zum Jahr 2029 werde es keine neuen großen Kriegsschiffe geben, sagte Kaack, man müsse mit dem auskommen, was man habe. Mit den Worten „Verfügbarkeit, Verfügbarkeit, Verfügbarkeit“ analog zu seiner vorangegangenen Priorität „Munition, Munition, Munition“ wies er auf das Dilemma der Instandhaltung und Verzögerungen hin. Wohl auch deshalb kündigte er an, demnächst den Kurs 2023+ anzupassen, gab aber in der anschließenden Fragerunde keine Details Preis. In der Fragerunde bestätigte Jan Kaack mehrmals die Erkenntnisse über die russische hybride Vorgehensweise. Die Tatsache, dass Sabotageakte stattgefunden hätten, schien dabei eine besondere Aufmerksamkeit erreicht zu haben. Nach einer Stunde war die Veranstaltung beendet. Ein neuer Weg maritimer Kommunikation? Mit Sicherheit. Wenn man aus der vermeintlichen maritimen Provinz heraus nicht gehört wird, muss man bei Hofe predigen. Und das tat Vizeadmiral Kaack mit der gebotenen Ernsthaftigkeit, einer Prise Humor und er hatte reichlich Seeluft nach Berlin gebracht. Hoffen wir nur, dass diese frische Brise in der Hauptstadt und anderswo auch die Stuben gut durchlüftet. Nötig wäre es, denn diese Erkenntnisse benötigen ganz dringend Taten. Zum beispiel, nicht am 2% Ziel zu zweifeln. Dass er dieses Ziel begrüsst, war die einzige politische Aussage des Inspekteurs, nämlich auf die Frage, was er zur Bundestagswahl zu sagen bereit wäre.

12. Feb. 2025 | 0 Kommentare

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