Die Bootshalle wurde zur kleinen Messehalle, Fotos: hsc

Die Bootshalle wurde zur kleinen Messehalle, Fotos: hsc

Stippvisite beim finnischen Bootsbauer

Mit finnischer Leichtigkeit setzt Marine Alutech seine Produkte ins rechte Licht. Produkte der Werft finden sich im Einsatz bei Behörden in vielen Ländern der Welt.

Wenn man im Mai nach Finnland gebeten wird, um sich maritime Technologie präsentieren zu lassen, ist man als Chefredakteur des marineforums natürlich sofort elektrisiert: Wer lädt in das beschauliche Lappvik im Südwesten des neuen NATO-Partners ein? Natürlich Marine Alutech, bekannt für schnelle Boote im Dienst von Behörden. Man erwartet nicht die Größe der Hamburger Messe für maritime Technologie SMM oder die Expertendichte der militärisch ausgerichteten Undersea Defence Technology (UDT), aber irgendwie schien es, als ob sich der Weg lohnen würde. Was macht man denn in kleinen finnischen Manufakturen, wie denkt man, wie ist die Stimmung bei den neuen Partnern im Norden?

Finnische Marineoffiziereerproben erstmals die Fernbedienung

Finnische Marineoffiziere erproben erstmals die Fernbedienung,Foto: hsc

Was ist Marine Alutech? Das marineforum berichtete bereits über ein Produkt der kleinen Manufaktur, das Watercat M 18, in einer Darstellung der vielen konkurrierenden Anbieter. Mit Blick auf die Produktpalette erkennt man schnell, dass nahezu alle seegehenden Behörden des Landes mit 1250 Kilometer Küste bedient werden. Im Portfolio sind Boote für Marine, Küstenwache, Lotsen- und Hafenbehörden, Feuerwehren und Polizei. Und diese Behörden sowie die Zulieferer und Entwickler hatte das finnische Unternehmen am 12. Mai nach Lappvik geladen, um die Produkte vorzustellen und live vorzuführen.

Marine Alutech entwickelt und produziert Boote aus Aluminium und Verbundwerkstoffen. Das Unternehmen verfügt über 30 Jahre Erfahrung bei der Erfüllung behördlicher Anforderungen in verschiedenen maritimen Umgebungen – und das weltweit. Die Liste der Länder, in die exportiert wird, ist lang: von Dänemark bis Chile finden sich Kunden. Und daher stellt der Besucher wenig überrascht fest: Deutsche Repräsentanten und pensionierte finnische Marineoffiziere sind unter den Mitarbeitern. Darunter ein Fregattenkapitän a.D., der herzliche Grüße an den deutschen Inspekteur ausrichten lässt. Ilja heißt er und war einst beim COE CSW in Kiel. Man hört zu und ist überrascht, wie vernetzt die Finnen in NATO-Kreisen bereits sind. Erstaunt und ein wenig berührt erfährt man, wie Finnland Wehrhaftigkeit definiert: Über eine halbe Million Reservisten verfügt das kleine Land und Diskussionen um den Verteidigungsetat sind unbekannt. Man setzt auf Abschreckung, und zwar glaubwürdig über alle gesellschaftlichen Parteien hinweg. Deutlich wird die Absicht artikuliert, es einem potenziellen Angreifer so schwer wie möglich zu machen. Man verweist auf die Geschichte und erinnert an die russischen Verluste im Karelien-Krieg. Als Deutscher kennt man derartige öffentliche Artikulationen nicht – allein für diese Einsicht lohnt sich der Blick nach Norden.

Und man berichtet überzeugt, was Alutech kann und über die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Atlas Elektronik (siehe nebenstehender Bericht), Scania, Mercury, Cummins und vielen weiteren renommierten Unternehmen. Und sie sind alle vertreten in einer schlichten Halle, die kurzerhand zur Messehalle umfunktioniert wurde. Das wirkt einfach, ungeschminkt und ohne Schnörkel, aber genau aus diesem Grund auch professionell. Später werden die zahlreichen Besucher zur Pier geführt, um zu prüfen, ob das, was oben präsentiert wurde, hier unten auch funktioniert. Zum Beispiel das neue Festrumpfschlauchboot. Mit Donnergrollen schiebt sich der Bolide, angetrieben durch gewaltige Außenborder, aus der Bucht, hebt sich sanft aus dem Wasser und dreht souverän einen Vollkreis – bei 50 Knoten. Schade, dass kein Soldat vom Seebataillon hier ist. Ob es für die Deutsche Marine tauglich wäre? Es ist ein noch nicht fertig entwickeltes Wasserfahrzeug und wirkt noch etwas improvisiert, deshalb hält man sich mit Anpreisungen zurück. Die Vergabe des deutschen Auftrags an die Kollegen von Boomeranger liegt erst wenige Tage zurück und daher bei allen Anwesenden in frischer Erinnerung. Doch man spricht darüber nicht, wie überhaupt nicht über Geschäftliches geredet wird. Auf Fragen wird mit Bedauern reagiert, bewertet wird der erfolgreiche Mitbewerber jedoch nicht. Auch das ist eine nette nordische Art. Der Fokus der Gespräche liegt auf technischen Lösungen, man fachsimpelt und lässt sich Entwicklungen zeigen.

Das neue RHIB an der Pier

Das neue RHIB an der Pier, Foto: hsc

Das Hauptquartier von Marine Alutech liegt seit 1985 im historischen Ort Teijo, etwa eine Stunde westlich von Helsinki. Erste Schiffe wurden hier bereits 1917 gebaut, heute ist Teijo die Heimat der Marke Watercat. Neben der Konstruktion und dem Bau von Booten bietet Alutech die gesamte Palette an Schiffs- und Kundendienstleistungen einschließlich der Fahrzeugwartung während des gesamten Lebenszyklus.

Zurück zur kleinen Ausstellung in Lappvik. Hier finden die Gespräche in lockerer Atmosphäre mit einem Kaffee in der Hand statt. Ganz und gar nicht wie auf der SMM, aber vielleicht gerade deshalb ein tolles Format. Es braucht also nicht viel, um eine gelungene Präsentation auf die Beine zu stellen: eine echte Bootshalle, die nach Arbeit an Schiffen riecht, ein paar Stände mit Produkten, erläutert von denen die sie bauen und kennen, einen Kaffeestand, Livemusik und einen Foodtruck. Es muss kein perfektes Messeambiente sein. Wenn dann noch Motoren dröhnen und die Sonne scheint, ist es unvergessen. Schön in Finnland.

Holger Schlüter

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